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Schwarzer Dackel und L‘Adresse 37: Lokale im Westend müssen schließen - „Denen ist der Mensch egal“

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Von: Andrea Stinglwagner

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Noch kocht Loic Cantegrel in seinem schönen Münchner Restaurant
Loic Cantegrel, Inhaber des Restaurants L‘Adresse37 im Westend © Oliver Bodmer

Das Münchner Westend - Multi-Kulti-Viertel in der Innenstadt. Doch wieder muss hier ein beliebtes Restaurant seine Pforten schließen: das „L‘Adresse37“ in der Tulbeckstraße. Auch die Kultkneipe Schwarzer Dackel in der Schwanthalerstraße hat nicht mehr lange geöffnet.

München – Savoir Vivre im Westend! Das Restaurant L‘Adresse 37 in der Tulbeckstraße ist ein Stück Paris mitten in München. Doch nicht mehr lange. Wie der Inhaber, Franzose Loïk Cantegrel (47), traurig erzählt, hat der neue Vermieter dem Restaurant gekündigt. Die Gäste aus ganz München und Umgebung sind entsetzt – allen voran Kabarettistin Luise Kinseher: Sie muss Au revoir sagen zu ihrem Lieblingsfranzosen. Ihr trauriger Kommentar: „Das tut mir total leid!“

München: Restaurant und Bar müssen dicht machen - „Denen ist der Mensch egal“

Seit 16 Jahren beglückt Cantegrel die Münchner mit feiner französischer Küche, zuerst in Haidhausen, seit sechs Jahren im Westend. Das Edel-Bistro mit offener Küche und einer wunderschönen Hinterhof-Terrasse haben der Pariser und seine Frau Nicole (37) mit viel Herzblut ausgebaut.

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Doch dann wechselte das Haus den Besitzer, der neue, eine Immobilienfirma, hätte L‘Adresse nur als Mieter behalten, wenn sie einen neuen Vertrag unterschreiben, sagt Nicole Cantegrel: „Das wäre eine Kostenexplosion für uns gewesen, außerdem hätten wir eine Flächenverknappung und eine Baustelle akzeptieren müssen. Das wäre für uns unwirtschaftlich gewesen, und zwar so richtig.“ Leider sei der neue Vermieter nicht bereit gewesen, ihnen bei Verhandlungen entgegen zu kommen. Bis 30. Juni muss L‘Adresse 37 die Tulbeckstraße 9 daher räumen.

Kabarettistin Luise Kinseher schätzt das L‘Adresse37 sehr
Kabarettistin Luise Kinseher ist sauer über den „Ausverkauf unserer Stadt“ © Martina Bogdahn

Luise Kinseher ist empört: „Es ist einfach ein Elend in unserer Stadt!“ Immobilien seien in München mittlerweile kein Lebensraum mehr für Menschen, sondern Investitionsobjekte für Immobilienfirmen. Mit guter, mittelständischer Arbeit könne man sich keine Immobilie mehr erarbeiten, und den Firmen gehe es nur ums Geldverdienen. „Denen ist der Mensch egal.“ Für die Kabarettistin ist das der „Ausverkauf unserer Stadt. Es ist wahnsinnig traurig“.

Lokale im Westend müssen dicht machen - Schwarzer Dackel schließt im Mai

Auch Sibylle Stöhr, Grünen-Stadträtin und Vorsitzende des Bezirks­ausschusses Schwanthalerhöhe, bedauert, dass wieder ein Restaurant im Westend schließen muss. „Das Problem, dass Gastronomie verdrängt wird, weil Investoren nicht genug kriegen können, haben wir leider auch hier.“ Wenn nun sogar ein eher höherpreisiges Restaurant schließen müsse, weil es die Miete nicht mehr zahlen könne, sei das bedenklich. Von einem Restaurant-Sterben in ihrem Viertel will die Politikerin aber nicht sprechen. „Die Gollierstraße zum Beispiel hat sich zu einer Fressmeile entwickelt.“

Die Cantegrels suchen nun dringend eine Immobilie, wo sie ihr Restaurant wieder aufbauen können, mit einem „menschlichen Vermieter“. Denn französische Küche, das bedeute Freude, Leben, Genuss, betont Loïk Cantegrel. Ihre Oase verlassen zu müssen, sei tragisch. „Unser Herz blutet.“

München: Schwarzer Dackel muss auch schließen

Noch ein Verlust für das Westend: der Schwarze Dackel, eine beliebte Kultkneipe in der Schwanthalerstraße 158, muss bis Ende Mai schließen.

Das Zeichen des Dackels leuchtet über der Tür der Kneipe Schwarzer Dackel
Das Zeichen eines Dackels leuchtet über der Tür der Kultkneipe © Markus Götzfried

„Aus‘dackelt is!“ meldet die Bar auf Instagram. „Nach fast fünf wunderschönen Jahren im Westend voller Musik, Tanz und Cocktails haben wir die Gewissheit, dass wir unseren Platz an der Sonnenseite der Schwanthalerstraße leider bis Ende Mai räumen müssen.“

Im Jahr 2018 war der Schwarze Dackel in die ehemalige Westend-Boazn Ausstellungspark eingezogen. Den Chefs David B. Walker und David Metz ging es um eine schöne Trinkkultur. Sie wollten keine durchgestylte Hipster-Bar, sondern einen entspannten Laden, in den die Leute gerne kommen und Spaß haben. Die Bar wurde mit Autolack angesprüht, auf dem Boden noch die alten braunen 60er-Jahre-Fliesen. In einem Raum gab es ein Shuffleboard. Das Erkennungszeichen der Bar: der typisch münchnerische Dackel.

Schwarzer Dackel in München macht dicht - Aufruf der Betreiber

Die Kneipe wurde schnell zum beliebten Treffpunkt für gute Cocktails, das eine oder andere Bier und Snacks. Die Bar mit dem leuchtenden kleinen Dackel über der Eingangstür ist immer gut besucht.

„Am liebsten würden wir natürlich weiterhin an gewohnter Stelle für euch da sein“, schreiben die Inhaber. Nun aber müssen sie aus den Räumen raus, dem Vernehmen nach wird das Haus komplett renoviert und die Kneipe muss deshalb schließen. Daher ist das Dackel-Team auf der Suche nach einer neuen Location. Ihr Appell: „Wenn ihr eine leerstehende Gastronomie oder vielversprechende Immobilie kennt, in der ein dackelförmiges Loch zu sehen ist, lasst es uns wissen!“ Bis dahin wollen sie nur „eine kleine Träne vergießen und zusammen unsere letzten drei Monate unvergesslich gestalten.“

„Einmal Dackel, immer Dackel,“ heißt es am Ende mit Galgenhumor: „Wuff, wuff, wuff“.

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