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Bessere Radwege für München: Grundlage für Bürgerentscheid gelegt - so sehen die nächsten Schritte aus

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Frankfurter Radentscheid
Fahrradfahrer in München ist so eine Sache. Das Bürgerbegehren Radentscheid München fordert nun mehr Platz für Radler in der Stadt. © dpa / Frank Rumpenhorst

Breite und sichere Radwege in ganz München und ein Radlring um die Altstadt: Die Initiatoren des Radentscheids München haben mit rund 160.000 Unterschriften die Grundlage für einen Bürgerentscheid gelegt.

Update vom 4. Juli 2019: Sie übergaben die Stimmen der Bürger am Donnerstag den Angaben nach an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Am 24. Juli müsse nun der Stadtrat darüber abstimmen, ob er den Forderungen des Radentscheids nachkommt. „Lehnt er ab, kommt es spätestens im Herbst zu zwei Bürgerentscheiden.“ Um die erste Hürde für die beiden Bürgerbegehren nehmen zu können, hatten die Organisatoren jeweils rund 33.000 Unterschriften sammeln müssen - in beiden Fällen wurde dieses sogenannte Quorum bei weitem übertroffen.

Radentscheid München gestartet: Was will das Bürgerbegehren erreichen?

Update vom 28. März 2019: Nach dem Bienen-Begehren hofft nun der Rad-Entscheid auf breite Zustimmung aus der Bevölkerung.

Lesen Sie dazu auch: „Haben die Nase voll“: 10.000 Menschen demonstrieren für bessere Radwege in München

Der Radentscheid - toll oder unnötig? Machen Sie mit und stimmen Sie ab!

Radl-Entscheid: Jetzt geht’s los!

Mit gleich zwei Unterschriften-Aktionen will das Bündnis aus ADFC, Bündnis 90/Die Grünen, Bund Naturschutz, Die Linke, Green City und ÖDP einen Beschluss im Stadtrat für breitere, sichere und lückenlose Radwege erreichen. Nach eigenen Angaben hat das Bündnis Radentscheid München bereits die Unterstützung von 40 Partnern und 1000 Ehrenamtlichen.

Damit man die Begehren bei der Stadt einreichen kann, müssen zunächst jeweils mindestens 33.000 stimmberechtigte Münchner unterschreiben. Das passiert nicht an festen Orten, sondern überall in der Stadt: Unterschriftensammler sind auf den Straßen unterwegs. 

OB Dieter Reiter (60, SPD) sagt: „Auch mir ist es wichtig, zügig Verbesserungen für den Radverkehr in München zu erreichen.“ Deshalb habe er die Verwaltung gebeten, Aussagen zu treffen, welche Maßnahmen des Bürgerbegehrens wie realisiert werden könnten.

Die Organisatoren des Radl-Entscheids machen mobil.
Die Organisatoren des Radl-Entscheids ­machen mobil. © Stephanie.Mercier

Radentscheid München: Was will das Bürgerbegehren erreichen?

München -  Die genaue Fragestellung des Begehrens soll am Donnerstag (28. März 2019) bekannt gegeben werden. Ab Mittag werden an verschiedenen Stellen in der ganzen Stadt Unterschriften gesammelt. 

Zum Start des Begehrens zeigen wir auf diesen Seiten, wie es um den Ausbau der Radwege in der Stadt steht, was noch passieren soll, was hinter dem Bürgerbegehren steckt und wie es mit den Unterschriften weitergeht. Außerdem haben wir uns bei Fußgängern, Rad- und Autofahrern umgehört.

Radentscheid München: Wer steckt hinter dem Bürgerbegehren

Initiatoren für das Bündnis sind der ADFC, die Grünen, der Bund ­Naturschutz, die Linke, Green City und die ÖDP. Das Logo des Bündnisses zieren ein Rad und ein Dackel. „Wenn ein Dackel in den Spiegel schaut, sieht er einen Löwen“, sagt Green-City-Mitglied Thomas Häusler. So zuversichtlich will das Projekt für die Ziele kämpfen.

