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Ägypten-Krise: Toter bei Freitagsprotesten

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Wasserwerfer
Mit Wasserwerfern sind Polizisten auf die Demonstranten in Kairo losgegangen. © ap

Kairo - Bei den heftigen Freitagsdemonstrationen in Kairo hat es mindestens einen Toten gegeben. Mehrere Menschen seien verletzt worden, meldete der Sender Al Dschasira. Zudem wurde die Abschaltung von Mobilfunknetzen angeordnet.

Der Sender zitierte einen seiner Korrespondenten, wonach es auf dem Moneim-Riyad-Platz gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben habe. Den Berichten zufolge blockierten Sicherheitskräfte auch den nahen Tahrir-Platz.

Die ägyptische Polizei ist in Kairo mit Gummigeschossen, Tränengas und Wasserwerfern gegen Tausende Demonstranten vorgegangen, die nach den Freitagsgebeten gegen die fast 30-jährige Herrschaft von Staatspräsident Husni Mubarak protestierten. Die Polizei setzte auch Wasserwerfer gegen Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei und seine Anhänger an, die sich den Protesten angeschlossen hatten. Gegen einige seiner Anhänger, die ElBaradei schützen wollten, wurden auch Schlagstöcke eingesetzt. Internet und Mobilfunkverbindungen waren unterbrochen.

Der kürzlich in seine Heimat zurückgekehrte ElBaradei, ehemals

Blutige Massenproteste in Ägypten

Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), und seine Anhänger schlossen sich den Demonstrationen nach dem Freitagsgebet an. Von Wasserwerfern getroffen, zog sich ElBaradei in eine Moschee zurück. Sie wurde von Sondereinsatzkräften der Polizei belagert. In umliegenden Straßen feuerten die Beamten Tränengas ab, so dass niemand die Moschee verlassen konnte. Die Tränengasbehälter setzten mehrere Autos in Brand, mehrere Menschen erlitten Verbrennungen.

Unterstützt wurden die Proteste auch von der größten Oppositionsbewegung, der Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft erklärte, fünf ihrer Führer und fünf frühere Abgeordnete, aber auch viele normale Mitglieder seien festgenommen worden. Proteste wurden auch aus Alexandria, Minja, Assiut und Al Arisch gemeldet.

Abschaltung von Mobilfunknetzen angeordnet

Die vier großen Internetprovider - Link Egypt, Vodafone/Raya, Telecom Egypt und Etisalat Misr - stoppten den Datenverkehr kurz nach Mitternacht. Die Störung hielt bis zum Vormittag an, auch SMS-Dienste waren gestört. Nach Angaben von Vodafone ordneten die Behörden die Abschaltung des Mobilfunknetzes in bestimmten Teilen des Landes an. Davon seien alle in Ägypten tätigen Mobilfunkkonzerne betroffen. Nach ägyptischem Recht könnten die Behörden dies anordnen.

Seit den frühen Morgenstunden war der Internetzugang in Ägypten weitgehend abgeschaltet. Damit versuchten die Behörden offenbar, die Organisation von Protesten zu erschweren. Ägypter im Ausland gaben aber weiter nach Telefonaten mit Angehörigen oder Freunden Updates über Twitter heraus. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter haben eine wichtige Rolle bei Information und Koordination der Proteste gegen Mubarak gespielt - ähnlich wie in Tunesien, wo Präsident Zine El Abidine Ben Ali nach 23 Jahren autoritärer Herrschaft am 14. Januar vor einer Volksbewegung ins Exil floh.

Die wichtigste Frage in Ägypten dürfte sein, ob es der zersplitterten Opposition gelingt, sich zu einen. Die Proteste schienen am Donnerstag an Schwung zu gewinnen, nachdem die Muslimbruderschaft ihre Unterstützung bekundet hatte und ElBaradei nach Ägypten zurückgekehrt war.

Der 82-jährige Mubarak ist seit den ersten Demonstrationen am vergangenen Dienstag nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten. Damals gingen in Kairo und anderen Städten Zehntausende gegen den Präsidenten auf die Straße. Am Donnerstag eskalierte außerhalb der Hauptstadt die Gewalt. In Suez steckten Demonstranten eine Feuerwache in Brand und plünderten Waffen, die sie gegen Polizisten richteten. Im nördlichen Sinai bei Scheik Suweid gab es einen Schusswechsel zwischen mehreren hundert Beduinen und Polizisten, ein 17-Jähriger wurde dabei getötet. 

Obama mahnt Reformen in Ägypten an

US-Präsident Barack Obama mahnte in einem vom Videoportal YouTube übertragenen Interview politische und wirtschaftliche Reformen in Ägypten an. Er nannte das nordafrikanische Land einen wichtigen Verbündeten. Obama erklärte jedoch auch, die Demonstrationen gegen die ägyptische Regierung in den vergangenen Tagen zeigten die Unzufriedenheit der Bevölkerung. “Es ist ausgesprochen wichtig, dass die Menschen über die Möglichkeit verfügen, berechtigte Beschwerden zu äußern“, sagte Obama. “Präsident Mubarak war sehr hilfsbereit bei zahlreichen schwierigen Themen im Nahen Osten“, sagte Obama. “Aber ich habe ihm auch immer gesagt, dass politische und wirtschaftliche Reformen entscheidend für das langfristige Wohl Ägyptens sind.“

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Internetzensur in Ägypten. Ban sagte, er habe die Vorkommnisse in Tunesien, Ägypten und Jemen verfolgt. “Ich glaube, eines der obersten Gebote der Demokratie sollte der Schutz der Redefreiheit der Bürger sein.“

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), kritisierte das gewaltsame Vorgehen der ägyptischen Polizei gegen Demonstranten. Er sprach am Freitag in Berlin von einem Schlag ins Gesicht für alle, die für Menschen- und Bürgerrechte in Ägypten eintreten. “Ich fordere die ägyptische Führung auf sicherzustellen, dass keine weitere Gewalt gegen Demonstranten angewendet wird. Die Menschen in Ägypten nehmen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahr.“

dapd

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