Wenn Schokolade sich fein macht, werden selbstgemachte Pralinen daraus

Glück ist … die Finger in warme, weiche, flüssige Schokolade zu tauchen. Glückselig ist, wer dann den Schokoladenfinger in den Mund stecken, schlecken und schmecken kann.
Mit Daumen und Zeigefinger behutsam in eine Pralinenschachtel greifen, die Praline der Wahl voller Vorfreude in den Mund stecken und mit geschlossenen Augen die schokoladige Hülle auf der Zunge schmelzen lassen, dann den buttersahnigen, weichen, süßen Kern mit der Zungenspitze am Gaumen zerdrücken … Dieser Versuchung ist wohl jeder schon mal erlegen. Und jeder Pralinen-Fan hat seine Lieblinge: Die einen sterben für helle Sorten mit feinem Schmelz, die anderen geben ein Königreich für Pistazienmarzipan oder solches à l’Orange, den nächsten kann die Versuchung nicht bitterzart oder Marc-de-Champagne-schwanger genug sein.
Gleich welche Sorte: Wenn Schokolade sich fein macht, werden Pralinen daraus. Denn Pralinen sind die Kür in der Schokolade-Herstellung. Am allerbesten munden sie natürlich selbstgemacht. Wie tz-Reporterin Simone Herzner in einem Kurs in der Münchner Pralinenschule Kerstin Spehr herausgefunden hat, ist die Herstellung von Pralinen gar nicht so leicht, aber ein köstliches Vergnügen für alle Sinne: Schokoladenfinger, Schokoladenmund – bei einem Pralinenkurs in der Pralinenschule Kerstin Spehr (45, gelernte Köchin und Pâtissier) gehört das einfach dazu! Genau wie die bordeauxroten Schürzen, die sich die Schüler zu Beginn des sechsstündigen Kurses umbinden. Merke: Pralinen selber machen ist ein klecksreiches Geschäft. Genau deshalb macht es ja so viel Spaß: Man hat ständig einen Grund zum Probieren …
Schokolade schmilzt bei Körpertemperatur, erklärt Kerstin Spehr. Daher die klebrigen Finger beim Naschen … Zur Pralinenherstellung muss Schokolade flüssig sein und wohltemperiert: „Wenn sie nach dem Schmelzen nicht temperiert wird – so nennt man das Herunterkühlen und erneute Erwärmen – bilden sich beim Erkalten hässliche graue Schlieren.“ Die will natürlich keiner haben. Aber wie kriegt man die Schoki wieder kalt? Einfach stehen lassen und abwarten? Geht nicht, dann würden sich ja die besagten Streifen bilden. Kerstin Spehr macht es vor: Sie gießt einen Teil der geschmolzenen Schokolade auf eine Marmorplatte und streicht die Masse dünn aus. Tablieren nennt man das. Anschließend wird die erkaltete Schokolade wieder in die warme Masse gerührt, die dadurch optimale 28 Grad erreicht. 28 Grad? „Bei dieser Temperatur fühlt sich ein kleiner Klecks auf der Unterlippe kühl an.“ Wer sagt’s denn, bei Pralinen-Profis ist der Schokomund sogar Pflicht!
Zum Weiterverarbeiten wird die Schokolade wieder auf 32 Grad erwärmt. „Dann hat sie die beste Konsistenz, und die Pralinen bekommen beim Überziehen diesen edlen Glanz.“ Um Pralinen zu überziehen, müssen wir sie aber erst mal herstellen: „‚Wir machen Schnittpralinen und Trüffel“, erklärt die Expertin. Letztere heißen so, weil sie dem edlen Pilz ähnlich sehen. Los geht’s: Für die Trüffelmasse wird Vollmilch und Sahne aufgekocht und langsam dunkle Kuvertüre hineingerührt. Am Ende kommen ein paar Stamperl Marc de Champagne oder ähnlich Hochprozentiges dazu. Die Masse für die Schnittpralinen wird mit heller Schokolade angereichert. Gewürze wie Chili oder Ingwer sorgen für die persönliche Note jedes Pralinés.
Die Trüffel werden mit der Spritztüte auf ein Tablett getupft. Dass sie nicht so gleichmäßig werden wie die Pralinen aus dem Supermarkt, gibt ihnen den besonderen Charme. Schon optisch ist jeder Trüffel ein Unikat – erste Sahne schmecken sie alle!
Die Canache – der Fachbegriff für jede Masse aus Sahne und Schokolade – für die Schnittpralinen muss nach dem Erkalten in gleichmäßige Stücke geschnitten werden. Nicht wundern, wenn trotz reichlich Canache wenige Stückchen herauskommen. Schmeckt aber auch zu gut! Zum Überziehen wirft man die Stücke in eine Schüssel mit flüssiger Schokolade – Schnittpraline müsste der Mensch sein!
Jetzt bekommen die Trüffel ihre hauchdünne Schokoschicht. „Man verteilt einen Klecks flüssiger Schokolade in der Handfläche“, sagt die Meisterin und rollt sanft den ersten Trüffelrohling in der Hand, bis er rundherum braun ist. Jetzt nur noch in Puderzucker wälzen – und schon ist aus dem Rohling ein wunderschöner Trüffel geworden. Hmm, der zergeht auf der Zunge!
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Rezept: Feines aus dem Hause Dallmayr
Zutaten für den flüssigen Espressokern: 25 g Sahne, 2 Teelöffel Zucker, 1 gestrichener Teelöffel Mondamin, 7,5 ml Espresso, 50 g Extrabitter-Kuvertüre
Und so geht’s: Sahne, Zucker und Mondamin in einen Topf geben und aufkochen. Den vorbereiteten Espresso und die Kuvertüre hinzugeben, in der heißen Masse auflösen und verrühren. Die fertige Espresso-Schokolade in eine Schale geben und einfrieren.
Zutaten für den Teig: 80 g Eigelb, 16 g Zucker, 70 g Zartbitter-Kuvertüre flüssig, 120 g Eiweiß, 50 g Zucker, 100 g Mandelgrieß, 10 g Mondamin
Und so geht’s: Eigelb, 16 g Zucker und die flüssige Zartbitter-Kuvertüre verrühren. Das Eiweiß und den Zucker (50 g) zu Schnee schlagen und unter die Eigelbmasse ziehen. Mandelgrieß und Mondamin vermischen und unter die Masse heben. Eine kleine Kuchenform (z.B. eine Espressotasse aus feuerfestem Porzellan) mit der Schokobisquitmasse befüllen. Aus der tiefgefrorenen Espresso-Schokolade Kugeln ausstechen und in die Form eindrücken. Bei 180 Grad ca. 15 Minuten (bei der oben beschriebenen kleinen Form) im Backofen backen, mit zerstoßenen Kakaobohnen dekoriert sofort servieren.
Quelle: tz