2012: Große Reform gegen den Ärztemangel

Berlin - Die Bundesregierung will sicherstellen, dass Patienten auch künftig überall in Deutschland einen Arzt in ihrer Nähe finden. Dies sei das Ziel der nächsten Gesundheitsreform.
Die Reform soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten, so heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Landärzte sollen künftig besser verdienen. Außerdem soll der Zugang zum Medizinstudium erleichtert werden. Mit einer Finanzspritze des Bundes sollen mehr Studienplätze entstehen. Entsprechende Vorschläge für ein “Versorgungsgesetz“ legte das Gesundheitsministerium nach einer ersten Verhandlungsrunde mit Experten der Fraktionen von Union und FDP vor.
Allerdings gibt es zwischen den Koalitionspartnern und vor allem mit den Ländern noch erheblichen Klärungsbedarf. Ein Gesetzentwurf wird wohl frühestens im Frühjahr vorliegen und dann im Lauf des Jahres beraten werden. Experten schätzen, dass in den nächsten Jahrzehnten bundesweit bis zu 20.000 Ärzte fehlen.
Zum einen gehen viele Mediziner in absehbarer Zeit in den Ruhestand, zum anderen wächst der Bedarf wegen der alternden Bevölkerung, während der Zugang zum Medizinstudium weiter scharf begrenzt ist. In einigen Regionen gibt es bereits Ärztemangel, allerdings hauptsächlich, weil in Städten zu viele und auf dem Land zu wenige Mediziner praktizieren wollen.
Finanzielle Anreize
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will nun den Bedarf und die Zahl der fehlenden Ärzte vor Ort genauer feststellen lassen. Die sogenannte Bedarfsplanung von Kassenärzten und Krankenkassen will er - anders als CDU und CSU - aber nicht verfeinern, sondern stattdessen über finanzielle Anreize Ärzte aufs Land locken. Die Deckelung der Honorare, die bundesweit gilt, will er deshalb für Landärzte aufheben.
Daneben will das Gesundheitsministerium an sehr vielen kleinen Schrauben im komplexen Gesundheitssystem drehen, um die bundesweit flächendeckende Versorgung auch bei schrumpfender und immer älter werdender Bevölkerung zu sichern. Unter anderem sollen Ärzte mehr “Zweigpraxen“ gründen dürfen. Auch sollen sie Aufgaben zum Beispiel an Gemeindeschwestern abtreten können. Bei der Zulassung zum Medizinstudium soll der gute Schnitt im Abitur eine geringere Rolle spielen als bisher. Stattdessen soll zum Beispiel ein freiwilliges Soziales Jahr Pluspunkte bringen. Darüber hinaus will Rösler Stipendienprogramme oder Quoten für künftige Landärzte etablieren.
Willen zur Einigung
Um die Länder zur Schaffung von zusätzlichen Medizinstudienplätzen zu bewegen, befürwortet Rösler eine “befristete Beteiligung des Bundes an den Kosten“, die grundsätzlich die Länder zu tragen haben. Außerdem drängt er die Länder, mehr Ausbildungskapazitäten an Krankenhäusern zur Verfügung zu stellen - gerade auf dem Land. Denn wer auf dem Land seine Ausbildung mache, sei eher für die Arbeit dort zu begeistern als ein Arzt, der aus der Großstadt umziehen müsste, lautet die Begründung. Außerdem will Rösler die Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern stärken, um Löcher in der Versorgung zu stopfen. Allerdings sind ähnliche Versuche in den vergangenen Jahren immer wieder an Rangeleien beider Sektoren und vor allem an Vergütungsfragen gescheitert.
Nun sollen vor allem bei spezialisierten Leistungen zur Behandlung schwerer Krankheiten wie Krebs oder schwerer Herzkrankheiten die starren Sektorengrenzen durchlässiger werden. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn erklärte nach den ersten Verhandlungen mit Rösler, noch seien viele Punkte offen. “Es gibt den gemeinsamen Willen, nun zügig zu einer Einigung zu kommen“, meinte der CDU-Politiker: “Ziel ist bei der ärztlichen Versorgung die richtige Balance zwischen Steuerung und wettbewerblichen Anreizen, um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen.“
dapd