Radentscheid München: Die Forderungen

Die genau Ja- oder Nein-Frage wird erst am heutigen Donnerstag vorgestellt. Grob gesagt soll der Bürgerentscheid ­sicherere, breite und komfortable Radwege ermöglichen. Ein stadtweites, lückenloses und engmaschiges Radverkehrsnetz, sichere, komfortable und stressfreie Kreuzungen und Einmündungen, bedarfsgerechte, flächendeckende und sichere Parkmöglichkeiten sowie eine flächeneffiziente und sozial gerechte Aufteilung des öffentlichen Raums.

Radentscheid München: So geht‘s weiter

Das Bürgerbegehren braucht 33.000 Unterschriften – dann kommt es zum Bürgerentscheid. Damit dieser erfolgreich ist, müssen dann mindestens zehn Prozent der wahlberechtigten Münchner mit „Ja“ stimmen.

Wo und wie die Stadt ausbauen will

München – Radlhauptstadt? Die Stadt investiert im Jahr 25 Millionen Euro in den Ausbau von Radwegen und der Radl-Infrastruktur. Der Stadtrat hatte die Radverkehrspauschale erst unlängst von zehn auf 25 Millionen angehoben – möglicherweise auch als Antwort auf das Bürgerbegehren, an dem sich weder CSU noch SPD beteiligen.

Gerade die Sozialdemokraten befinden sich in einem Zwiespalt. Kolportiert wird, dass die SPD gern beim Rad-Entscheid mitgemacht hätte, schon allein aus dem Grund, den Grünen das Thema für die Kommunalwahl nicht exklusiv zu überlassen. Auf der anderen Seite wäre eine Beteiligung der SPD aber in gewisser Weise sinnfrei. Denn gemeinsam mit den anderen Unterzeichnern des Bürgerbegehrens, Grünen, ÖDP und Linken, gäbe es im Stadtrat auch eine Mehrheit, ein Bürgerentscheid wäre mithin gar nicht nötig.

Derzeit gibt es in München ein 1200 Kilometer langes Radverkehrsnetz und aktuell 61 Fahrradstraßen. Mehr als 300 Einbahnstraßen sind für den Radverkehr geöffnet worden, 350 Kilometer des Radnetzes sind beschildert. Der Ausbau von Tempo-30-Zonen wird angestrebt. 4000 Schilder stehen an circa 750 Kreuzungen. In der Stadt gibt es allein 28 000 Abstellplätze für Drahtesel. Seit 2013 ist zudem die Pflicht eingeführt worden, bei Neubauten Abstellplätze für die Zweiräder einzurichten. Auf der Schellingstraße gibt es seit Kurzem die grüne Welle: Ampeln sind so getaktet, dass Radfahrer ohne Halt durchfahren können. Und an einigen Kreuzungen gibt es mittlerweile einen grünen Pfeil, der Radlern das Rechtsabbiegen ermöglicht – trotz roter Ampel!

Die Stadt will den Radverkehr weiter ausbauen, bis 2020 sollen 20 Prozent der Verkehrsbewegungen mit dem Drahtesel bewältigt werden. Derzeit liegt der sogenannte Modal Split bei 18 Prozent.

Bayerns Radfahrer leben gefährlich - Alle 32 Minuten ein Unfall

Für die Münchner Radl-Autobahnen müssen 900 Parklätze weg

Geplant sind daher mehrere Radl-Autobahnen, die erste soll als Pilotversuch die Innenstadt mit Garching verbinden. Dazu müssen knapp 900 Parkplätze auf Leopold- und Ludwigstraße weg. Ferner sollen Lücken zwischen bestehenden Radwegen geschlossen werden. Außerdem sind alle in München vorhandenen Einbahnstraßen zu prüfen, ob diese in Gegenrichtung von den Radlern befahren werden können. Das Ziel: Bis 2025 soll es in München mindestens 100 Fahrradstraßen geben.

