Die Bundestagswahl in Deutschland: Wer erhält das Kanzleramt?
Die Wahl zum Deutschen Bundestag fand erstmals im Jahr 1949 und zuletzt im Jahr 2017 statt. Bisher wurde 19 Mal gewählt. Dabei wurde die angesetzte Legislaturperiode von vier Jahren nur vier Mal frühzeitig beendet. Insgesamt wurde die Bundesrepublik Deutschland von sieben Bundeskanzlern und einer Bundeskanzlerin regiert, derzeit bekleidet Angela Merkel den Posten. Bei der nächsten Bundestagswahl am 26. September 2021 wird Merkel ihr Amt jedoch nicht mehr verteidigen. Stattdessen geht für die Union ihr Kollege Armin Laschet ins Rennen. Er tritt gegen Olaf Scholz von der SPD, Annalena Baerbock von den Grünen und Christian Lindner von der FDP an. Die Linke und die AfD haben jeweils ein Spitzenduo ernannt statt sich auf einen Kandidaten für das Kanzleramt festzulegen. Den Prognosen zufolge könnte die CDU erneut als stärkste Kraft hervorgehen, gefolgt von den Grünen, während die SPD auf Platz Drei sinkt. Experten geben jedoch zu bedenken, dass die diesjährige Wahl insbesondere durch die anhaltende Corona-Pandemie geprägt ist. Eine spontane Änderung der Situation betreffend COVID-19 könnte den Wahlausgang kurzfristig entscheidend beeinflussen.
Die Bundestagswahl: Ihre Geschichte und Bedeutung
Die erste Wahl zum Deutschen Bundestag fand am 14. August 1949 statt. Sie war auch die erste komplett freie Wahl in Deutschland seit der Reichstagswahl 1932. Zum ersten Kanzler der Bundesrepublik wurde dabei Konrad Adenauer gewählt. Bis heute bat man die deutsche Bevölkerung insgesamt 19 Mal zur Wahlurne, um eine neue Regierung zu bestimmen. In den folgenden 72 Jahren amtierten sieben Bundeskanzler und eine Bundeskanzlerin, die allesamt von den Großparteien SPD und CDU gestellt wurden. Im Durchschnitt regiert ein*e Kanzler*in somit neun Jahre. Die politische Geschichte der Bundesrepublik zeichnet sich durch eine hohe Regierungsstabilität verglichen mit anderen westlichen Staaten aus. Nur selten kam es in der Vergangenheit zu Unregelmäßigkeiten bei der Bundestagswahl. Ein frühzeitiger Regierungswechsel erfolgte erstmals im Jahr 1966: Nach Streitigkeiten platzte das Bündnis aus CDU und FDP, woraufhin die Union Verhandlungen mit der SPD begann. Es folgte die erste Große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger. 1972 kam es dann zu den ersten vorgezogenen Neuwahlen der Bundesrepublik. Grund dafür war die Auflösung des Bundestages, da die SPD-geführte Koalition keine handlungsfähige Mehrheit mehr besaß. Im Jahr 1982 enthob man Kanzler Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum seines Amtes — bei den frühzeitigen Neuwahlen 1983 wurde Helmut Kohl zu seinem Nachfolger. Zuletzt kam es 2005 zu frühzeitigen Neuwahlen. Der damalige Kanzler Gerhard Schröder kündigte diese nach einer schweren Landtagswahlniederlage der SPD an, da er das Vertrauen der Bevölkerung in die rot-grüne Koalition als zu geschwächt ansah. Infolge wurde Angela Merkel zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands gewählt.
Die Bundestagswahl: So funktioniert sie
Das deutsche Grundgesetz legt fest, dass die Bundestagswahlen „allgemein, frei, unmittelbar, gleich und geheim“ sein müssen. Es kann somit jeder volljährige Staatsbürger gleichberechtigt wählen, ohne dass seine Entscheidung beeinflusst oder im Nachhinein veröffentlicht wird. Die Wahl erfolgt direkt ohne den Einsatz von Wahlmännern. Gewählt wird in der Regel alle vier Jahre, wobei jeder volljährige Bundesbürger auch ohne Parteizugehörigkeit antreten kann. Gegliedert ist die Bundestagswahl in Erst- und Zweitstimme. Während mit der Erststimme Direktkandidaten aus den jeweiligen Wahlkreisen bestimmt werden, gilt die Zweitstimme einer Partei, die daraufhin Abgeordnete von den sogenannten Landeslisten entsendet. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Wahlpflicht. Zwar erhält jeder wahlberechtigte Bürger eine Benachrichtigung, die ihn über Ort und Zeit der Wahl informiert, dieser Einladung muss jedoch nicht nachgekommen werden.
