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Nach Affäre um Giftanschlag: Nawalny kehrt nach Moskau zurück

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Lange war offen, wann Kremlgegner Nawalny nach Moskau zurückkehrt. Die russischen Behörden ermitteln gegen ihn. Er lässt sich davon nicht einschüchtern.

Update vom Mittwoch, 13.1.2021, 10.00 Uhr: Der nach einem Giftanschlag in Deutschland behandelte russische Oppositionelle Alexej Nawalny hat für den kommenden Sonntag seine Rückkehr nach Russland angekündigt. Er werde am 17. Januar nach Russland fliegen, erklärte Nawalny am Mittwoch im Online-Dienst Instagram.

Auf Nawalny war im August vergangenen Jahres in Sibirien ein Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe verübt worden; anschließend wurde er nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt.
 

Vergiftung des Oppositionellen: Nawalny wegen Verleumdung verklagt

Update vom Mittwoch, 23.12.2020, 10.15 Uhr: Der als „Putins Koch“ bekannte Catering-Unternehmer Jewgeni Prigoschin hat gegen den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny eine Klage wegen Verleumdungsvorwürfen eingereicht. Ein Moskauer Gericht veröffentlichte die Klageschrift, die sich auch gegen den engen Nawalny-Verbündeten Wladimir Milow richtet, am Dienstag auf seiner Website.

Das Gericht teilte der russischen Nachrichtenagentur Tass mit, Prigoschin fordere fünf Millionen Rubel (knapp 55.000 Euro) Schadensersatz. Der 59-jährige Prigoschin ist als „Putins Koch“ bekannt, da seine Catering-Firma Concord für den Kreml gekocht hat.

In der Klage geht es um ein Video, das am 27. Oktober auf Nawalnys Kanal auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht wurde. Darin wirft der ehemalige Vize-Energieminister und Nawalny-Verbündete Wladimir Milow dem Kläger vor, Minderjährige zu Prostitution gebracht zu haben, und beschreibt ihn als „Banditen, der für Putin für alle möglichen schlechten Taten“ erledige. Nawalny selbst erscheint in dem Video nicht.

Giftanschlag auf Alexej Nawalny: Russland verhängt Sanktionen gegen Deutschland

+++ 13.15 Uhr: Russland wirft dem Moskauer Oppositionspolitiker Alexej Nawalny „Größenwahn“ und „Verfolgungswahn“ vor. „So muss man sich wahrscheinlich dazu verhalten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Alexej Nawalny hatte am Montag (21.12.2020) mitgeteilt, ein Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB habe ihm gegenüber eingeräumt, an dem Anschlag auf ihn beteiligt gewesen zu sein. Nawalny veröffentlichte zudem ein Transkript und einen Mitschnitt des mehr als 45-minütigen Telefonats. Der FSB bezeichnete den Telefonanruf als „Provokation“, die nicht ohne die „Hilfe ausländischer Geheimdienste“ möglich gewesen wäre. Der FSB solle dadurch „diskreditiert“ werden, der von Nawalny veröffentlichte Mitschnitt sei „gefälscht“ (siehe auch Update 10.15 Uhr).

Dieses vom Kreml herausgegebene Handout zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, der eine Militärübung am Schwarzen Meer beobachtet.
Dieses vom Kreml herausgegebene Handout zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, der eine Militärübung am Schwarzen Meer beobachtet. © Alexei Druzhinin/dpa

Peskow sagte, Nawalny versuche mit seinen Veröffentlichungen, dem Ansehen des FSB zu schaden. „Der FSB erfüllt nach der Verfassung eine sehr wichtige Rolle: Er schützt uns vor Terrorismus, vor Extremismus und vor verschiedenen tödlichen Gefahren“, so Peskow. „Diese Rolle erfüllt der FSB sehr gut und sehr effektiv.“ Politologen hingegen nannten Nawalnys Veröffentlichungen eine beispiellose Bloßstellung des FSB.

Unterdessen hat Russland hat Einreisesperren gegen Vertreter des deutschen Regierungsapparats verhängt. Das wurde der Geschäftsträgerin der deutschen Botschaft in Moskau, Beate Grzeski, bei einem Gespräch im russischen Außenministerium mitgeteilt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Auswärtigen Amt in Berlin erfuhr. Damit reagiert Moskau auf die Sanktionen, die die EU wegen des Giftanschlags auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny verhängt hat. Die Namen der betroffenen Personen wurden nicht mitgeteilt. Sie erfahren von der Sanktion erst bei Einreise nach Russland.

