Eskalation in den USA: ARD-Korrespondent erkennt Washington nicht wieder
ARD-Korrespondent Stefan Niemann kritisiert im Tagesthemen-Kommentar das Verhalten Donald Trumps scharf. Dessen Ideen seien „Wahnsinn.“
- Nach dem Tod von George Floyd gehen in den USA Hunderttausende auf die Straße.
- Die Menschen demonstrieren gegen Polizeigewalt und Rassismus - US-Präsident Donald Trump* setzt das Militär ein.
- ARD-Korrespondent Stefan Niemann kritisiert den Präsidenten für dessen Vorgehen - und bezweifelt, dass seine Taktik Erfolg haben wird.
Washington - Die Bilder, die einen gerade aus der US-Hauptstadt Washington erreichen, gleichen denen einer Filmkulisse. Martialisch läuft da die Polizei im Vollmontur auf, in den Straßen fahren gepanzerte Militärfahrzeuge umher. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd*, der bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben kam, demonstrieren in den USA Hunderttausende gegen Polizeigewalt und Rassismus. Auch in der US-Hauptstadt kam es in den vergangenen Tagen zu größeren Protesten. „So habe ich diese Stadt noch nie erlebt“, kommentiert hierzu der Washington-Korrespondent der ARD, Stefan Niemann. Die Hauptstadt wirke wie eine Festung einer autoritären Staatsmacht.

ARD-Kommentar zu Donald Trump: Zweifel am Erfolg der Taktik gegen George-Floyd-Demonstrationen in Washington
Dabei habe US-Präsident Donald Trump* schon angekündigt, das Militär einzusetzen*. Trumps „gewaltiges aber äußerst empfindliches Ego hat wohl nicht überwunden, dass ihn der Secret Service angesichts der wütenden Demonstranten in den sicheren Bunker des Weißen Hauses drängte.“ Der US-Präsident wurde umgehend als Feigling verspottet. „Sowas lässt Donald Trump* nicht auf sich sitzen“, meint Niemann. Der Präsident sei überzeugt, er werde nur als knallharter Verfechter von Law and Order wiedergewählt.
Doch Niemann bezweifelt den Erfolg dieser Taktik*: Die Idee, weitestgehend friedliche Proteste mit dem Militär befrieden zu wollen, bezeichnete er als „Wahnsinn“. Trump leide „unter gefährlichstem Realitätsverlust“, für seine Wiederwahl* erschüttere er rücksichtslos die Säulen der amerikanischen Demokratie.
„Doch endlich“, so kommentiert Niemann, „fährt ihm einer seiner Minister in die Parade.“ Der Verteidigungsminister Mark Esper hatte den Einsatz der Streitkräfte auf Demonstrationen kritisiert. Das Militär sei nicht die „Präsidentenpolizei“. Trump werde das nicht auf sich sitzen lassen - und Esper feuern, vermutet der ARD-Korrespondent. Trump müsse ja weiterhin den starken Mann markieren.
George-Floyd-Proteste in den USA: ARD-Kommentar zu Donald Trumps Taktik wird im Netz gelobt
Dem Kommentar des ARD-Journalisten widerfährt in zahlreichen Kommentaren viel Lob. „Guter Kommentar, der es auf den Punkt bringt“, schreibt beispielsweise Petra Renkes auf Facebook. In der Krise zeige sich, wer ein guter Präsident sei. „Und wie schon bei Corona versagt Donald Trump* auf ganzer Linie.“ Der einzige, der Trump bisher widerspreche, sei Verteidigungsminister Espen. Renkes glaubt, ähnlich wie der ARD-Korrespondent, dass Espen seinen Job verlieren werde. „Aber ich hoffe inständig, dass es Donald Trump auch die Wiederwahl kostet.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußerte sich im Hinblick auf die Menschenansammlungen bei den Demonstrationen besorgt.
Auch der Münchner Merkur kritisiert den US-Präsidenten. Dessen Reaktion auf die Proteste sei höchst fragwürdig*: Dass Trump ein Spalter sei, wusste man schon vorher. Aber dass er so bereitwillig mit dem inneren Frieden im eigenen Land spielt, ist ein neuer Tiefpunkt.
Zu einem Eklat kam es bei einem Floyd-Protest im US-Bundesstaat New York. Dort stießen Polizisten einen älteren Demonstranten zu Boden, dieser wurde dabei schwer verletzte.
In einem ARD-Kommentar kritisierte Georg Restle die Absage der Racial-Profiling-Studie durch Horst Seehofer. Dieser sei eine „Fehlbesetzung“.
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