Zitternd saß P. am Dienstag wieder im Zeugenstand – dieses Mal musste er gegen Niklas H., den Betreiber der Disco Heart, aussagen. Am Lenbachplatz sollen die Drogengeschäfte über die Bühne gegangen sein. Auch H. wird deshalb beschuldigt – er schwieg aber nun vor Gericht. Dafür sagte Dealer Hakan P. aus: Er lieferte für mehrere Kunden das Kokain.
„Ich wollte reinen Tisch machen“, begründete der Dealer seine Aussagen über das Heart und die kriminellen Polizisten. Erst dadurch konnten die Ermittlungen so erfolgreich werden. Insgesamt stehen mittlerweile 36 Münchner Polizeibeamte unter Verdacht, der erste Fall wurde inzwischen angeklagt: Einem Beamten von der Polizeiinspektion 23 in Giesing wird demnächst der Prozess gemacht.
Dazu kommt: „Momentan sind in diesem Zusammenhang zwölf Beamte des Polizeipräsidiums München suspendiert“, bestätigt Sven Müller, Pressesprecher bei der Münchner Polizei*. Zwei weitere Beamte wurden vorläufig ihres Dienstes enthoben. Gegen sechs bereits suspendierte Polizisten ist mittlerweile ein Verfahren zur Dienstenthebung eingeleitet worden. Insgesamt laufen laut Polizei 22 Disziplinarverfahren gegen Angehörige des Präsidiums.
Die strafrechtliche Aufarbeitung des Drogenskandals bei der Münchner Polizei läuft auf Hochtouren. Am Lenbachplatz nahm 2018 alles seinen Anfang, dort wurde zunächst der Club Heart durchsucht und Drogendelikte aufgedeckt. Bei einer Drogen-Razzia im Herbst 2020 durchsuchten dann mehr als 200 Ermittler von Staatsanwaltschaft, Landeskriminalamt und Zoll insgesamt 30 Wohnungen sowie sieben Polizei-Dienststellen. Rund 6,7 Millionen Chatnachrichten, darunter 6,5 Millionen Bilder und rund 130 000 Videos, wurden seither ausgewertet – die umfangreichen Ermittlungen dauern an. *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.