Radentscheid in München - so diskutieren die Münchner darüber

Hupen, bremsen, schimpfen, drängeln: In der Stadt kommt es zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern oft zu Konflikten. Woran hakt es? Was müsste verbessert werden? Und was läuft schon ganz gut? Die tz hat sich bei Fahrradfahrern, Autofahrern und Fußgängern in München umgehört:

Radfahren in München: Das sagen Fahrradfahrer

Konfuse Schilder - Ich finde das Radl-System hier verglichen mit anderen deutschen Städten sehr gut. Düsseldorf etwa ist da viel schlechter aufgestellt. Nur die Beschilderung in der Innenstadt ist teilweise ein bisschen konfus. Da muss man sich erstmal zurechtfinden. Dorota Rautiaienen (35), Beraterin.

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Konfuse Schilder. © Achim Frank Schmidt

Radwege oft überfüllt - Es gibt zwar viele Radwege, aber die sind gerade im Sommer teils krass überfüllt. Die Strecke entlang der Isar, die ich bei schönem Wetter fast täglich fahre, fühlt sich dann fast nach Autobahn an. Ich fände es gut, wenn dort die Radwege breiter wären. Nina Zinnhobler (39), Designerin.

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Radwege oft überfüllt. © Achim Frank Schmidt

Mehr Radwege in München: Das sagen Autofahrer

Engstelle für Autos: sinnlos - Angenommen, die MVG würde den Nulltarif einführen – das würde alles viel einfacher machen. So wird mal hier, mal dort was verändert, aber selten verbessert. Die Verengung der Gabelsbergerstraße für Autos zu Gunsten der Radler etwa ist sinnlos. Korbinian Schussmann (62), Taxifahrer.

Radentscheid München
Engstelle für Autos: sinnlos. © Achim Frank Schmidt

Fahrradwege klar abgrenzen! Ich finde es nervig, dass Radler in engen Einbahnstraßen in die entgegen­gesetzte Richtung fahren dürfen. Das ist gefährlich. Generell sollten Fahrradwege klarer von den Autofahrspuren abgegrenzt werden. Das würde es sicherer für alle machen. Und jeder sollte sich an die Regeln halten. Peter Heid-Batka (62), Unternehmer.

Radentscheid München
Fahrradwege klar abgrenzen! © Achim Frank Schmidt

Radfahren in München: Das sagen Fußgänger

Es bräuchte ein gutes Konzept - Ich bin noch nie mit dem Rad in der Stadt gefahren. Das ist mir zu gefährlich. Eine autofreie Innenstadt fände ich aber gut. Natürlich bräuchte es ein gut durchdachtes Konzept. Aber mit Regeln wie nur nächtlichem Lieferverkehr und größeren Tiefgaragen wäre es für Fußgänger schon viel schöner. Johannes Hirschel (72), Pensionär.

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Es bräuchte ein gutes Konzept. © Achim Frank Schmidt

Keine Radwege ab der Wiesn - Ich fahre gerne mit dem Rad, aber in der Stadt laufe ich. Denn der Weg ab der Theresienwiese ist nur noch Horror. Da gibt es keine Rad­wege mehr und viel zu viele Autos. Da könnte die Stadt einiges tun. Würde es dort mehr Radwege geben, würde ich dort wahrscheinlich auch mit dem Fahrrad fahren. Aber so ist mir das zu gefährlich. Kilian Ruml (20), Notariatsfachangestellter.

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Keine Radwege ab der Wiesn. © Achim Frank Schmidt

„Man muss die Stadt zwingen“ Warum Initiator Andreas Groh den Radentscheid für bitter nötig hält

Ist ein Radentscheid in unserer Stadt wirklich ­nötig? Die tz hat mit einem der Intiatoren gesprochen, dem Münchner Vorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (­ADFC), Andreas Groh.

