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Deutsche Staatsbürger tagelang in Bahrain festgehalten: „Das wünsche ich niemandem“

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Yusuf Al-Hoori (Abdullah) und Bahrains König Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa (r.).
Die Familie von Yusuf Al-Hoori (Abdullah) wurde in Bahrain festgehalten. Er gilt als großer Kritiker von Bahrains König Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa (r.). © fkn/IMAGO/ZUMA Wire (Montage)

Bahrain liegt im Demokratieindex auf Rang 144 von 167. Die Entscheidungsgewalt liegt vor allem beim Königshaus. Das betraf nun auch die Ausreise einer Familie aus Berlin.

Manama - Yusuf Al-Hoori steht auf einer Liste unerwünschter Personen in Bahrain. 2015 entzog ihm das bahrainische Königshaus die Staatsangehörigkeit. Dem Menschenrechtsaktivisten und 71 anderen Personen wird vorgeworfen, „den Interessen des Königshauses Schaden zugefügt und gegen die Loyalitätspflicht gegenüber dem Königreich gehandelt zu haben.“

Schon 2012 suchte Al-Hoori in Deutschland politisches Asyl. Er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Al-Hooris Frau und zwei Kinder besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft, die drei anderen Kinder nur die deutsche. Sie alle sind mit deutschen Pässen nach Bahrain eingereist, schildert Al-Hoori im Gespräch mit Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Jetzt wurden sie in Bahrain festgehalten.

Familie von Al-Hoori festgehalten: Bahrain wirft ihm „Terror“ vor

Al-Hooris Frau und Kinder reisten laut unserer Redaktion vorliegenden Flugtickets am 1. Juli von Berlin über Istanbul nach Bahrain. Die Rückreise war Mitte August geplant – wurde jedoch von den bahrainischen Behörden am internationalen Flughafen in Muharraq Island untersagt. Die Kinder sind zwischen fünf und 15 Jahre alt. Sie verpassten den Schulstart nach den Ferien. Die Entscheidung hängt vermutlich mit Al-Hooris Aktivismus zusammen.

Bahrain wirft ihm „Terroraktionen“ vor. Al-Hoori kritisiert das bahrainische Königshaus um König Scheich Hamad bin Isa Al Chalifa seit Jahren, er arbeitete unter anderem mit den Organisationen Human Rights Watch und Amnesty International zusammen. In seinen Berichten prangert er immer wieder die schlechte Menschenrechtslage in dem Wüstenemirat am Golf an.

Bahrain – kleiner Wüstenstaat am Golf

Laut Lara Farag von der Menschenrechtsorganisation Americans for Democracy and Human Rights in Bahrain (ADHRB) sind in Bahrain vor allem regimekritische Menschen von Repressalien betroffen – und zwar weitgehend grundlos. Möglich mache diese Härte des Staatsapparats ein undurchsichtiges Anti-Terror-Gesetz, mit dessen Hilfe sich im Grunde jede politische Aktivität als Terrorismus einstufen lasse, sagt sie Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Harte Strafen gibt es etwa für die „Beleidigung des bahrainischen Königs“ oder „Schmähung nationaler Symbole“. Wann hier der Straftatbestand erfüllt ist, regelt das bahrainische Königshaus selbst.

Im Falle Al-Hooris herrscht mittlerweile Klarheit. Am Montag (29. August) konnten Frau und Kinder das Emirat gen Berlin verlassen. „Um 2 Uhr in der Nacht konnten sie endlich aus Bahrain ausreisen“, sagt Al-Hoori im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es war eine sehr harte und schwere Zeit. Das wünsche ich niemandem.“ Der Menschenrechtsaktivist befürchtet, dass die bahrainischen Behörden seine Familie auch künftig „im Blick“ haben werden.

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Deutsche Politiker vermitteln bei Bahrain-Ausreise: „Willkür der Behörden“

Dass die Ausreise möglich wurde, liegt auch am Einsatz des Auswärtigen Amtes. Auf Initiative mehrerer Politiker von SPD, Grünen und Linke wurde die Bundesbehörde aktiv. Der SPD-Abgeordnete Rainer Keller zeigt sich „sehr erfreut über die Ausreise der Familie“ und versichert: „Im Hinblick auf die Menschenrechtslage in Bahrain suchen wir weiter den kritischen Dialog.“

Ähnlich äußert sich die Linkspolitikerin Gökay Akbulut. Sie sieht obendrein eine „katastrophale Menschenrechtslage“ in Bahrain. „Menschenrechtler werden verfolgt und verhaftet. Immer wieder wird von Folter und Misshandlungen berichtet. Rechtsstaatlichkeit gibt es in Bahrain nicht.“ Parteikollegin Zaklin Nastic, die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linken, spricht von „Willkür der bahrainischen Behörden“.

Bahrain: Linke kritisiert Baerbock-Ministerium und „skandalöse“ Politik

Verantwortlich für die Situation macht die Linke auch die westliche Politik, einschließlich die des grünengeführten Außenministeriums. Akbulut kritisiert den Westen dafür, die Lage nicht im Blick zu haben und meint: „Ein Grund für die Ignoranz könnten geopolitische Interessen sein.“ So habe die USA in Bahrain ihren größten Militärstützpunkt im Persischen Golf. „Diesen Militärstützpunkt möchten die USA und Ihre Nato-Partner wohl nicht riskieren.“ In den „Ausbürgerungen von Oppositionellen und Kritikern“ sieht sie „eine Strategie um die Macht zu sichern“.

Nastic wiederum kritisiert, das Auswärtige Amt habe zu spät reagiert. „Ich erwarte, dass im Auswärtigen Amt aufgearbeitet wird, warum der Familie – allesamt deutsche Staatsangehörige – aus der Botschaft nicht die gebotene Unterstützung zuteil geworden ist. Diese Frage muss gerade für das Haus von Außenministerin Baerbock, die das Mantra einer wertebasierten Außenpolitik vor sich herträgt, geklärt werden.“ Deutschland pflegt diplomatische Beziehungen zu Bahrain - und anderen Golfstaaten. Nastic meint: „Dass die Bundesregierung ihre Kontakte zu Staaten wie Bahrain, die die Menschenrechte mit Füßen treten, über die universellen Menschenrechte stellt, ist skandalös.“ Al-Hoori will sich an diesen Vorwürfen nicht beteiligen und zeigt sich im Gespräch dankbar über die Hilfe aus Deutschland. „Ich bin froh, dass meine Familie zurück ist.“ (as)

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