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Skandal im Deutschen Museum: Mitarbeiter versteigerte geklaute Gemälde und kaufte sich einen Rolls-Royce

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Im Deutschen Museum kam es zu einem Kunst-Klau
Im Deutschen Museum kam es zu einem Kunst-Klau © Archiv

Im Deutschen Museum in München hat ein Mitarbeiter Kunst geklaut: Der 30-Jährige ersetzte mehrere Gemälde im Depot und versteigerte die Originale. Für das so abgezockte Geld kaufte er sich unter anderem einen Rolls-Royce - und wurde jetzt verurteilt.

München – Es ist eines der größten Wissenschafts- und Technikmuseen der ganzen Welt: Das Deutsche Museum in München zieht jährlich mehr als eine Million Besucher an. Doch ausgerechnet aus den eigenen Reihen kommt ein Krimineller…

Wie das Münchner Amtsgericht bekannt gab, hat ein Mitarbeiter des Museums mehrere Gemälde aus einem Depot durch eine Fälschung ersetzt und die Originale versteigern lassen. Dafür wurde er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Strafprozess hatte bereits am 11. September stattgefunden.

Darin legte der 30-jährige Angeklagte ein Geständnis ab. Er war von Mai 2016 bis April 2018 als technischer Mitarbeiter in der Sammlungsverwaltung des Deutschen Museums beschäftigt und hatte dort Zugriff auf das Lager, in dem Gemälde verwahrt wurden.

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Prozess in München: Mitarbeiter des Deutschen Museums klaute seltene Gemälde

Laut Gericht nutzte er diesen Zugang, um unter anderem das Gemälde „Es war einmal“ von Franz von Stuck gegen eine Fälschung auszutauschen. Das Original bot der Mitarbeiter zur Versteigerung in einem Münchner Auktionshaus an. Nach Recherchen der tz handelt es sich dabei um das Auktionshaus Ketterer Kunst. Das Werk des berühmten Künstlers, das dieser 1891 angefertigt hatte, wurde für 70.000 Euro an eine Schweizer Galerie versteigert. Fette Beute für den Angeklagten: Wie Ketterer bestätigt, erhielt er hierfür nach Abzug der Versteigerungskosten 49.127,40 Euro.

Außerdem klaute der 30-Jährige laut Gericht die Gemälde „Die Weinprüfung“ von Eduard von Grützner (tatsächlicher Titel wohl anders als im Gerichtsurteil „Bei der Weinprobe“) und „Zwei Mädchen beim Holzsammeln im Gebirge“ von Franz von Defregger. Dreist: Eines der Gemälde ließ er ebenfalls versteigern, das andere verkaufte er direkt an ein Münchner Auktionshaus, was ihm weitere 12.000 Euro einbrachte. „Das Geld verwendete der Angeklagte, um Schulden zu tilgen und sich einen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren“, teilt das Gericht mit. „Er leistete sich unter anderem eine neue Wohnung, teure Armbanduhren und kaufte sich einen Rolls-Royce.“ Was angesichts der Gesamtmenge von 60.617,90 Euro verwundert...

Deutsches Museum: Betrüger kaufte sich durch das Geld der Versteigerungen einen Rolls-Royce

Im Prozess vor dem Amtsgericht hatte der Musemsmitarbeiter zwar „ehrliche Reue und Einsicht“ gezeigt. „Er gab an, ohne Nachdenken gehandelt zu haben. Er könne sich sein Verhalten heute nicht mehr erklären“, sagt Gerichtssprecher Martin Swoboda. Neben der Freiheitsstrafe hat das Gericht auch noch die Einziehung des gesamten Geldes angeordnet, das der Mann mit seinen illegalen Machenschaften verdient hatte. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Offen bleibt die Frage, wie so ein Kunst-Klau eigentlich möglich ist. Und warum bei den Auktionshäusern niemand Verdacht geschöpft hat. „Wir sind schon seit einiger Zeit mit dem LKA in Kontakt“, sagt eine Sprecherin von Ketterer Kunst auf tz-Anfrage. Und betont: „Jedes Werk, das uns zur Versteigerung angeboten wird, wird von unseren Experten umfassend geprüft. Auch das betreffende Gemälde ‚Es war einmal‘.“ Gerade die Provenienzforschung werde bei Ketterer großgeschrieben. Das heißt, die jeweiligen Besitzerwechsel werden nachverfolgt – was angesichts vieler Fälle von Raubkunst zur Zeit des Nationalsozialismus besonders wichtig ist. „Hier hatten wir es einfach mit einem sehr gewieften Betrüger zu tun.“

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