Urban Priol: "Jetzt gehen die Proteste erst richtig los"

München - Die tz sprach kurz vor seinem Auftritt bei der Münchner Anti-Atom-Demonstration auf dem Odeonsplatz mit dem Kabarettisten Urban Priol.
Lesen Sie auch:
Kurz vor seinem Auftritt bei der Münchner Anti-Atom-Demo sitzt der Kabarettist Urban Priol (Neues aus der Anstalt) an einem Biergartentisch hinter der Bühne und kritzelt in seinen Ringblock. Er legt letzte Hand an sein Kurzprogramm, die Haare liegen noch flach. Ein Schauer prasselt auf das Zeltdach nieder.
Grüß Gott, Herr Priol. Ausgerechnet jetzt fängt es zu schütten an. Ist das ein Zeichen?
Urban Priol: Haben wir uns auch grad überlegt. Wer spielt da gegen uns?
Wie werden Sie es bei diesem Anlass anlegen? Mal ganz im Ernst, oder wie immer?
Priol: Ernst kann ich ja gar nicht. Das habe ich viele Jahre versucht und bin gescheitert. Dafür ist aber das Thema bitter-ernst.
Sind Sie ein erfahrener Anti-Atomkraft-Aktivist?
Priol: Das kann man wohl sagen. Damit hab’ ich schon angefangen, als ich noch zur Schule ging, in der zwölften Klasse war das. Damals, nach dem Unfall in Harrisburg in den USA, bin ich in die Anti–AKW-Bewegung eingestiegen.
Tausende demonstrieren gegen Atomkraft
Haben Sie auch in Wackersdorf demonstriert?
Priol: Na klar. Nachdem das mit der Wiederaufarbeitungsanlage vom Tisch war, ist vorübergehend Ruhe eingetreten. Dann war Tschernobyl – und jetzt geht’s richtig los.
Hat die Politik den Ernst der Lage wirklich begriffen?
Priol: Schwarz-Gelb hat den Überblick verloren, die anderen haben nie einen gehabt.
Glauben Sie, dass Massendemonstrationen wie diese ein Umdenken bewirken?
Priol: Die Regelmäßigkeit wird Eindruck machen. Abgesehen von den Großveranstaltungen sind ja jeden Montag Mahnwachen und Kundgebungen. Ich spüre eine Wechselstimmung und eine Abschaltstimmung. So erklären sich auch diese hektischen Bewegungen. Sie haben gedacht, man kann die Leute beruhigen, für drei Monate, bis alles vorbei ist, aber das reicht nicht. Jetzt fordern wir die Nachhaltigkeit, die uns immer versprochen wird.
Glauben Sie, dass die Bürger den Protest auf längere Zeit durchhalten?
Priol: Schauen Sie: Bei uns in Aschaffenburg ging es eher moderat los, mit 250 Leuten, beim nächsten Mal waren schon 500 anwesend – da entwickelt sich was! Die Menschen sind jetzt wirklich aufgewühlt und besorgt.
Gehen Sie regelmäßig zu den Montags-Mahnwachen?
Priol: Wenn’s meine Zeit erlaubt, bin ich dabei. Ich kann ja nicht immer nur von der Bühne runter verkünden: Geht raus und macht was! Da muss man schon selber auch mitmarschieren.
Interview: Barbara Wimmer