Asylverfahren dauern im Schnitt wieder länger
Nürnberg - Mehr als sieben Monate mussten Flüchtlinge im vergangenen Jahr im Schnitt auf die Entscheidung warten, ob sie bleiben dürfen. Damit sind die Verfahrensdauern gestiegen.
Die Asylverfahren in Deutschland dauern im Schnitt wieder länger. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) brauchte im vergangenen Jahr für die Bearbeitung eines Antrags durchschnittlich 7,1 Monate. Im Jahr zuvor waren es nur 5,2 Monate. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe darüber berichtet.
Im vierten Quartal 2016 lag die durchschnittliche Bearbeitungszeit sogar bei 8,1 Monaten. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, viele Schutzsuchende würden sogar jahrelang im Unklaren gelassen und zur Untätigkeit gezwungen. Denn im Schnitt müssten die Menschen auch noch ein halbes Jahr warten, bis sie überhaupt ihren Asylantrag stellen können. „Das ist für die Betroffenen völlig unzumutbar und für die Aufgabe ihrer Integration eine Riesenbürde.“ Ende 2016 waren laut der Statistik mehr als 113 000 Asylverfahren seit mehr als einem Jahr anhängig. Knapp 35 000 Geflüchtete warteten seit mehr als zwei Jahren auf eine Entscheidung.
Mehr „komplexe Altfälle“ an der Reihe
Das Ministerium begründet den Anstieg der Bearbeitungsdauer damit, dass inzwischen vermehrt komplexe Altfälle abgearbeitet würden. Anträge, die in den vergangenen sechs Monaten gestellt wurden, würden im Schnitt in 2,1 Monaten entschieden.
Überdurchschnittlich lange mussten im vergangenen Jahr Menschen aus Somalia (17,3 Monate) auf ihren Asylbescheid warten. Bei Türken waren es 16,3 Monate, bei Russen 15,6 Monate und bei Menschen aus Pakistan 15,5 Monate. Syrer bekamen ihren Bescheid im Schnitt nach 3,8 Monaten. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mussten 2016 im Schnitt 8,3 Monate auf eine Entscheidung warten.
132.000 Asylverfahren bei Gerichten anhängig
Im vergangenen Jahr kamen 36.000 Kinder und Jugendliche ohne ihre Eltern nach Deutschland. 8.486 minderjährige Flüchtlinge wurden an den Grenzen aufgegriffen. 649 von ihnen wurden von der Bundespolizei zurückgewiesen oder zurückgeschoben - vor allem an der Grenze zu Österreich. Vor allem junge Menschen aus Afghanistan (278) durften nicht nach Deutschland einreisen. Jelpke kritisierte diese Praxis als „unverantwortlich und rechtswidrig“.
Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, waren im November 2016 fast 132.000 Asylverfahren bei den Gerichten anhängig - mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
Nur 2,6 Prozent der Ausweise gefälscht
Rund 490.000 Dokumente von Asylsuchenden wurden 2016 überprüft. Davon hätten sich knapp 13.000 (2,6 Prozent) als ge- oder verfälscht erwiesen. Manche Flüchtlinge seien für ihre Flucht jedoch auf gefälschte Reisedokumente angewiesen. „Öffentliche Debatten über verbreitete Täuschungen haben somit keinerlei empirische Grundlage“, hieß es von der Linksfraktion.
Aufgrund einer Stichtagsregelung wurden 2016 noch immer knapp 143.000 Asylentscheidungen im schriftlichen Verfahren entschieden - die meisten davon also ohne persönliche Anhörung. 2015 waren es 106.000.
Ende Januar stapelten sich beim BAMF noch knapp 385.000 nicht entschiedene Verfahren. Behörden-Chefin Jutta Cordt hat angekündigt, dass der Berg bis Ende des Frühjahrs abgearbeitet sein soll.
dpa/fn