Schon Mitte November hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow die Gegenmaßnahmen angekündigt: „Weil Deutschland die Lokomotive war für die Sanktionen der EU im Zusammenhang mit Nawalny und weil die Sanktionen leitende Mitarbeiter der russischen Präsidialverwaltung betreffen, wird unsere Antwort spiegelgerecht ausfallen.“

Giftanschlag auf Alexej Nawalny: Russland verhängt Sanktionen

+++ 11.00 Uhr: Als Reaktion auf EU-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat Moskau Einreiseverbote für mehrere Vertreter aus EU-Staaten verhängt. Das russische Außenministerium teilte mit, als Reaktion auf „konfrontative“ EU-Maßnahmen habe es beschlossen, „die Liste von Vertretern von EU-Mitgliedstaaten zu verlängern, denen die Einreise in die Russische Föderation untersagt wird“. Die EU hatte im Oktober Sanktionen gegen russische Funktionäre verhängt, weil nach ihrer Einschätzung der Giftanschlag auf Nawalny nicht ohne das Wissen und die Genehmigung staatlicher russischer Stellen hätte stattfinden können.

Update vom Dienstag, 22.12.2020, 10.15 Uhr: Das russische Außenministerium hat hochrangige Diplomaten aus mehreren EU-Staaten einbestellt, um sein Missfallen über den Umgang dieser Länder mit dem Giftanschlag auf den Oppositionsführer Alexej Nawalny zu bekunden. Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete, Diplomaten aus Deutschland, Frankreich und Schweden seien im Außenministerium in Moskau eingetroffen. 

Kremlgegner Nawalny
Kremlgegner Alexej Nawalny hat nach eigenen Angaben mit dem mutmaßlichen Täter telefoniert. © Navalny Instagram Account

Zuvor hatte der russische Inlandsgeheimdienst FSB ein Telefonat des Kremlkritikers Alexej Nawalny mit einem mutmaßlichen Attentäter als Fälschung bezeichnet. Das Gespräch, in dem der angebliche FSB-Mann die Vergiftung Nawalnys im Sommer einräumt, sei eine „geplante Provokation zur Diskreditierung des russischen FSB“, teilte der FSB nach Angaben der Staatsagentur Ria Nowosti mit. Es würden Ermittlungen eingeleitet.

Die Reaktion von Alexej Nawalny auf die FSB-Empörung kam denn auch prompt: „Hahahahaha“, schrieb er auf Twitter. Auch andere Twitter-User sparten nicht an Spott: „Putin, gib die Unterhose zurück“, hieß es auf einem Account. Eine andere Nutzerin schrieb, dass Wladimir Putin als Wiederhersteller der Weltmacht Russland in die Geschichte habe eingehen wollen, aber nun stattdessen der „Vergifter der Höschen“ sei.

Giftanschlag auf Alexej Nawalny: Agent gesteht

Erstmeldung vom 21.12.2020: Wer ist für den Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny verantwortlich? Bis jetzt hat der russische Präsident Wladimir Putin jegliche Beteiligung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB weit von sich gewiesen. Doch nun hat anscheinend ausgerechnet ein beteiligter russischer Geheimdienstagent den Mordversuch eingeräumt. Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“, „Bellingcat“ und „The Insider“ offenbarte sich der Agent gegenüber Nawalny selbst in einem 49 Minuten langen Telefongespräch.

Alexej Nawalny
«Ein handfester terroristischer Akt»: Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa © Pavel Golovkin

Unter dem Titel „Ich habe meinen Mörder angerufen. Er hat gestanden“ veröffentlichte Nawalny auf Youtube den Mitschnitt eines Telefonats mit dem mutmaßlichen FSB-Agenten. Nawalny gab sich in dem Gespräch am 14. Dezember demnach als Assistent des Chefs des russischen Sicherheitsrats aus, um das Vertrauen des Mannes zu gewinnen.

Dabei besprachen sie Details zum Mordversuch. Demnach haben die Attentäter das Nervengift Nowitschok auf der Innenseite einer Unterhose Nawalnys aufgebracht.  FSB-Mann Konstantin Kudrjawzew beschreibt weiter, dass sowohl er als auch ein weiterer Agent nach Nawalnys Zusammenbruch nach Omsk geflogen seien, um dort restliche Kleidungsstücke Nawalnys einzusammeln und Spuren des Gifts zu beseitigen.

Nawalny hatte zuvor schon mehrere mutmaßliche FSB-Agenten namentlich und mit Foto in einem Video beschuldigt, sie hätten auf ihn im August einen Anschlag mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe verübt. Der chemische Kampfstoff ist international verboten. Als Reaktion darauf hatte der russische Präsident Wladimir Putin scharf reagiert. „Wer ist er schon? Wenn das jemand gewollt hätte, dann hätte er das auch zu Ende geführt“, sagte der Kremlchef bei seiner Jahrespressekonferenz.

Giftanschlag auf Alexej Nawalny: Behandlung in Deutschland

Nawalny war am 20. August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zwei Tage später wurde der 44-Jährige, noch im Koma liegend, zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht. (red/cs mit dpa/afp)

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