Die Bundestagswahl 2021: Das ist die Ausgangslage
Die 20. Wahl zum Deutschen Bundestag ist für den 26. September 2021 angesetzt. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2017 erhielten CDU und CSU die meisten Stimmen, zweitstärkste Kraft war die SPD. Außerdem zogen Abgeordnete der AfD, der FDP, der Linken sowie der Grünen ins Parlament ein. Für die AfD war es die erste Beteiligung am Bundestag, die FDP konnte nach vier Jahren Abwesenheit wieder zurückkehren. Obwohl die SPD ursprünglich eine erneute Zusammenarbeit mit der CDU ausgeschlossen hatte kam es schlussendlich doch zu einer Großen Koalition, da anderweitige Sondierungsgespräche scheiterten. Niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik hatte die deutsche Regierung so viele Mitglieder: 709 Sitze verteilen sich auf sechs Fraktionen, wobei neun Abgeordnete fraktionslos sind, da sie während der Legislatur ihre Parteien verließen oder ausgeschlossen wurden. Die Bundestagswahl 2021 wird unabhängig von ihrem Ausgang eine*n neue*n Kanzler*in hervorbringen: Denn die derzeitige Regierungschefin Angela Merkel kündigte 2018 nach herben Landtagswahlniederlagen der CDU, den Parteivorsitz niederzulegen und nicht erneut als Kanzlerkandidatin antreten zu wollen. Geprägt ist das Wahljahr 2021 insbesondere durch die Corona-Pandemie. Experten gehen davon aus, dass der Umgang der jeweiligen Parteien und Politiker mit COVID-19 einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis haben wird. Unvorhergesehene Entwicklungen bis zum Wahltag könnten die Stimmvergabe also durchaus kurzfristig ändern.
Die Bundestagswahl 2021: Diese Politiker*innen treten an
Bei der Bundestagswahl 2021 treten über 30 Parteien mit ihren Vertretern an. Nur sechs Parteien gelten dabei allerdings als ernstzunehmende Kandidaten im Kampf um das Kanzleramt. Nachdem Angela Merkel eine erneute Kandidatur für die Union aus CDU und CSU ausgeschlossen hatte, konnte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet gegen seinen Konkurrenten Markus Söder aus Bayern durchsetzen. Laschet wird durch den CDU-Bundesvorstand unterstützt, innerhalb der Union ist er jedoch umstritten. Sein Wahlprogramm wurden von den Medien als wenig innovativ bemängelt. Die SPD kündigte bereits ein Jahr vor der Wahl an, den derzeitigen Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz als Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken. Scholz ist einer der beliebtesten Sozialdemokraten, wird jedoch regelmäßig vom linken Flügel der SPD für seine Positionen kritisiert. Erstmals in der Parteigeschichte entschlossen sich auch die Grünen dazu, die Kanzlerfrage zum Wahlkampfthema zu machen. Als Kandidatin tritt Annalena Baerbock an, deren Nominierung ein großes Medienecho fand. Der wachsende Einfluss der Grünen, Baerbocks Alter und ihr Status als zweite Kanzlerkandidatin nach Merkel wurden hierbei besonders thematisiert. Für die FDP tritt erneut ihr Vorsitzender Christian Lindner an, der auf dem Parteitag der Liberalen mit 93 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt wurde. Im deutschen Wahlrecht ist nicht festgelegt, dass die Parteien vor der Wahl einen Kandidaten für das Kanzleramt bekannt geben müssen. Die AfD beispielsweise schickt ein Kandidatenduo bestehend aus Tino Chrupalla und Alice Weidel ins Rennen. Die Linke entschloss sich ebenfalls dazu zwei Mitglieder als ihre Vertreter antreten zu lassen: Die Parteichefin Janine Wissler und der Co-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Dietmar Bartsch wurden im Mai 2021 vom Vorstand der Linken zum Spitzenduo erklärt.
Die Bundestagswahl 2021: So könnte sie ausgehen
In den Prognosen zur Bundestagswahl 2021 bleibt die Union aus CDU und CSU weiterhin stärkste Kraft. Die Umfragewerte der Partei liegen bei 28,1 Prozent, was einen Verlust von 4,8 Prozentpunkten gegenüber 2017 bedeuten würde. 2013 waren es sogar noch 13,4 Prozentpunkte mehr. Die Grünen haben derweil Aussichten auf das stärkste Wahlergebnis ihrer Parteigeschichte. Vor vier Jahren erhielt das Bündnis 90 8,9 Prozent der Stimmen — in den derzeitigen Umfragen erreichen die Politiker um Annalena Baerbock stolze 20,6 Prozent. Damit sind die Grünen derzeit die zweitstärkste Kraft. Die SPD dagegen ist weiter auf Abwärtskurs. Konnte sie 2017 noch 20,5 Prozent der Wähler für sich gewinnen, liegt sie derzeit bei gerade mal 16 Prozent. Die FDP schaffte 2017 mit 10,7 Prozent den Wiedereinzug in den Bundestag und könnte laut der Prognosen 2021 12,5 Prozent der Stimmen erhalten. Die Umfragewerte der AfD sind gesunken: 2017 gab es 12,6 Prozent, 2021 könnten es 9,8 Prozent werden. Auch die Linke verliert möglicherweise Wählerstimmen. Während sie 2017 mit 9,2 Prozent in den Bundestag einzog, sagen die Prognosen für 2021 6,8 Prozent voraus. Obwohl die Umfragewerte einen Anhaltspunkt für den späteren Wahlausgang bieten, sind sich Experten einig, dass die Stimmvergabe sich durchaus kurzfristig ändern kann, insbesondere im Hinblick auf die ungewisse Entwicklung der Corona-Lage.