Verbrechen in München: Die Fälle hinter den Zahlen

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat immer mehr zu tun. Die Fallzahlen in verschiedenen Bereichen sind gestiegen. Die Entwicklungen:
München - München wächst und damit auch die Arbeit für die Staatsanwälte! Tatsache ist: Bei der Staatsanwaltschaft München I ist die Anzahl der Verfahren im Jahr 2016 um gut sieben Prozent gestiegen – verglichen mit dem Vorjahr. „Wir haben über 200.000 Ermittlungsverfahren geführt“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst.
134.125 davon gegen namentlich bekannte Beschuldigte, 68.060 gegen unbekannte Täter. Die Staatsanwaltschaft München I ist für etwa 1,9 Millionen Bürger in Stadt und Landkreis sowie sämtliche Touristen in der Stadt zuständig. Die Entwicklungen:
Enkeltrickbetrug 2.0: Falsche Polizeibeamte
Nachdem der Enkeltrickbetrug in München nahezu ausgerottet ist, sind Kriminelle jetzt vor allem als falsche Polizeibeamte unterwegs. Vor über einem Jahr hatte das deutsch-polnische Joint Investigation Teams (JIT) einem Netz von Enkeltrickbetrügern das Handwerk gelegt. Aber, so Kornprobst: „Wir verzeichnen einen erheblichen Anstieg an falschen Polizisten – das ist der Enkeltrickbetrug 2.0.“ Die Täter rufen gezielt bei älteren Menschen an. „Senioren haben meist Achtung vor der Polizei und sind beispielsweise aufgrund von Demenz besonders verletzliche Opfer“, sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Allein bei der Staatsanwaltschaft München I sind in diesem Jahr schon 650 Anzeigen in dieser Richtung eingegangen. Bis Ende des Jahres rechnet Leiding mit 2000 Fällen. Bisher bekannte Fälle der falschen Kriminaler werden über Callcenter in der Türkei abgewickelt. Der Rechtshilfeverkehr mit der Türkei wird allerdings wegen der politischen Entwicklungen immer schwieriger.
Ein großes Thema für die Münchner Staatsanwaltschaft ist auch der ärztliche Abrechnungsbetrug. Im vergangenen Jahr wurden 530 neue Verfahren eingeleitet, im Vorjahr waren es knapp 400. Unter Verdacht stehen Ärzte, Labore, Pflegedienste und Apotheken, die sogar mit Patienten gemeinsame Sache machen, sagte Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl.
Besonders dreist sei laut Bäumler-Hösl der Pflegebetrug. Pflegekräfte ohne ausreichende Qualifikation betreuten zuweilen Schwerstkranke und Koma-Patienten. Trotzdem würden Leistungen in hohen fünfstelligen Monats-Beträgen pro Patient bei den Krankenkassen abgerechnet. 15 Verfahren wegen Betrugs im Pflegebereich wurden seit Anfang des Jahres bereits eingeleitet.
Auch in anderen Bereichen steigen die Fallzahlen meist deutlich. Wir zeigen die Daten und Beispiele:
1404 Sexualstraftaten: +12,7 Prozent. Um 12,7 Prozent auf 1404 Fälle sind 2016 die Ermittlungsverfahren bei Sexualstraftaten gestiegen. Der schwerste Fall war eine Vergewaltigung am Stauwehr Oberföhring.

12.021 Körperverletzungen: +11,4 Prozent. Steigende Gewaltbereitschaft schlägt sich immer auch in den Körperverletzungsdelikten nieder. Die Opfer leiden oft sehr lange – wie Mike (17), der nachts in Laim attackiert wurde.
30.382 Verkehrsstrafsachen: +7 Prozent. Auf den Straßen beanspruchen manche zuweilen das Recht des Stärkeren für sich – mit oft heftigen Unfallfolgen: 30.382 Verkehrsstrafsachen bearbeiten die Staatsanwälte.

10.351 Drogendelikte: +6,6 Prozent. Die Ermittlungsverfahren in der Drogenkriminalität sind gestiegen. Zu den Tätern zählte auch dieser Bühnenhandwerker (41), der in der Staatsoper einen Drogenhandel aufzog.

24.251 Betrugsfälle: Betrug, Untreue und Schwarzfahrerei beschäftigen die Staatsanwaltschaft ständig. Auch Johanna R. (79) wurde von Trickbetrügern angerufen. Sie half der Polizei, einen Täter zu fassen.
121 Kapitalverbrechen: Versuchte und vollendete Tötungsdelikte sorgen stets für Aufsehen– wie zum Beispiel das Ehedrama in Gern im April 2016. Dort erstach Robin L. (43) seine Frau (36). Das Verfahren läuft noch.
