Notruf aus Neuhausen: Mieter bangen um ihre Wohnung, denn das ganze Haus wird zwangsversteigert

In der Volkartstraße 48 geht die Angst um: Ende März wird das Mehrfamilienhaus in Neuhausen zwangsversteigert. Die Zukunft der Mieter ist ungewiss: Müssen sie bald mehr zahlen, wird es vor Ort Luxussanierungen geben? Droht gar der Auszug?
München - Erst in den nächsten Wochen wird es Antworten geben. Klar ist aber jetzt schon: Die Vermieter, die eine Erbengemeinschaft bilden, sind zerstritten. Bis zu den Hausbewohnern hat sich herumgesprochen, dass eine Ehe geschieden wurde - jetzt wollen mehrere Besitzer ihren Anteil. Deswegen kommt es zur Versteigerung der insgesamt 20 Wohneinheiten (Wert: 15 Millionen). Sie wird am 27. März am Amtsgericht stattfinden.
„Wir werden genau hinschauen“: Bietet die Stadt mit und kauft das Haus?
„Unsere Hoffnung ist, dass die Stadt mitbieten wird und das Haus kauft“, sagen Sarah (33) und Lisa (32), die im ersten Stock wohnen. Denn der Block befindet sich mitten im Erhaltungssatzungsgebiet Ebenau - hier hat die Stadt also ein Mitspracherecht. Sie hat sich ohnehin auf die Fahnen geschrieben, preiswerten Wohnraum in München zu erhalten sowie den städtischen Wohnungsbestand ausweiten. „Das kann die Stadt in unserem Fall nun unter Beweis stellen“, sagt Mieter Paul Gerbsch. „Denn das Viertel ist Bestlage. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Stadt da nicht mitbietet. Wir werden genau hinschauen, was sie in diesem Fall unternimmt oder unterlässt.“
Die Debatte, ob mitgesteigert wird oder nicht, ist auch im Stadtrat längst angekommen. Nach tz-Infos fällt die Entscheidung dort am 22. März. „Bei der Veräußerung von Objekten im Wege der Zwangsvollstreckung besteht kein gesetzliches Vorkaufsrecht“, teilt das Kommunalreferat auf tz-Anfrage mit. Die Stadt prüfe „fortlaufend interessante Objekte auch in diesem Erwerbsbereich“, sagt Sprecherin Maren Kowitz. So werde derzeit auch das Haus in der Volkartstraße 48 geprüft. Nach Vorliegen der Ergebnisse wird „über das weitere Vorgehen entschieden“.
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München: Anwohner in Neuhausen bangen - denn ihr Mietshaus wird im März versteigert
So sachlich klingt die Behörde - emotional hingegen sind die Geschichten der Bewohner. Glib Moiseienko (29) etwa: Der Student holte seine Eltern Serhii (60) und Tetiana (53) aus der Ukraine, als der Krieg ausbrach. Paul Gerbsch lebt schon seit zwölf Jahren in dem Haus, mittlerweile mit Frau und zwei Kindern. Er zahlt für 91 Quadratmeter 1000 Euro kalt. „Die Miete hier ist sehr fair und wurde bei mir nur einmal erhöht.“ Bewohner Nawal Chagraoui (25) lernt beim Bäcker Neulinger im Erdgeschoss.
Sarah und Lisa leben in einer Wohngemeinschaft zusammen. „Die Mieter-Auswahl hier im Haus ist sehr sozial. Es hätte andere Bewerber gegeben, die mehr verdienen. Aber wir erhielten trotzdem den Zuschlag“, sagt Lisa. „Ich engagiere mich für Flüchtlinge, so wie Herr Neulinger“, fügt Sarah an. „Er ist auch präsent hier im Haus. Als wir eingezogen sind, hat er uns sehr nett Willkommen geheißen. Nachts, als wir eine Party gefeiert haben, kam er noch vorbei und hat uns ein Blech mit süßen Gebäck geschenkt.“
Sie alle hoffen nun, dass die Stadt das Haus ersteigern wird. Oder zumindest ein fairer Vermieter.
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