Villa in Laim: Das Dornröschenschloss verfällt

An der Neuburger Straße in Laim nagt die Witterung an einer leer stehenden Villa, Anwohner befürchten den Abriss.
München - In Laim gibt es so einige historische Villen, die von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verschont blieben. Viele von ihnen konnten bis heute erhalten und restauriert werden, andere sind im Zuge der Nachverdichtung verschwunden. Auch in der Neuburger Straße gibt es bereits zwei denkmalgeschützte Stadtvillen. Die stattliche Villa mit der Hausnummer 8 gehört allerdings nicht dazu. Seit Jahren ist das Gebäude dem Verfall preisgegeben. Die Laimer nennen es teils schon ihr „Dornröschenschloss“.
Das Dach ist undicht, die Fenster stehen offen oder haben eingeschlagene Scheiben, das Holz ist vermodert, Müll hängt im Gestrüpp. Zwei blaue Baucontainer vor dem Haus signalisieren zwar ein Bauvorhaben, doch sogar der Bauzaun um das Grundstück ist mittlerweile wild von Sträuchern überwachsen. „Ich finde das einen schönen Anblick“, sagt ein Nachbar über die verfallene Villa in seiner Straße. Für ihn sei es ein Mehrwert, dass das Grundstück leer steht und mit Grün überwuchert ist. „Aber anderen, die hier wohnen, ist der Zustand eher ein Dorn im Auge.“
Schon lange befürchten Anwohner, dass der Stadtvilla wegen des zunehmenden Verfalls der Abriss drohen könnte und somit ein weiteres historisches Gebäude aus dem Stadtbild Laims verschwindet. „Natürlich machen wir uns Sorgen – je länger das Haus in diesem Zustand bleibt, desto schwieriger wird es, es auch zu erhalten“, sagt der Nachbar.
Eine andere Bürgerin wandte sich nun wegen dieser Sorge an den Bezirksausschuss (BA) Laim. Dem sind die Umstände seit Längerem bekannt. Vor zweieinhalb Jahren, im August 2014, wurden die Lokalpolitiker von einem geplanten Bauvorhaben auf dem Grundstück an der Neuburger Straße in Kenntnis gesetzt. Geplant war der Neubau eines Zweifamilienhauses und einer Tiefgarage im hinteren Gartenteil des Grundstückes. Außerdem sollte die Villa von einem Einfamilienhaus in ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohneinheiten umgebaut und erweitert werden. Im Februar 2015 erteilte die Lokalbaukommission (LBK) dann die Baugenehmigung für das Grundstück. Das Haus wurde von den umliegenden Bäumen freigelegt und blaue Container aufgestellt. Aber seitdem ist nichts mehr passiert. Der Besitzer habe sich mit dem Ingenieur überworfen und findet jetzt keinen neuen, heißt es unter Nachbarn.
Annette Zöllner, Sprecherin der CSU-Fraktion im Bezirksausschuss, bezeichnet die Lage als dramatisch: „Das Haus ist an vielen Stellen offen und somit unmittelbar dem Verfall ausgesetzt.“ Sie schlägt vor, die Denkmalschutzbehörde zu kontaktieren, um das Gebäude schützen zu lassen. Dann könnte es nicht abgerissen werden.
In der Vergangenheit gab es schon mehrmals Bemühungen, die alte Stadtvilla unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Zuletzt wurde sie im Jahr 2014 auf eine mögliche Denkmaleigenschaft hin untersucht. Laut dem Bayrischen Landesamt für Denkmalpflege war allerdings nur sehr wenig historischer Bestand erhalten. Deshalb wurde das Gebäude nicht in die Denkmalliste aufgenommen.
Ingo Westcombe-Benn, Sprecher der Grünen-Fraktion, schlägt vor, dass sich der Bezirksausschuss mit dieser Angelegenheit an die Stadt wendet. Denn es sei schließlich ein Leerstand – und somit auch Zweckentfremdung von Wohnraum. Allerdings bleibt beim Betrachten der alten Stadtvilla fraglich, ob sie in diesem Zustand überhaupt bewohnbar gemacht werden könnte. Zumal der Eigentümer laut Nachbarn zeitweise in den blauen Containern auf dem Grundstück leben soll und das Areal somit nicht unbewohnt sei.
Lesen Sie hier: Geschichtsträchtig, aber dem Abriss geweiht. Auf dem Grundstück einer Fabrikantenvilla in Laim wurden einst die Glocken des Münchner Glockenspiels und die der Frauenkirche gegossen. Jetzt soll das Haus samt Gießerei abgerissen werden. Der Denkmalschutz greift nicht – zum Entsetzen der Anwohner. Außerdem: Lösung im jahrelangen Streit um die Paul-Heyse-Villa. Die Villa des Münchner Dichters bleibt erhalten, zusätzlich wird aber ein neues Wohnhaus auf das Grundstück gebaut.
Johanna Sagmeister