1. tz
  2. Politik

Bleibt Westerwelle? Hochspannung in der Koalition

Kommentare

Was bringt das Superwahljahr 2011? Guido Westerwelle (l.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Was bringt das Superwahljahr 2011? Guido Westerwelle (l.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. © dpa

Berlin - Westerwelles weihnachtliche Nachdenkpause ist beendet. Kündigt der FDP-Chef zu Dreikönig seinen Rückzug auf Raten an oder schaltet er auf Attacke? Die meisten erwarten die Rückkehr des Wahlkämpfers.

Zurück aus dem Weihnachtsurlaub wird Guido Westerwelle mit Durchhalteparolen von unerwarteter Seite begrüßt. Ausgerechnet aus der Spitzenriege der CSU, die nicht gerade zu den uneigennützigen Freunden der Liberalen zählt, wird der FDP-Chef ermuntert, jetzt die Führungskrise in seiner Partei durchzustehen.

Beim Dreikönigstreffen der Liberalen an diesem Donnerstag in Stuttgart wird Westerwelle eine Rede halten, die viele als schicksalhaft für ihn und seine Partei betrachten. Das Dauertief der FDP in den Umfragen wird vor allem dem Parteichef angelastet. Ein Befreiungsschlag ist nicht in Sicht.

Mit dem Worten: "Ich verlasse das Deck nicht, wenn es stürmt", hatte sich Westerwelle vor Weihnachten in den Urlaub mit seinem Partner Michael Mronz am Roten Meer verabschiedet. Er brauche Zeit zum Nachdenken, hieß es. Bereits fest vereinbarte Interview-Termine wurden abgesagt. "Er arbeitet sehr konzentriert an seiner Rede", wurden Wasserstandsmeldungen aus Westerwelles Urlaubsort für die Medien zu Hause gestreut. "Er will vorher kleine Spuren legen."

Die Denkpause für Westerwelle ist nun beendet. Wird er in Stuttgart nun seinen Rückzug vom Parteivorsitz ankündigen? Wird er einen Neuanfang der FDP mit einer jüngeren Mannschaft um Generalsekretär Christian Lindner in Aussicht stellen? Nichts deutet darauf hin, dass sich der vor wenigen Tagen 49 gewordene Westerwelle kampflos vom politische Acker machen wird.

Im Gegenteil: Die meisten FDP-Auguren sind sich darin einig, dass Westerwelles einzige Chance die politische Offensive ist. Befragungen der Parteibasis bestätigen dieses Bild: 77 Prozent der FDP-Anhänger wollen den Super-Wahlkämpfer aus Bonn, der seiner Partei bis 2009 Wahlsiege in Serie verschaffte, auch weiter als Chef behalten.

Verzichtet Westerwelle nicht freiwillig auf seine Ämter, haben mehr oder weniger namenlose Konkurrenten beim Wahlparteitag im Mai keine Chancen. Längst sind in der Parteiführung alle möglichen Szenarien für Westerwelles Vorgehen in der Führungskrise durchgespielt worden. Soll er in Stuttgart seinen Rückzug vom Vorsitz ankündigen? Westerwelle wäre anschließend praktisch ein einflussloser Vorsitzender auf Abruf.

Macht er das Abschneiden der FDP bei den Landtagswahlen im März auch zur Entscheidung für sein Verbleiben im Amt? Die Wahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz würden damit zu einem Plebiszit für oder gegen Westerwelle - ein Horrorszenario für die FDP-Wahlkämpfer in den Ländern.

So gehen inzwischen in der FDP-Spitze alle davon aus, dass Westerwelle praktisch keine Alternative hat, als mit dem Dreikönigstreffen erneut durchzustarten. Dazu raten ihm inzwischen auch diejenigen, die ihn nicht mehr als den Vorsitzenden für die nächste Wahlperiode nach 2013 sehen. Sie würden gerne einen geordneten Rückzug Westerwelles hinbekommen, um damit auch den Weg für die Erneuerer um Lindner zu ebnen.

"Er muss jetzt den Kopf hinhalten für die erwartet schlechten Wahlergebnisse", sagen FDP-Führungsleute. Sie rechnen nicht damit, dass Westerwelle mit nur einer Rede das Blatt für seine Partei wenden kann. In den Bundesländern, in denen im März gewählt wird, liegt die FDP derzeit an der Fünf-Prozent-Grenze oder darunter.

 Dabei steht auch für die schwarz-gelbe Koalition einiges auf dem Spiel. Geht Westerwelle im Strudel von Wahlniederlagen der FDP in den Ländern 2011 unter, ist auch die Position von Angela Merkel geschwächt. Zwar profitiert derzeit auch die Union von dem FDP-Tief. Doch mit einer FDP an der politischen Existenzgrenze lässt sich nicht problemlos weiterregieren. So verstehen sich auch die Aufforderungen zum Durchhalten, die nach den Feiertagen über Umwegen den FDP-Chef aus dem Kanzleramt erreichen.

"Das hat viel mit Politikinhalten zu tun", sagt dabei CSU-Chef Horst Seehofer zur Krise der FDP. Das sieht auch Justizministerin und FDP-Präsidin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger so, die oft kritische Distanz zum Parteichef hält. Sie forderte Westerwelle am Wochenende auf, in Stuttgart eine Aufbruch-Rede zu halten.

Von Frank Rafalski, dpa

Auch interessant

Kommentare