Schon ohne Corona, geschweige denn Omikron, haben die Krankenhaus-Manager traditionell große Mühe, über die Feiertage und zwischen den Jahren alle Dienste zu besetzen. Auch deshalb, weil viele Mütter und Väter unter den Pflegekräften in den Weihnachtsferien Probleme haben, die Betreuung ihrer Kinder zu organisieren. Wenn jetzt auch noch verstärkt Pflegekräfte wegen der neuen, offenbar besonders ansteckenden Variante ausfallen, könnte dies eine fatale Kettenreaktion auslösen.
Das Virus macht keine Weihnachtspause
„Dazu kommt, dass viele Kollegen indirekt von Infektionen betroffen sein könnten, weil sie ihre Kinder zu Hause in der Quarantäne betreuen müssen“, befürchtet die Münchner Krankenhaus-Koordinatorin Prof. Viktoria Bogner-Flatz, selbst dreifache Mutter. Auch ihr Kollege Dr. Dominik Hinzmann geht davon aus, dass den bereits seit Monaten überlasteten Teams auf den Corona-Stationen ein weiterer Kraftakt bevorstehe. „Sie brauchen die volle Solidarität unserer Stadt“, betonte Hinzmann. Jeder einzelne sei gefordert, seinen Beitrag zu leisten, das Infektionsgeschehen einzudämmen – durch Impfen, häufiges Testen und eine Reduzierung seiner Kontakte. „Das Virus macht ja keine Weihnachtspause“, betont Bogner-Flatz.
Dass Omikron die Inzidenzen erneut heftig befeuern wird, gilt unter Experten als höchstwahrscheinlich, insbesondere nach den schockiereden ersten Erfahrungen aus England, wo die Variante das Infektionsgeschehen derzeit bereits eskalieren lässt. „Wir erwarten nach Weihnachten auch in München steigende Infektionszahlen“, prognostiziert der Infektiologe Dr. Christoph Spinner vom Uniklinikum rechts der Isar. Dort ist schon jetzt jedes dritte Intensivbett mit einem Corona-Patienten belegt.
Zuletzt war die Lage – wie auch in den anderen Münchner Klinikern – einigermaßen stabil. Zumal Patientenverlegungen nach Norddeutschland im Rahmen der Operation Kleeblatt etwas Entlastung gebracht hatten. „Wenn jetzt allerdings in kurzer Zeit die Belegungszahlen anstiegen, wird es eng – vor allem dann, wenn mehr Patienten von weniger Mitarbeitern betreut werden müssen“, warnen die Klinik-Koordinatoren Bogner-Flatz und Hinzmann.
Diese Vorstellung versetzt selbst krisengestählte Krankenhaus-Manager wie Dr. Axel Fischer in Alarmbereitschaft. Am Wochenende bereitete der Chef der München Klinik seine Führungskräfte mit einer sorgengetriebenen E-Mail darauf vor, das Corona-Krisenkonzept der städtischen Krankenhäuser erneut nachzuschärfen. „Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir den Betrieb aufrechthalten können, falls die Schreckensszenarien im Zusammenhang mit Omikron eintreten.“ Es gelte, an allen Stellschrauben feinzujustieren – vom Mitarbeiterschutz durch Impfungen über Hygienekonzepte bis zu personellen Umschichtungen.
Fischer weiß, dass seine Mitarbeiter seit Monaten auf dem Zahnfleisch gehen – ein Problem, das derzeit alle Kliniken mit Coronapatienten gemein haben. Das LMU Klinikum veröffentlichte gestern eine große Dankesanzeige auch in unserer Zeitung. Darin heißt es an die Adresse der Pflegekräfte und Mediziner: „Danke, dass Ihr durchhaltet.“
Wie aber kann man ihnen helfen? Die Mediziner appellieren gebetsmühlenartig an die Münchner, sich impfen zu lassen: „Unser Appell lautet weiterhin: Impfen, Boostern, Impfen“, betont Prof. Markus M. Lerch, Chef des LMU Klinikums. „Auch und insbesondere mit Blick auf die nächste Welle mit der Omikron-Variante.“ Insselbe Horn stößt Infektiologe Spinner: „Die Booster-Impfungen schützen wirksam vor Delta-Infektionen und schweren Krankheitsverläufen – und sie verbessern auch den Schutz vor Omikron sehr deutlich.“