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Kult-Betrieb feiert Wiesn-Comeback: „Vorteil, dass wir ein besonderes Geschäft haben“

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Rauf mit dem Förderband, runter mit der Rutsche: Der Toboggan ist ein Kult-Fahrgeschäft.
Rauf mit dem Förderband, runter mit der Rutsche: Der Toboggan ist ein Kult-Fahrgeschäft. © Hans-Helmut Herold/Archiv

Seit 1933 rutschen Oktoberfestbesucher vom Toboggan, den die Familie Konrad aus Kinsau betreibt. Während Corona musste die Turmrutsche in der Lagerhalle ausharren. Jetzt ist der Toboggan wieder im Einsatz.

Kinsau/München – Claus Konrad schraubt gerade die letzten Glühbirnen fest. Knapp drei Wochen hat der Aufbau des Toboggans gedauert, jetzt steht das 20 Meter hohe Fahrgeschäft so gut wie einsatzbereit auf der Münchner Theresienwiese. Nur der „sogenannte Feinschliff“ fehlt noch, verrät der 54-Jährige schmunzelnd.

Die Freude auf die kommenden Wiesn-Tage ist dem Kinsauer deutlich anzumerken. Immerhin stand das Fahrgeschäft, das die Konrads seit über 100 Jahren ihren Familienbesitz nennen, lange genug still: Zwei Jahre musste es in in der Kinsauer Lagerhalle ausharren. Schuld daran war freilich die Pandemie, wegen der das größte Volksfest der Welt zwei Mal in Folge abgeblasen werden musste. Dass das Oktoberfest heuer wieder steigen darf, ohne Corona-Auflagen und mit Toboggan, erleichtert die Schausteller freilich.

Zwei Jahre ohne Oktoberfest: Für die Schausteller keine einfache Zeit

Für den Familienvater waren die Jahre ohne Wiesn nicht einfach. „Aber“, betont er, „wir haben einen besonderen Status“. Im Vergleich zu seinen Kollegen, die als Vollzeit-Schausteller auf die großen Volksfeste angewiesen sind, habe sich Konrad als Berufssoldat immer noch auf ein festes Einkommen stützen können. „Wir haben die Zeit also recht unbeschadet überstanden.“

Judith und Claus Konrad aus Kinsau betreiben den Toboggan bereits in dritter Generation.
Judith und Claus Konrad aus Kinsau betreiben den Toboggan bereits in dritter Generation. © Hans-Helmut Herold/Archiv

Wie alle anderen Schausteller, müssen sich auch die Konrads jedes Mal aufs Neue für einen Stellplatz auf der Wiesn bewerben. Die Chanchen stünden aber immer ganz gut: „Wir haben den Vorteil, dass wir ein besonderes Geschäft haben“, sagt Konrad. Immerhin sind die Kinsauer mittlerweile die einzigen Schausteller in ganz Deutschland, die noch einen Toboggan betreiben.

Ein weiterer Pluspunkt: Der hohe Turm mit Rutsche, den die Fahrgäste per Förderband erklimmen müssen, ist Wiesn-Kult. Schon seit 1933 lockt der Toboggan auf dem Oktoberfest ein breit gefächertes Publikum an. Während tagsüber überwiegend Familien mit Kindern zum Rutschen kommen, haben zu späterer Stunde vor allem Erwachsene ihre Gaudi mit dem historischen Fahrgeschäft. „Abends wird in erster Linie das Förderband interessant“, verrät der 54-Jährige.

Wiesn: Die Großmutter brachte das Fahrgeschäft 1920 in den Familienbesitz der Konrads

Sobald die ersten Oktoberfestbesucher aus den Festzelten strömen, bilden sich regelrechte Menschentrauben um den Toboggan. Nicht ohne Schadenfreude beobachten zahlreiche Schaulustige dort die Wagemutigen, die nach der ein oder anderen Maß Bier den Turm bezwingen – oder es versuchen.

Rauf per Förderband und Runter mit der Rutsche: Dieses einfache Prinzip bereitet den Menschen Freude. Das hat Claus Konrads Großmutter schon vor über 100 Jahren erkannt, als sie das Fahrgeschäft 1920 in den Familienbesitz holte. „Wir vermuten, dass meine Oma den Toboggan damals aus den USA mitgebracht hat“, sagt Konrad. Seither hat sich das Treiben auf den Volksfesten stark verändert, die Fahrgeschäfte wachsen immer mehr in die Höhe, werden immer schneller. Ein simples und entschleunigtes Fahrgeschäft wie der Toboggan fällt da aus der Reihe – und ist gerade deshalb beliebt, weiß Konrad. „Verrückte’ Fahrgeschäfte findet man überall. Der Toboggan ist dagegen wie ein seelisches Fußbad.“

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