Nun ist der bekannte DDR-Schlager nach 16 Jahren Merkel-Regierung Teil des höchsten militärischen Zeremoniells der Bundesrepublik. Dieses gibt es bei ihrer Verabschiedung für Kanzlerinnen und Kanzler, Bundespräsidenten, Verteidigungsminister, Generäle und Admirale.
Der heute gebräuchliche Ablauf wird erstmals 1838 in Berlin aufgeführt. Dazu gehört etwa, dass der Zapfenstreich immer abends im Fackelschein stattfindet. Gespielt wird dabei eine historisch festgelegte Musikfolge, an deren Ende die Nationalhymne steht. Allein die sogenannte Serenade nach dem Aufmarsch kann variabel gestaltet werden. Die Geehrten dürfen dafür drei Stücke ohne besondere Vorgaben selbst wählen. Die jeweiligen Wünsche - etwa Pop-Hits - werden dann für das Militärorchester umgeschrieben, das aus etwa einem Dutzend verschiedener Blasinstrumente und mehreren Schlagwerken besteht.
„Vor zwanzig Jahren hat man sich sicher andere Stücke gewünscht“, sagt Hauptmann Jürgen Albrecht vom Zentrum Militärmusik der Bundeswehr. Vor der Jahrtausendwende sind es vor allem Märsche, die auch während der Serenaden gespielt werden. Zuletzt gibt es jedoch häufiger Modernes zu hören. „Wir als professionelles Orchester der Bundeswehr gehen auf diese Wünsche ein und setzen sie um.“
Bundespräsident Joachim Gauck etwa wählte bei seinem Abschied den DDR-Rocksong „Über sieben Brücken musst du gehn“ von Karat, sein Vorgänger Christian Wulff den Judy-Garland-Hit „Over The Rainbow“.
Wie sehr ein Zapfenstreich ans Herz geht, zeigte sich bei Merkels Vorgänger Gerhard Schröder. Nach „Summertime“ aus George Gershwins Oper „Porgy and Bess“ und Kurt Weills „Moritat von Mackie Messer“ aus Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ setzte ein Trompeter zu Frank Sinatras „My Way“ an - was den Kanzler zu Tränen rührte.
Vor allem aus dem Verteidigungsministerium kamen zuletzt ungewöhnliche Wünsche: Franz Josef Jung lauschte der gediegenen Andrea-Bocelli-Schmonzette „Time To Say Goodbye“, während es bei Karl-Theodor zu Guttenberg mit der Deep-Purple-Hardrock-Hymne „Smoke On The Water“ etwas heftiger zur Sache ging. Thomas de Maizière ließ alle Scheu fahren und das Musikkorps den 1980er-Gassenhauer „Live Is Life“ der österreichischen Popgruppe Opus aufspielen. Die heutige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wählte etwa „Wind Of Change“ der Scorpions bei ihrem Abschied aus dem Bendlerblock.
Nun also der „Farbfilm“. Das Lied triefe vor Ironie, schreibt Hagen in ihrer Autobiografie. Es atme „das giftige Grau von Bitterfeld und die Tristesse von Leipzig“, es spiele „im Milieu einer irren Sehnsucht danach, dieser Schwarzweißwelt zu entfliehen“.
Beim Zapfenstreich ist freilich nur eine Instrumentalversion zu hören. Das Kantig-Schroffe des Originals wird dabei wohl verloren gehen. Bleibt abzuwarten, ob es wie über die Nina im Lied auch über Merkel heißen könnte: „Die Tränen kullern heiß.“ Vor dem Corona-Gipfel am Donnerstag wurde die Beschlussvorlage bekannt. (dpa)