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Kickbox-Champion kämpft für in München getöteten Bruder (18): „Kann es immer noch nicht akzeptieren“

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Von: Adriano D'Adamo

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Der Münchner Oscar Plasene hat mehrere Kickbox-Titel gewonnen. Vor einem Jahr wollte er mit dem Sport endgültig aufhören, als sein Bruder starb. Jetzt steigt er auch für ihn in den Ring.

München – Oscar Plasene ist erst 21 Jahre alt und hält bereits mehrere Titel im Kickboxen. Der Münchner ist in seiner Gewichtsklasse deutscher Meister, Europameister und Weltmeister der „World Karate and Kickboxing Union“. Jedoch hätte er vor einem Jahr die Boxhandschuhe fast an den Nagel gehängt, als sein Bruder starb.

Vom Nordirak nach München: Oscar Plasenes Aufstieg zum Weltmeister

2010 kam Oscar Plasene als Kind vom Nordirak nach München. Er und seine Familie sind Jesiden. Diese religiöse Minderheit wird im Irak verfolgt, weswegen viele Anhänger das Land verlassen haben. Als Plasene in Deutschland ankam, wollte sein Onkel nicht, dass er an die falschen Leute gerät und hat ihn deswegen zum Boxtraining geschickt. Seit mehr als zwölf Jahren ist der Sport ein wichtiger Bestandteil seines Lebens.

Oscar Plasene im Ring mit dem Bild seines Bruders auf seinem Shirt.
Oscar Plasene im Ring mit dem Bild seines Bruders auf seinem Shirt. © Alexander Gorodnyi

Sechsmal die Woche geht Plasene ins Training, hält eine strikte Ernährung ein, verzichtet auf Süßigkeiten. Wenn ein Kampf bevorsteht, nimmt der Sportler sich drei Monate frei von seiner Arbeit in der orthopädischen Praxis. Normalerweise arbeitet Plasene zweieinhalb Tage die Woche und behandelt Sportverletzungen. Sobald ein Kampf ansteht, trainiert er zwei- bis dreimal täglich. Zur Vorbereitung schaut sich sein Trainer, Mladen Steko, die Kämpfe des anstehenden Gegners ganz genau an.

Rückkehr in den Ring: Plasene wollte nach dem Tod seines Bruders aufhören

Vor exakt einem Jahr, am 14. März 2022, wurde Musafr, Plasenes kleiner Bruder, erstochen. Laut Angaben des 21-Jährigen trafen sich an dem Tag zwei Jugendgruppen am Korbinianplatz zu einer Schlägerei, wo auch Musafr sich zu dem Zeitpunkt befand. Einer der Jugendlichen stach mehrmals auf Musafr mit einem Messer ein, wobei dieser tödliche Verletzungen erlitt.

Oscar Plasene im Ring und zu sehen ist das Tattoo seines Bruders.
Oscar Plasene im Ring und zu sehen ist das Tattoo seines Bruders. © Alexander Gorodnyi

Für Oscar Plasene ein schwerer Verlust. „Mein Bruder war mein größter Fan“. Er habe ihn immer motiviert. Der Kickboxer erzählt von einem Kampf, den er verlor und der zwei Wochen vor dem Tod seines Bruders stattfand. Sein Bruder sei zu ihm gekommen und habe ihn angefeuert und motiviert.

„Wann kommt mein Bruder nachhause”: Kickboxer kämpft für sich und Musafr

„Es ist wie ein Traum. Wann kommt mein Bruder nachhause? Ich kann es immer noch nicht akzeptieren“, erzählt Plasene unserer Redaktion. Nach dem Tod von Musafr wollte er nicht mehr in den Ring steigen. Der 21-Jährige hörte für acht Monate komplett mit dem Sport auf, kam jedoch zu dem Entschluss, dass sein Bruder das nicht gewollt hätte. Im Ring trägt er seither ein Shirt mit dem Bild seines Bruders, auf Social Media teilt er seine Gedanken zu dem Verlust. Plasenes Arm ziert ein Tattoo von Musafr. Wie der 21-Jährige betont, kämpft er nicht nur für sich, sondern auch für seinen Bruder, wenn er in den Ring steigt.

Oscar Plasene im Ring während eines Meisterschaftskampfes.
Oscar Plasene im Ring während eines Meisterschaftskampfes. © Alexander Gorodnyi

„Ich bin froh, dass Oscar nicht aufgehört hat mit dem Kampfsport. Er hat ein Kämpferherz und gehört in den Ring“, beschreibt sein Trainer Mladen Steko den Kickboxer. Laut Steko habe der Sport seinem Schützling Halt im Leben gegeben.

„Ich bin immer der Bessere“: Münchner Kickboxer legt viel Wert auf Disziplin

Disziplin ist für Plasene eine der wichtigsten Charaktereigenschaften, die ein Kickboxer braucht. Er erwartet es auch von seinen Schülern. Neben seinem eigenen Training bringt der Münchner auch Jugendlichen den Sport bei. Der 21-Jährige will zeigen, dass der Sport kein Kampf oder eine Schlägerei ist, sondern Disziplin wichtig ist, um das Training durchziehen zu können.

Kurz bevor der Kampf von Oscar Plasene beginnt.
Kurz bevor der Kampf von Oscar Plasene beginnt. © Alexander Gorodnyi

Aber auch Selbstbewusstsein sei eine wichtige Eigenschaft für Boxer und Kickboxer, wie der Münchner erklärt. Vor einem Kampf hat er viele Rituale und Vorbereitungen. Er hört Musik, geht mit seinem Trainer nochmal die Taktik durch und sagt sich einen bestimmten Satz vor. „Ich bin immer der Bessere“.

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