Live-Streams: So legal sind sie wirklich
München - Wenn Fußballspiele nicht im Free-TV laufen, weichen viele Fans auf Live-Streams im Internet aus. Aber ist das überhaupt erlaubt? Wir sind der Frage auf den Grund gegangen.
Spätestens, wenn der FC Bayern in der Champions League mal wieder nur im Pay-TV zu sehen ist, begeben sich viele Fußball-Fans im Internet auf die Suche nach einem Live-Stream.
Peer-to-peer-TV-Programme wie SopCast, TVAnts und der TVU-Player sind dabei wie ein Online-Fernseher mit unzähligen Kanälen - Download vorausgesetzt.
Entscheidende Frage: Findet beim Streamen eine temporäre Vervielfältigung statt?
Ansonsten gibt es viele ausländische Anbieter, die das Spiel direkt auf einer Webseite anbieten. Seiten wie myp2p.pe fungieren dabei als eine Art Fernsehprogramm, in dem die verschiedenen Live-Streams aufgelistet sind. Nach dem Schlag gegen die illegalen Kinoplattform kino.to sind viele User skeptisch geworden, zumal viele Übertragungen nach weniger Zeit wegen Urheberrechtsansprüchen gestoppt werden. Die Zuschauer fragen sich: Ist das Abrufen von Streams überhaupt erlaubt?
Hier sind sich die Juristen uneins. Die entscheidende Frage für sie ist, ob beim Streamen des Spiels eine temporäre Vervielfältigung, zum Beispiel im Cache-Speicher des Rechners, stattfindet oder nicht. Wird auf dem Rechner zwischenzeitlich eine Kopie des Spiels lokal gespeichert? Das wäre illegal.
Heiße Reporterinnen: Da bleibt keine Frage offen
Ende 2011 hat das Amtsgericht Leipzig in seinem Urteilsspruch gegen einen kino.to-Betreiber erklärt, dass auch Streaming "dem Grunde nach" gegen das Urheberrecht verstößt und damit eine Strafverfolgung der Nutzer nach sich ziehen kann - mit Betonung auf "kann". Wie das künftig in der juristischen Praxis Anwendung findet, ist offen. Nicht einmal das Urteil des Amtsgerichts Leipzig ist unter Juristen unangefochten.
Denn: Laut Paragraf 44a des Urheberrechtsgesetzes sind "vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben" ausnahmsweise zulässig. Stellt sich wieder die Frage, ob das Anschauen von Streams alleine eine "rechtmäßige Nutzung" darstellt. An dieser Stelle beißt sich die Katze bis zu weiteren richtungweisenden Gerichtsurteilen in den Schwanz.
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In der Praxis müssen empfindliche Strafen vor allem die Anbieter der Streams fürchten. Die Nutzer selbst sind eher schwer zu verfolgen. Ein Freifahrtschein ist diese Erkenntnis jedoch nicht.
UPDATE vom 8. Januar 2014: Im Zusammenhang mit der Abmahn-Welle für Porno-Konsumenten hat das Justizministerium Anfang Januar gegenüber "Spiegel Online" erklärt, dass es Streaming für unbedenklich hält. Konkret schrieb das Justizministerium an die Redaktion des Magazins, dass die Regierung "das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung" halte. Auf eine entscheidende Einschränkung wird jedoch hingewiesen: Eine höchstrichterliche Entscheidung liegt dazu noch nicht vor.
EuGH-Urteil: Ist Streaming doch legal?
UPDATE vom 04.09.2014: Auch der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. Juni 2014 entschieden, dass Streaming, also das bloße Betrachten einer Website ohne Herunterladen der Inhalte, legal ist. Denn der Urheber eines Werkes hat nur das Recht über die Vervielfältigung zu entscheiden.
Da es sich für den Betrachter eines Live-Streams aber nur um eine vorübergehende Vervielfältigung handelt, greift hier wieder der Paragraph 44a des Urheberrechtsgesetzes (siehe oben). Dieser besagt, dass "vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen" ausnahmsweise zulässig sind. Somit findet beim Streaming keine Urheberrechtsverletzung statt.
Überträgt man dieses Urteil auf Internet-Seiten, die beispielsweise Live-Streams von Fußballspielen anbieten, wäre die logische Konsequenz, dass auch das Betrachten dieser Inhalte legal ist.
Doch Achtung: Das ist nur der Fall, wenn es sich bei dem jeweiligen Stream um eine rechtmäßige Nutzung handelt, d.h. die Inhalte beispielsweise der Live-Streams legal zur Verfügung gestellt werden. Nur dann gilt die Ausnahmeregelung von §44a des UrhG. Bei rechtswidrig verbreitetem Content ist das nicht der Fall!
Da allerdings bei vielen Streaming-Angeboten für den User nicht ersichtlich ist, ob die Frage der rechtmäßigen Nutzung geklärt ist, wäre ein richterliches Urteil, ob auch hier §44a gültig ist, wünschenswert. Der europäische Gerichtshof äußert sich in seinem Urteil allerdings nicht zu diesem Punkt. Somit ist auch weiterhin die rechtmäßige Nutzung von Inhalten Grundvoraussetzung für die Gültigkeit von Paragraph 44a.
Fazit: Wer offensichtlich rechtswidrige Inhalte konsumiert, als Beispiel soll hier das Streaming von illegalen oder illegal erlangten Quellen dienen (kinox.to), verstößt gegen das Urheberrecht und macht sich strafbar. Für das Streamen von Inhalten, die nicht klar als illegal ersichtlich sind, fehlt weiterhin ein richtungsweisendes Urteil. Hier ist die Rechtslage immer noch umstritten.
kim
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