Zoff um S8-Ausbau: Stadtrat hadert mit der Bahn

Der Streit zwischen Stadt, Deutscher Bahn und Bundesverkehrsministerium wegen des viergleisigen Ausbaus der S8 geht in die nächste Runde. OB Dieter Reiter (SPD) kündigte gestern im Planungsausschuss weitere Gespräche an – unter anderem mit dem Bahnchef.
„Den werde ich auch mal ans Telefon holen und ihm sagen, dass es so nicht geht.“ Wie berichtet, lehnt die Bahn eine Bürgerbeteiligung beim Ausbau der S8 zwischen Daglfing und Johanneskirchen ab. Die Anwohner sollen erst informiert werden, wenn feststeht, für welche Ausbauvariante sich die Bahn entschieden hat.
Nicht nur die Frage der Variante ist noch zu klären. Auch ist offen, wer in welcher Form an den Kosten beteiligt wird. „Wir hatten in einer konzertierten Aktion darum gebeten, die Öffentlichkeit zu beteiligen, bevor irgendwelche Entscheidungen getroffen werden“, sagte SPD-Stadträtin Heide Rieke. Bedauerlich, dass dies nun nicht erfolge. „Solche Entscheidungen sind immer auch politische. Was die Bürger dazu sagen, wenn aus zwei Gleisen vier werden und Güter- und S-Bahn-Verkehr zunehmen, kann man sich an drei Fingern abzählen.“
Die Grünen hatten beantragt, dass die Stadt eine eigene Infoveranstaltung anbietet. Das fand keine Mehrheit. Rieke: „Projektträger ist die Bahn. Es geht darum, der deutlich zu machen, was die Bevölkerung wünscht.“ Grünen-Stadtrat Herbert Danner sagte: „Der Frust wegen der Bahn und des Bundesverkehrsministers ist groß. Die Info-Veranstaltung zur Truderinger Kurve war ein Fiasko. Die Leute sind alle frustriert gegangen, und die Veranstaltung musste wiederholt werden.“ Stadtrat Johann Sauerer (ÖDP) fragte wegen der Finanzierung nach: „Da stehen ja noch Antworten aus. Es geht um eine Milliarde Euro.“ Brigitte Wolf (Linke) ergänzte: „Die Befürchtung ist zu Recht da, dass wir am Ende da allein stehen.“
Wie berichtet, gibt es keine konkreten Aussagen von Bund und Freistaat. Die Bahn prüft drei Varianten: eine ebenerdige, eine Lösung mit Trog und eine mit Tunnel zwischen Daglfing und Johanneskirchen. Den würde der Stadtrat favorisieren, müsste dann aber den Löwenanteil der Kosten selbst tragen. Die Rede ist von 800 der 970 Millionen Euro. Eine ebenerdige Lösung, wie sie offenbar die Bahn favorisiert, würde 400 Millionen kosten, die Stadt müsste nur 50 Millionen zahlen. Entscheidet sich die Bahn gegen den Tunnel, müsste die Stadt auch die weitere Planung für diesen übernehmen.
Vorsorglich hat der Stadtrat 20 Millionen Euro für die Planung bis 2022 genehmigt. OB Reiter sagte, er werde nicht aufgeben, Antworten von den Entscheidungsträgern einzufordern. Auf Vorschlag von Michael Mattar (FDP) will der Rathaus-Chef nun in einem nächsten Schritt alle Münchner Bundestagsabgeordneten einladen, um die Truderinger und die Daglfinger Kurve zu erörtern.