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2. Röhre: Der Streit geht weiter

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Auf dieser Google Earth-Ansicht von Haidhausen hat die Bürgerinitiative gegen den S-Bahntunnel die „voraussichtliche Linienführung“ der derzeitigen Planung eingezeichnet. Die blaue, mit 1 markierte Strecke zeigt die erste Baustufe mit dem Ast zum Leuchtenbergring. Für den Endausbau (der in der Studie nicht berücksichtigt ist) sei eine Kombination mit dem Giesinger Ast 2 (Variante Orleansplatz) oder 3 (Variante Einsteinstraße) vorgesehen
Auf dieser Google Earth-Ansicht von Haidhausen hat die Bürgerinitiative gegen den S-Bahntunnel die „voraussichtliche Linienführung“ der derzeitigen Planung eingezeichnet. Die blaue, mit 1 markierte Strecke zeigt die erste Baustufe mit dem Ast zum Leuchtenbergring. Für den Endausbau (der in der Studie nicht berücksichtigt ist) sei eine Kombination mit dem Giesinger Ast 2 (Variante Orleansplatz) oder 3 (Variante Einsteinstraße) vorgesehen © Google Earth/dpa/ap/Archiv

München - Zweite S-Bahnröhre – Fluch oder Segen? Es scheint, als habe die als Befreiungsschlag gedachte Studie das Gegenteil bewirkt und noch mehr Tunnelgegner auf den Plan gerufen.

Zweite S-Bahnröhre – Fluch oder Segen? Die Antwort auf diese Frage fällt nach dem Ergebnis des Vergleichs Tunnel gegen Südring – je nach Lager – genauso aus wie vorher. Es scheint sogar, als habe die als Befreiungsschlag gedachte Studie das Gegenteil bewirkt und noch mehr Tunnelgegner auf den Plan gerufen. Diese fühlen sich ausgetrickst.

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Pro Tunnel: Applaus für den vermeintlichen Durchbruch des Tunnelvariante kam nach der Bekanntgabe durch die Röhren-Freunde – Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und OB Christian Ude (SPD) – umgehend vom Regionalen Planungsverband (RPV). S-Bahnkunden aus dem Umland würden von der 2. Stammstrecke profitieren, das unterstreicht RPV-Geschäftsführer Christian Breu. 400 000 Menschen fahren täglich von draußen in die City, betonte Breu. Ihre favorisierten Ziele: Marienplatz, Karlsplatz, Hauptbahnhof. Zwei Drittel davon stiegen nicht in die U-Bahn um. Fazit: „Fahrgäste in der Größenordnung der Einwohner einer mittleren Großstadt profitieren von der direkten Führung des zweiten S-Bahn-Tunnels.“ Breu sieht „vielfältige innovative Möglichkeiten“, das Umland in den nächsten 40 bis 50 Jahren „noch attraktiver mit München zu verbinden“.

Auch der der Münchner Verkehrsverbund (MVV) reagiert erwartungsgemäß erfreut den Sieg der Bypass-Röhre. Sie sei „mit Abstand das bedeutendste Infrastrukturprojekt für München und die gesamte Region und darf nicht länger verzögert oder gar zerredet werden“, so Geschäftsführer Alexander Freitag. Der gleichen Ansicht ist die Rathaus-SPD.

Contra Tunnel: Die Bürgerinitiative (BI) S-Bahntunnel Haidhausen hegt „Zweifel gegenüber den angegebenen Investitionskosten für den Südring“ und bleibt bei ihren „grundsätzlichen Bedenken“. Innovativ findet Vereinsvorsitzende Ingeborg Michelfeit das Projekt schon zweimal nicht: Sie lässt keinen Zweifel daran, dass die Haidhauser BI „alle rechtlichen Mittel ausschöpfen werden um zu verhindern, dass die verkehrspolitische Zukunft Münchens verbaut wird“. Der Widerstand jenseits der Isar war im Herbst 2005 an der Kirchenstraße entflammt, wo ursprünglich eine teilweise offene Bauweise geplant war. Inzwischen gilt diese Variante nicht mehr und auch die erste Ersatzversion nicht. Der aktuelle Vorschlag heißt Haidhausen 3. Auch diese Pläne können die Ängste der Bürger nicht zerstreuen. Sie fürchten um die Sicherheit der alten Bausubstanz bei den Röhrengrabungen in 40 Meter Tiefe und danach, wenn die S-Bahnen durchrattern und den Boden erschüttern. Michelfeit: „Als Resultat dieser Fehlinvestition hätte München am Ende zwei parallele Tunnel, deren Kapazität je nur zu 50 Prozent ausgelastet wäre, ohne die eigentlichen Probleme gelöst zu haben.“

Bestenfalls skeptisch nehmen die Rathaus-Grünen das Ergebnis der Studie zur Kenntnis; Stadträtin Sabine Nallinger: „Der Verdacht, dass der Südring mit Tricks künstlich teuer gerechnet wurde, steht im Raum.“ Der Bund Naturschutz verlangt nach wie vor „eine realistische und faire Bewertung des Südrings.“ Auch die CSU, die ihre Zweifel an der 2. Röhre und die Neigung zum Südring erst spät entdeckt hat, will jetzt nicht gleich wieder umdenken. Es muss ja auch kein CSU-Minister kritisiert werden, man kann auf FDP-Mann Zeil und den „roten“ OB Ude losgehen. Nach dem Münchner CSU-Vorsitzenden und MdL Otmar Bernhard und MdL Markus Blume meldet sich nun der Europaabgeordnete Bernd Posselt zu Wort. Er nennt das Gutachten „fragwürdig“ und moniert die „teure und kleinkarierte Münchner Verkehrsplanung“. Posselt fordert den Nordtunnel (Richtung Flughafen) und dann den Ausbau des Südrings mit Fernbahn. Bühne frei für die nächste Runde im Streit um die Stammstrecken-Entlastung!

Barbara Wimmer

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