Herr Groh, heute lüften Sie das Geheimnis um die genaue Fragestellung des Bürgerbegehrens…

Andreas Groh: Das war bislang gut gehütet. Nur wenige Eingeweihte kennen den Wortlaut. Wir haben 25 Sitzungen gebraucht bis zur Festlegung. Das Problem war: Die Frage darf nicht zu pauschal sein, aber auch nicht zu konkret.

Die Stadt hat das Budget für den Radverkehr auf 25 Millionen Euro angehoben. Warum braucht München noch ein Radl-Bürgerbegehren?

Groh: Weil trotz aller Initiativen unsererseits und der guten Reden seitens der Stadtregierung zu wenig konsequent umgesetzt wird – und bislang viel zu wenig investiert wurde. Sobald es darum geht, Fahrspuren oder Parkplätze zugunsten der Radfahrer anzutasten, kneift die Stadt – das zeigt eine aktuelle Vorlage im Stadtrat. Also müssen wir die Stadt auf diesem Weg zwingen und das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen.

Was wollen Sie erreichen?

Groh: Wir brauchen – vereinfacht gesagt – mehr Platz fürs Rad, um ein durchgängiges, besseres und sicheres Netz zu bekommen.

Wo hakt es besonders?

Groh: Zum Beispiel am Lenbachplatz und an der Sonnenstraße, wo die Radwege oft unterbrochen sind. An der Lindwurmstraße sind die Radwege viel zu eng. Auch der Isar-Radweg und die Nymphenburger Straße sind dringend verbesserungsbedürftig.

Autofahrer entgegnen, Radler seien in der Minderheit…

Groh: Wir hören oft, dass der Radverkehr nur drei Prozent der Personenkilometer ausmachen würde. Wir halten dagegen, dass nachgewiesen 19 Prozent aller Fahrten in München Radfahrten sind, das ist knapp ein Fünftel.

Ihre Gegner führen auch an, dass der Verkehr in der Innenstadt kollabieren würde, wenn Fahrspuren wegfallen…

Groh: Würden weiterhin gleich viele Münchner Auto fahren, stimmt das Argument. Aber das ist eine falsche Annahme. Wir helfen sogar, den

Radentscheid München: Initiator Andreas Groh hält den Radentscheid für bitter nötig.
Radentscheid München: Initiator Andreas Groh hält den Radentscheid für bitter nötig. © privat

Dauerstau in München zu verringern. Denn wenn das Radnetz gut ausgebaut ist, steigen viele auf das Rad um. Das zeigen Erfahrungen aus Kopenhagen und anderen Fahrradstädten. Klar: Das Fahrrad kann nicht alles lösen. Aber wenn das Radfahren attraktiver und sicherer wird, kann ein Teil der Münchner auf das eigene Auto verzichten, öfter Rad fahren und mit Carsharing und öffentlichem Nahverkehr kombinieren. Und am Ende haben wir in München weniger Staus.

Wie schätzen Sie die Chancen für Ihr Bürgerbegehren ein?

Groh: Wir sind zuversichtlich, die nötigen 33.000 Stimmen bis zu den Sommerferien zusammenzubekommen. Die Münchner sind politisch derzeit ziemlich aktiv – das sieht man an den Teilnehmerzahlen bei Demonstrationen.

Eine Studie zeigt: Viele Münchner fahren mit dem Rad - aber nur wenige damit zum Einkaufen. Viele Fahrradfahrer sind mit der Situation unzufrieden: Radeln in München ist wirklich nur okay, wenn es regnet

S. Karowski, N. Bautz, A. Schmidt

Für Aufsehen sorgen derzeit in Gauting mehrere Vorfälle: Dort manipulieren Unbekannte am Gautinger Schulcampus abgestellte Fahrräder – an den Bremsen oder lösen die Befestigungen der Reifen, berichtet Merkur.de*.

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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