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Semmeltaste, Tinder & Co.: Wie die CSU dem Handwerk in München helfen will - „Brauchen Betriebe als Nachbarn“

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Von: Sascha Karowski

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Sophia Fronius, Geschäftsführerin der Fronius Haustechnik aus Ismaning.
Sophia Fronius, Geschäftsführerin der Fronius Haustechnik aus Ismaning. © Bodmer

Vertreter des Handwerkswerks in München und Umland beklagen die schlechte Situation für ihre Branche in der Stadt. Dabei geht es um Parkmöglichkeiten, Gewerbeflächen oder Ausbildung. Die CSU will mit einem Antragspaket gegensteuern.

München - Machen Probleme wird wohl auch die Politik nicht lösen können. Weil Angestellte beim Ausliefern der Waren zum Teil auf Fuß- oder Radwegen halten müssten, würden Fahrer oftmals beschimpft, sagt Bäckermeister Heinrich Traublinger. „Es vergeht keine Woche ohne Beschwerden aus einer Filiale.“ Und davon hat das Münchner Unternehmen 21. Traublinger würde sich mehr Verständnis der Münchner für gewisse Notwendigkeiten wünschen. Mehr Leben und leben lassen. „Aber das werden wir heute nicht beschließen können“, sagt Traublinger. Beschließen können auch CSU und Freie Wähler alleine nichts, aber zumindest Hilfen für das Handwerk beantragen. Die Fraktion hat dazu am Donnerstag ein großes Antragspaket vorgestellt.

Großes Antragspaket als Hilfe für das Handwerk in München - „Wir haben viele Gespräche geführt“

„Wir haben uns intensiv mit der Situation des Handwerks beschäftigt und viele Gespräche geführt“, sagt Fraktionschef Manuel Pretzl. Denn das Handwerk gehöre in die Stadt, es könne nicht sein, dass Betriebe raus ziehen müssten, weil etwa Gewerbeflächen fehlten. Oder andere wiederum ihre Dienste wegen fehlender Stellplätze nicht mehr in München anböten.

Bäckermeister Heinrich Traublinger und CSU-Chef Manuel Pretzl.
Bäckermeister Heinrich Traublinger und CSU-Chef Manuel Pretzl. © Bodmer

Daher wollen die Stadträte auch in Parklizenzgebieten Parkplätze für Handwerker gut verteilt ausweisen. Zudem soll die Erhöhung der Preise für den Handwerker-Parkausweis von 120 auf 360 Euro zurückgenommen, der städtische Energiekostenfonds auf 40 Millionen Euro erhöht werden. Zudem sollen Handwerksbetriebe grundsätzlich vom geplanten Dieselfahrverbot ausgenommen werden. Die Handy-Parken-App der Stadt soll überdies aufgerüstet werden, um Handwerksbetriebe und Lieferanten die Suche nach freien Plätzen zu erleichtern.

Großes Antragspaket als Hilfe für das Handwerk in München - Erreichbarkeit der Kunden sei nicht gegeben

Die Erreichbarkeit der Kunden sei längst nicht mehr gegeben, sagt Sophia Fronius, Geschäftsführerin der Fronius Haustechnik aus Ismaning. Als Klempnerin sei sie zwingend auf ihre Werkzeuge angewiesen, ganz zu schweigen von den Materialien. Und zu manchen Baustellen müssten auch daher schon mal zwei Fahrzeuge ausrücken. Sie habe schon Neukunden ablehnen müssen, weil diese keine Parkmöglichkeit gestellt hätten. Einen Parkausweis hat sie nicht, zu teuer. „Für die paar Mal gehe ich das Risiko ein.“

Apropos Risiko: Wer keinen Parkschein zieht, weil er nur mal eben schnell zum Bäcker will, soll künftig ungeschoren davon kommen, fordern CSU und Freie Wähler. Dazu sollen an allen Parkautomaten eine sogenannte Semmeltaste installiert werden. Sie ermöglicht kostenfreies Parken für 15 Minuten. Das Modell gibt es beispielsweise bereits in Köln, allerdings als Brötchentaste.

Großes Antragspaket als Hilfe für das Handwerk in München - CSU will mehr Gewerbeflächen ausweisen

Damit das Handwerk auch künftig in München goldenen Boden hat, wüschen sich die Stadträte bei A-Gewerbeflächen auch klein parzellierte Flächen, die von Handwerksbetrieben kleiner und mittlerer Größe genutzt werden können. Darüber hinaus müsse die Stadt die Neuausweisung von 35 Hektar Gewerbeflächen endlich umsetzen, die bereits 2017/18 beschlossen wurde. Seitdem seien lediglich drei Hektar neue Flächen auf dem Junkersgelände geschaffen worden.

Dass es in München zu wenig Flächen für Gewerbe gibt, hat auch Olaf Zimmermann, Chef von Heizung Obermeier, festgestellt. Sein Betrieb im Lehel musste weichen, weil Anwohner geklagt hatten. Zu laut. Er fand schließlich eine neue Heimat im Werksviertel, die Suche sei aber schwierig gewesen. Die neuen Räume seien kleiner, die Kosten höher. Aber wenigstens gut angebunden. „Wir haben sechs Lehrlinge, die schauen bei den Betrieben auch schon darauf, wie gut die erreichbar sind.“

Großes Antragspaket als Hilfe für das Handwerk in München: Azubis sollen sich mit Betrieben vernetzen

Um Handwerker und Azubis besser zu und zeitgemäß vernetzen, soll die Stadt auf Wunsch von CSU und Freien Wählern ein n Online-Portal samt App schaffen. Denkbar sei die Struktur einer Dating-App (Tinder), bei der die Bewerber anhand von Basis-Infos und Bildern ein Unternehmen „matchen“ können und dann ein Dialog möglich wird. Zudem soll bei allen Bauvorhaben der Stadt günstiger Wohnraum für Azubis und Lehrlinge mit geplant werden. Ferner sollen Handwerksbetriebe und Innungen in den Münchner Schulen für ihre Ausbildungsberufe werben können. Pretzl stellt sich dazu eine Kampagne vor mit Vorträgen oder Projektwochen. „Mit jedem Handwerksbetrieb, der die Stadt verlässt, verliert München ein Stück Lebensqualität“, sagt Pretzl. Wer daheim einen Wasserschaden oder Stromausfall hat, möchte sicher nicht warten, bis ein Handwerker aus dem Umland angereist ist. „Weite Fahrtwege belasten die Umwelt und den Geldbeutel der Kunden. Wir brauchen Handwerker als Nachbarn in unseren Stadtvierteln.“

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