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Abgeordnete: Parlamentseröffnung auch ohne Karsai

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Kabul - Vor vier Monaten wurde das Parlament in Kabul gewählt, und noch immer sind die Abgeordneten nicht zusammengekommen. Präsident Karsai verschiebt die Eröffnung immer weiter nach hinten. Parlamentarier wollen nun den Aufstand proben.

Zwischen den Gewinnern der Parlamentswahl in Afghanistan und Präsident Hamid Karsai bahnt sich ein massiver Konflikt an. Die prominente Abgeordnete Fousia Kofi sagte am Donnerstag nach einem Treffen mit Kollegen, eine große Mehrheit der Abgeordneten wolle an diesem Sonntag notfalls auch ohne Karsai zur konstituierenden Sitzung im Parlament in Kabul zusammenkommen.

Das ist Afghanistan

Karsai hatte die Eröffnung am Mittwoch um mehr als einen Monat verschoben. Nach der afghanischen Verfassung eröffnet der Präsident die Sitzung der Nationalversammlung. Das Parlament war bereits im vergangenen September gewählt worden. Kofi sagte: “Es ist Karsais Aufgabe, das Parlament zu eröffnen, und er nimmt seine Verantwortung nicht wahr. Aber wir haben auch Verantwortung vor der Nation, und eine davon ist, im Parlament zu sein.“

Ein Abgeordneter, der anonym bleiben wollte, sagte dagegen, er und rund 70 andere der insgesamt 249 Parlamentarier wollten auf die Eröffnung durch Karsai in einem Monat warten. “Wir wollen keine neuen Probleme für unser notleidendes Land schaffen“, sagte er.

Mit der Verschiebung war Karsai der Forderung eines von ihm selber eingesetzten Sondertribunals des Verfassungsgerichts nachgekommen. Die erste Sitzung der bereits im September gewählten Volksvertreter soll nach Angaben des Präsidentenpalastes nun am 22. Februar stattfinden. Der Vorsitzende des Sondertribunals, Sedikullah Hakik, hatte erklärt, seine Mitarbeiter bräuchten noch mindestens einen Monat Zeit, um Beschwerden über die Wahl zu klären.

Nach dem afghanischen Wahlgesetz ist dafür allerdings die Wahlbeschwerdekommission (ECC) zuständig, die massenhaft Betrugsvorwürfe untersucht und der unabhängigen Wahlkommission (IEC) ihre Ergebnisse mitgeteilt hatte. Die IEC wertete daraufhin rund ein Viertel der mehr als fünf Millionen Stimmen nicht. Sie erkannte außerdem 24 Bewerbern den vorläufigen Wahlsieg wieder ab, bevor sie - wie gesetzlich vorgesehen - ein amtliches Endergebnis verkündete. IEC und ECC verweigern die Zusammenarbeit mit dem Sondertribunal und verweisen auf ihre Zuständigkeit. Die Internationale Gemeinschaft ist dafür, das Ergebnis trotz aller Unregelmäßigkeiten zu akzeptieren.

Wegen der schlechten Sicherheitslage besonders im Süden und Osten des Landes konnten zahlreiche Menschen nicht wählen gehen. In diesen Regionen dominieren die Paschtunen, denen auch Karsai angehört. Er baut auf die Unterstützung durch diese größte Volksgruppe im Land. Nach Ansicht der Befürworter von Neuwahlen sind Paschtunen im neuen Parlament unterrepräsentiert. Viele der nicht gewerteten Stimmen waren aus paschtunischen Gegenden.

dpa

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