1. tz
  2. München
  3. Stadt

Zu Rosch ha-Schana: Europas Rabbiner eröffnen Hauptquartier in München

Kommentare

Katrin Habenschaden, Charlotte Knobloch, Florian Herrmann, Michael Piazolo, Pinchas Goldschmidt und Gady Gronich vor dem Eingang des Prinz-Ludwig-Palais.
Katrin Habenschaden, Charlotte Knobloch, Florian Herrmann, Michael Piazolo, Pinchas Goldschmidt und Gady Gronich vor dem Eingang des Prinz-Ludwig-Palais. © Markus Götzfried

Seit heute ist München wieder ein Stück kosmopolitischer: Im Prinz-Ludwig-Palais an der Türkenstraße 7 (Maxvorstadt) hat gestern die Europäische Rabbinerkonferenz CER feierlich ihr Hauptquartier eröffnet.

In der rund 800 Mitglieder starken Vereinigung sind die orthodoxen Rabbiner Europas organisiert. Bisher war ihr Sitz in London, doch als sie 2022 ihre Vollversammlung in München abhielt, lud Ministerpräsident Markus Söder die Rabbis ein, dauerhaft an die Isar zu ziehen. Das ist nun geschehen. Mit einem Festakt zum jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana wurden die neuen Räume eingeweiht. „Bayern ist ein Leuchtturm für jüdisches Leben in Europa geworden“, freute sich Oberrabbinner Pinchas Goldschmidt, der anlässlich der Veranstaltung auch verriet, dass ein Grund für den Umzug der Brexit war. „Wir wollten ein Hauptquartier innerhalb der Europäischen Union.“ Den Wechsel eingefädelt hatten letztlich Bayerns Antisemitismus-Beauftragter Ludwig Spaenle (CSU) und CER-Geschäftsführer Gady Gronich. Spaenle lobte: „Von München aus gibt es künftig wichtige Impulse für jüdische Gemeinden.“

Beim Festakt mit dabei waren auch der Leiter der Staatskanzlei Florian Herrmann (CSU), Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) und Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München. Letztere versicherte: „Ich bin überwältigt davon, dass so etwas heute möglich ist. Nach 1945 hätte sich das niemand vorstellen können.“

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt bringt die Mesusa an, ein Röhrchen mit einem Glaubensbekenntnis darin, das traditionell an der Eingangstür jüdischer Haushalte hängt.
Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt bringt die Mesusa an, ein Röhrchen mit einem Glaubensbekenntnis darin, das traditionell an der Eingangstür jüdischer Haushalte hängt. © Markus Götzfried

Dabei war es ein nicht ganz unbrisanter Termin. Nachdem Markus Söder den jüdischen Geistlichen die Hand reichte, muss diesen der Flugblattskandal um Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wie ein Tritt ans Schienbein vorkommen. Der Ministerpräsident heißt jüdisches Leben willkommen und der Wirtschaftsminister gerät in einer Antisemitismus-Debatte unter Druck – ein Problem? Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt gibt sich versöhnlich. „Eines der Grundkonzepte des Judentums ist die Teschuwa, die Wiedergutmachung dessen, was eine Person falsch gemacht hat“, sagt er. „Jeder Mensch, auch ein Politiker, sollte die Möglichkeit haben, Fehler zu berichtigen, wenn dies aufrichtig geschieht, und vor allem wenn der Fehler in der Jugend vor vielen Jahren geschah.“ 

Rund 300 Quadratmeter belegen die Rabbiner mit zwölf Mitarbeitern in dem Palais des Gaststättenverbands Dehoga. „Das wird hier nicht nur ein Büro, sondern auch ein Zentrum für jüdisches Leben“, sagt Goldschmidt, „und dieses wollen wir greifbar machen. Wenn Rabbiner aus ganz Europa herkommen, entstehen neue Allianzen, neue Freundschaften, neue Initiativen.“ Bereits im Frühjahr sei eine Konferenz zum Thema „Werte“ geplant, zu der Religionsvertreter aus ganz Europa kämen. 

Auch interessant

Kommentare