Berichte: Deutsche G36-Sturmgewehre in Libyen im Einsatz

Stuttgart/Berlin - Libysche Rebellen setzen Medienberichten zufolge deutsche G36-Gewehre ein. Die Waffen seien bei Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar (Baden-Württemberg) hergestellt worden.
Libysche Rebellen haben nach Medieninformationen bei ihrem Vormarsch zahlreiche G36-Sturmgewehre aus Deutschland erbeutet. Wie die “Stuttgarter Nachrichten“ (Mittwoch) und das ARD-Magazin “Kontraste“ berichteten, sind die Waffen von dem Rüstungsunternehmen Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar (Baden-Württemberg) hergestellt worden. Die Gewehre seien nach Augenzeugenberichten den Rebellen beim Sturm auf die Residenz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi vergangene Woche in Tripolis in großer Anzahl in die Hände gefallen.
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte in Berlin, es gebe “noch keine gesicherten Erkenntnisse“ darüber, auf welchem Weg die Waffen nach Libyen gelangt sein könnten. Die Bundesregierung werde dem zusammen mit der neuen libyschen Regierung nachgehen. Auf die Frage, ob Angehörige des Bundesnachrichtendienstes unter Gaddafi in Libyen als Ausbilder tätig gewesen seien, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert: “Ich kann Ihnen darüber keine Auskunft geben.“
Das G36 ist das Standardgewehr der Bundeswehr. Die in Libyen aufgetauchten Sturmgewehre seien vom Typ G36 KV, ein für Spezialeinheiten hergestelltes Modell mit verkürztem Lauf, hieß es. Unklar sei, wie viele Waffen wann, von wem und auf welchem Weg nach Libyen geliefert wurden. Die Geschäftsführung des Herstellers sagte den “Stuttgarter Nachrichten“: “Wir schließen aus, dass diese Waffen von Heckler & Koch nach Libyen geliefert worden sind.“
Für den Freiburger Rüstungsgegner Jürgen Grässlin besteht dagegen “der begründete Verdacht, dass Heckler & Koch oder Zwischenhändler G36 in großen Mengen illegal an das Gaddafi-Regime geliefert haben“. Deswegen lasse er eine Strafanzeige prüfen, sagte er den “Stuttgarter Nachrichten“. Der Sprecher der Kampagne “Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel“ erhält am Donnerstag den Aachener Friedenspreis.
Für den Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele “stinkt die ganze Sache zum Himmel. Da müssen Leute was gemacht haben, was mit deutschen Gesetzen nicht vereinbar ist“, sagte er der Zeitung. Die Linke im Bundestag forderte umfassende Aufklärung und sprach von einem “unfassbaren Vorgang“. Der Bundestagabgeordnete Jan van Aken meinte: “Die Bundesregierung und allen voran der zuständige Wirtschaftsminister Philipp Rösler müssen jetzt die Karten auf den Tisch legen.“
dpa