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Bittere Tränen wegen Brexit-Chaos: Britin darf nicht nach Paris fliegen

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Die Einreise in die EU bereitet an britischen Flughäfen wie hier in Heathrow nach dem Brexit immer wieder Probleme.
Die Einreise in die EU bereitet an britischen Flughäfen wie hier in Heathrow nach dem Brexit immer wieder Probleme. © IMAGO/Mark Thomas / i-Images

Der Brexit ist drei Jahre her, doch die EU-Einreiseregeln machen britischen Bürgern weiterhin zu schaffen. Urlaubsflieger starten auch mal ohne die Reisenden.

London - Der Brexit fordert Opfer: Großbritannien gehen die Arbeitskräfte aus, viele Supermarktregale sind leer und britische Haushalte verlieren seit dem EU-Ausstieg im Schnitt rund 1100 Euro. Auch für Reisende wird es schwieriger. Eine Engländerin verpasste nun ihren Flug in den Urlaub, weil ihr Pass nicht den EU-Regeln entsprach – offenbar kein Einzelfall.

EU-Regeln nach Brexit nicht allen Briten bekannt: keine Einreise trotz gültigem Pass

EU-Bürger genießen zahlreiche Vorzüge, einer davon ist die Reisefreiheit innerhalb der Union. Seit 2020 ist Großbritannien kein EU-Mitglied mehr, was sich auch auf den Tourismus auswirkt. Ein Reisepass ist für die Einreise in EU-Staaten seit Oktober 2021 nun zwingend erforderlich und muss den Brexit-Regeln entsprechen. Das Ausweisdokument darf demnach nicht älter als zehn Jahre sein.

Allerdings ist das nicht allen bewusst. An britischen Flughafen kommt es einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian zufolge täglich vor, dass Reisende beim Boarding abgewiesen werden und den Flug in den Urlaub verpassen – in den meisten Fällen, weil ihr Reisepass zu alt ist.

Verwirrung nach Brexit: Lehrerin aus Brighton „in Tränen aufgelöst“

Die britische Zeitung zieht das Beispiel einer Lehrerin aus Brighton heran, die „in Tränen aufgelöst“ gewesen sei, als ein Mitarbeiter einer britischen Fluglinie ihr den Zutritt zu ihrem Flugzeug nach Paris verweigert habe. Sie habe vor Antritt der Reise lediglich das Ablaufdatum geprüft und ihr Pass habe noch weitere acht Monate Gültigkeit besessen. „Ich hatte keine Ahnung von der Zehn-Jahres-Regelung“, so die Lehrerin und beklagte, dass Informationen zu den neuen Reiseregeln der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt seien. „Ich war nicht die einzige, der das an diesem Tag am Flughafen passierte.“

Die Gültigkeit britischer Reisepässe ist standardmäßig auf zehn Jahre festgelegt, weshalb das Problem eigentlich nicht existieren dürfte. Wer seinen Pass vor September 2018 vor Ablauf der Gültigkeitsdauer verlängerte, konnte dem Ablaufdatum aber bis zu neun Monate hinzufügen. Vereinzelt existieren also gültige Pässe, die älter als zehn Jahre sind.

Nach Brexit: Großbritanniens Tourismus leidet

Die Passregeln sorgen nicht nur bei britischen Bürgern für Ärger. Auch deutsche und französische Touristen scheinen keine Lust auf den Aufwand zu haben, denn Großbritannien ist bei ihnen seit dem Brexit als Reiseziel weniger beliebt. „Dass EU-Bürger nun einen Reisepass brauchen, um nach Großbritannien zu reisen, hat sich als abschreckend herausgestellt, insbesondere für Schülergruppen wegen der zusätzlichen Kosten und Bürokratie“, so Joss Croft vom Tourismusverband UKinbound im April zum britischen Observer. Die Hälfte der Deutschen hat zudem keinen Reisepass.

Ein Bericht der britischen Tourismusbehörde VisitBritain ergab, dass im Jahr 2022 etwa ein Drittel weniger Besucher nach Großbritannien kamen als im Jahr 2019. Der Fähranbieter Brittany Ferries verzeichnete einen noch drastischeren Rückgang. Im vergangenen Jahr gingen nur rund 150.000 einreisende Fahrgäste an Board, während die Zahl im Jahr 2019 noch bei 338.000 lag. Andere Reiseanbieter stellen ihr Angebot in Großbritannien gar komplett ein. Einer der wohl berühmtesten Züge, der Orient-Express, wird infolge des Brexits künftig nicht mehr aus London abfahren. Einer der Gründe lag in den häufig stundenlangen Staus am Fährhafen von Dover, die aufgrund der seit dem Brexit zusätzlich notwendigen Passkontrollen entstanden.

Die Briten hatten sich den Brexit offenbar anders vorgestellt. Rund drei Jahre nach dem Austritt aus der EU ist mittlerweile fast die Hälfte (49 Prozent) der Menschen in Großbritannien enttäuscht über die Situation im Vereinigten Königreich. Das geht aus einer Umfrage der Londoner Universität King‘s College von Ende März hervor. Nur rund ein Viertel (24 Prozent) zeigt sich weiterhin glücklich über die Entscheidung. Im Jahr 2016 hatte im Referendum eine knappe Mehrheit von rund 52 Prozent der Teilnehmenden für den Austritt aus der EU gestimmt (bme mit dpa).

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