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Zoff im Rathaus - „Atmosphärische Störungen“: ÖDP wirft Freie Wähler aus der Fraktion

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Von: Sascha Karowski

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Im Sitzungssaal im Münchner Rathaus gehen ÖDP und Freie Wähler künftig getrennte Wege.
Im Sitzungssaal im Münchner Rathaus gehen ÖDP und Freie Wähler künftig getrennte Wege. © fkn

ÖDP und München-Liste im Stadtrat haben die Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wählern aufgelöst. Deren Stadträte waren am Freitag von dem Schritt überrascht. Nach Informationen unserer Zeitung soll es aber bereits seit Dezember kriseln, von atmosphärischen Störungen ist die Rede.

Die Stadtratsperiode zwischen 2014 und 2020 war vermutlich einzigartig. In keiner Amtszeit zuvor hatten derart viele Mandatsträger ihre politische Heimat verlassen und sich anderen Fraktionen angeschlossen. Das Bäumchen-Wechsel-dich-Spiel hatte schon kurz nach der Wahl Josef Assal eröffnet, der die SPD verließ und sich als parteifreier, später als Mitglied der Bayernpartei der Fraktion der Bürgerlichen Mitte (Freie Wähler, Bayernpartei) anschloss. Zur Bayernpartei wiederum wechselten 2016 Eva Caim und Mario Schmidbauer aus der CSU. Die Freien Wähler waren nach Austritten von Johann Altmann (zur Bayernpartei) und Ursula Sabathil (parteifrei) am Ende gar nicht mehr existent.

Es folgten die Wechsel von Birgit Volk (SPD, dann parteifrei), Marian Offman (CSU zur SPD), Alexander Reissl (SPD zur CSU), Johann Sauerer (CSU zur ÖDP) und Andre Wächter. Der war einst für die AfD in den Stadtrat einzog, danach waren er und sein Kollege Fritz Schmude für Alpha und für die LKR im Gremium. Wächter wechselte schließlich zur Bayernpartei, Schmude blieb als parteifreier im Gremium. Weitere Wechsel waren: Thomas Ranft (Piraten zu FDP) und Wolfgang Zeilnhofer (hut zu mut). Das ist historisch, doch auch in der neuen Amtsperiodegibt es nun das erste Stühlerücken.

ÖDP und der Stadtrat der München-Liste, Dirk Höpner, haben beschlossen, die Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wählern „mit sofortiger Wirkung“ aufzulösen. Das ließ die neue Fraktion ÖDP/München-Liste via Pressemitteilung verlauten. Zuvor hatte Fraktionschef Tobias Ruff den Ältestenrat in Kenntnis gesetzt. Die konstituierende Sitzung der neuen Fraktion aus ÖDP und München-Liste soll am Montag stattfinden. „Diese Trennung hat keinerlei Einfluss auf die Zusammenarbeit zwischen den Stadträten und den Mitgliedern der Fraktionen der Freien Wähler und der ÖDP auf der Bezirksausschussebene“, heißt es weiter. „Auch in Zukunft wird die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit fortgesetzt werden.“

Aus Sicht der Freien Wähler ist das tatsächlich nicht ganz so trivial, denn der Status spielt für die Stadtratsarbeit eine Rolle, so sind beispielsweise nur Parteien für Ausschüsse und den Senat zugelassen, wenn die Fraktion mindestens vier Stadträte hat. Nicht selten schließen sich daher Stadträte zu Fraktionsgemeinschaften zusammen, in München etwa die FDP mit der Bayernpartei, die Linke mit der Partei und eben die Freien Wähler (2 Stadträte) mit ÖDP (3 Stadträte) und der München-Liste.

Und gerade bei dieser Gemeinschaft verwundert das Zerwürfnis doch, denn programmatisch liegen sich Freie Wähler und ÖDP näher als so manch andere parlamentarische Patchwork-Familie. In vielen Bezirksausschüssen arbeiten sie zusammen.

Dem Vernehmen nach war das Inhaltliche auch nicht das Problem. Allerdings soll es zwischenmenschlich gekrieselt haben, was sowohl ÖDP-Vertreter als auch jene der Freien Wähler bestätigen. Von der Trennung nun sei man gleichwohl überrascht worden, sagt FW-Stadtrat Rudolf Schabl. „Wir wollten das eigentlich noch besprechen, insofern erwischt uns das jetzt kalt.“ Münchens FW-Chef Michael Piazolo spricht von „atmosphärischen Störungen“, über die man aber doch hätte reden können.

Wie es nun für die Freien Wähler weitergeht, ist offen. „Wir werden uns beraten, auch mit der Partei“, sagt Schabl. Ob er und sein Kollege Hans-Peter Mehling sich nun einer anderen Fraktionsgemeinschaft anschließen, steht demnach noch nicht fest. „Das werden wir intern besprechen.“

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