Eisenreich: Der Klimaschutz ist eine existenzielle Frage für die Menschheit und deshalb auch eine zentrale Aufgabe für Staat und Gesellschaft. Es ist völlig legitim, sich mit friedlichem Protest dafür einzusetzen. Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit sind ein hohes Gut. Aber es gibt eine Grenze: Niemand hat das Recht, Straftaten zu begehen. Auch ein so wichtiges Ziel wie der Klimaschutz ist keine Rechtfertigung dafür.
Sehen Sie die Klima-Aktivisten der Letzten Generation als Kriminelle?
Eisenreich: Wer Straftaten begeht, ist auch ein Straftäter.
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Sie haben angekündigt, die Urheber solcher Störaktionen „zur Rechenschaft zu ziehen“. Wie genau?
Eisenreich: Ich kann für Bayern sagen: Wenn es Anhaltspunkte für Straftaten gibt, wird die Staatsanwaltschaft ermitteln. So steht es im Gesetz. Solche Fälle werden dann auch zur Anklage gebracht. Im Falle einer Nötigung drohen bis zu drei Jahre Haft, bei gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr sogar bis zu fünf Jahre Haft. Das Urteil fällen unabhängige Richterinnen und Richter.
Polizei und Justiz versuchen, strafbare Aktionen zu Lasten von Bürgern zu verhindern. Aber der Präventivgewahrsam von bis zu zwei Monaten schreckt die Aktivisten nicht ab - einige haben sich nach ihrer Freilassung direkt wieder auf eine Straße in München geklebt…
Eisenreich: Es ist gut, dass es dieses Mittel des präventiven Gewahrsams in Bayern gibt. Der präventive Gewahrsam wird auf Antrag der Polizei von unabhängigen Richterinnen und Richtern angeordnet - und angewendet, wenn Straftaten bereits begangen worden sind und klar ist, dass eine erneute Tat unmittelbar bevorsteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn weitere Taten angekündigt werden. Für Straftaten, bei denen andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen oder gefährdet werden, habe ich überhaupt kein Verständnis. Das ist völlig inakzeptabel. Ich verstehe den Ärger der Bürgerinnen und Bürger - ich ärgere mich auch.
Die Münchner Straßenblockaden geschehen mit Ankündigung und klarem Vorsatz - einige Aktivisten hat man auch mehrfach dabei gesehen. Viele Bürger fragen sich inzwischen: Welche Mittel hat die Justiz denn überhaupt dagegen?
Eisenreich: Wenn jemand mehrere Straftaten hintereinander begeht, können die Strafen in nachfolgenden Gerichtsverfahren erhöht werden. Um es klar zu sagen: Selbstverständlich droht Wiederholungstätern hier auch Haft. Unsere Richterinnen und Richter prüfen jeden Einzelfall genau. Es gab in Bayern bereits Verurteilungen zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung, die allerdings noch nicht rechtskräftig sind. Es wird von obersten Gerichten noch Grundsatzentscheidungen dazu geben.
Reichen die bisherigen Strafen aus - oder sind auch Gesetzesänderungen nötig?
Eisenreich: Das Strafrecht bietet grundsätzlich ausreichende Möglichkeiten zur Ahndung von Straftaten bei diesen Störaktionen. In zwei Punkten sehe ich aber Änderungsbedarf. Zum Beispiel, wenn Aktivisten in das Flughafengelände eindringen und sich auf dem Rollfeld festkleben, wie es auch in München passiert ist. Aus meiner Sicht wird die bisherige Einordnung als Hausfriedensbruch der Rücksichtslosigkeit dieser Taten nicht gerecht. Hier brauchen wir eine gesetzliche Änderung. Ebenso, wenn Aktivisten Rettungsfahrzeuge blockieren. Ein Teil der Aktivisten gefährdet dadurch die Gesundheit und das Leben anderer Menschen. Hier muss angemessen hart durchgegriffen werden können. Für diese Fälle bereite ich aktuell eine Initiative für die Justizministerkonferenz im November vor.
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