AfD-Abgeordnete zeigen eigene Chefin an - einer warnt: „Fraktion zerfällt“ - heute soll es knallen

Weil Katrin Ebner-Steiner vertrauliche E-Mails im Internet veröffentlicht haben soll, haben Abgeordnete Strafanzeige gegen die bayerische AfD-Fraktionschefin gestellt.
München – Es zeichnete sich seit Wochen ab, jetzt ist der Streit in der bayerischen AfD-Fraktion endgültig eskaliert. Eine Gruppe von acht Abgeordneten hat nun bei der Staatsanwaltschaft München eine Strafanzeige gegen Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner gestellt. Das bestätigten mehrere AfD-Abgeordnete dem Münchner Merkur. Sie werfen der Niederbayerin vor, interne Mails im Internet veröffentlicht zu haben. Neuwahlen des Fraktionsvorstands, hieß es gestern, seien nun unausweichlich.
Katrin Ebner-Steiner: Interne Mails zirkulieren in AfD-Facebook-Gruppe
Teile der 20-köpfigen Fraktion sind seit Langem unzufrieden mit Ebner-Steiner. Sie kritisieren vor allem ihren autoritären und teils chaotischen Führungsstil. Deshalb arbeiteten unter anderem die oberbayerischen Abgeordneten Uli Henkel und Franz Bergmüller intern darauf hin, eine Mehrheit für die Neuwahl des Vorstands zu organisieren. Ihre Mails fanden sich aber bald in einer AfD-internen Facebook-Gruppe mit etwa 500 Mitgliedern wieder. Ebner-Steiner hatte sie offenbar veröffentlicht.
Die Fraktionschefin äußerte sich gestern nicht zu der Strafanzeige. Dass es langsam eng für sie wird, dürfte sie aber ohnehin wissen. Eine Vertrauensabstimmung ging zuletzt mit 10 zu 10 Stimmen – ihre eigene zählt natürlich mit – denkbar knapp aus. Im Anschluss sprach sie aber nur von einem „Klärungsprozess“ in der Fraktion und sagte, sie sei „zuversichtlich, dass wir zu offenen Fragen Lösungen finden werden“.
Bayerische AfD-Fraktion droht zu zersplittern
Die Lösung könnte nun schneller kommen als gedacht. „Eine weitere Zusammenarbeit ist jetzt völlig ausgeschlossen“, sagte die oberbayerische Abgeordnete Anne Cyron dem Münchner Merkur. „Es wäre nur anständig, wenn der Vorstand zurücktreten würde. Wir sollten möglichst bald neu wählen.“ Cyron spricht von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis und fürchtet um den Zusammenhalt der Landtags-AfD. „Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Fraktion über kurz oder lang in Gruppen zerfällt.“
Und dann? Zwei AfD-Fraktionen kann es nicht geben. Abtrünnige müssten ihr Mandat als Fraktionslose weiter ausüben oder sich einer anderen Partei anschließen. Es wäre nicht das erste Mal. Ex-Fraktionschef Markus Plenk und Raimund Swoboda haben sich schon von der Fraktion losgesagt. Im Münchner Stadtrat indes wechselte Andre Wächter erst von der AfD zu den Liberal-Konservativen Reformern und schließlich zur Bayernpartei.
Katrin Ebner-Steiner: Ihre ungemäßigte Gesinnung schade der AfD in Bayern
Das Misstrauen gegenüber Ebner-Steiner ist auch Ausdruck eines größeren Machtkampfs in der AfD. Die Niederbayerin zählt sich zum völkisch-nationalen „Flügel“ um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Bayerns AfD-Schiedsgericht hatte die vor allem in Ostdeutschland tonangebende Gruppe am Wochenende als Konkurrenz zur AfD und schädlich für die Gesamtpartei bezeichnet.
Höcke sucht derweil immer offener die Konfrontation mit Gemäßigten in der AfD. Nachdem sich am Wochenende Nordrhein-Westfalens AfD-Vorstand zerlegt hatte, zog er bei Facebook und Twitter über „andere Verbände“ her, die sehr damit beschäftigt seien, „sich als Partei selbst zu zerfleischen“. Der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge antwortete betont scharf. Das sei sehr scheinheilig, schrieb er. „Es sind Deine Leute, die in anderen Landesverbänden die Zusammenarbeit unerträglich machen.“
Katrin Ebner-Steiner: Parteikollege appelliert
Bayerns AfD-Fraktion trifft sich heute zu ihrer nächsten Sitzung. Ob und wie stark es bei dieser Gelegenheit scheppert, ist ungewiss. „Frau Ebner-Steiner hat genug Signale bekommen, über ihre Person nachzudenken“, sagt der Abgeordnete Andreas Winhart, der auch zur Gruppe der Unzufriedenen gehört. „Ich glaube aber nicht, dass sie die Zeichen versteht.“ Für eine Neuwahl des Vorstands bräuchte es eine Zweidrittel-Mehrheit. Aber die war selbst nach dem Mail-Affront nicht in Sicht.
Provokation gehört zur Kernkompetenz der AfD. Doch das jüngste Bild, das im Namen der Partei gepostet wurde, entsetzt selbst ihre Anhänger.
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