Berlin - Zwei Tage nach der Bundestagswahl bringen sich die Parteien für Koalitionsgespräche in Stellung. Bei den Wahlverlieren müssen führende Politiker ihre Posten räumen. Wir halten Sie im Live-Ticker auf dem Laufenden.
+++ Der Verkehrspolitiker Anton Hofreiter will neuer Grünen-Fraktionschef werden. Er trete an, sagte er laut Teilnehmern am Dienstag in einer Fraktionssitzung in Berlin.
Lindner beansprucht Beinfreiheit
+++ Nach seiner möglichen Wahl zum FDP-Chef will sich der bisherige Vizevorsitzende Christian Lindner erheblichen Gestaltungsspielraum in der Partei herausnehmen. "In dieser außergewöhnlichen Situation beanspruche ich für mich auch außergewöhnliche Möglichkeiten", sagte Lindner am Dienstag in Düsseldorf. Die Spitzenposten in der künftigen FDP sollten nicht nach Proporzerwägungen besetzt werden, sondern mit "Persönlichkeiten, die ein eigenes Profil und ein eigenes Gewicht haben".
Grünen steht Kampfkandidatur ins Haus
+++ Den Grünen steht eine Kampfkandidatur um den Posten der Bundestagsvizepräsidentin ins Haus. Neben der scheidenden Parteichefin Claudia Roth kündigte die ebenfalls abtretende Fraktionsvorsitzende Renate Künast am Dienstag in Berlin an, für den Vizeposten im Bundestagspräsidium zu kandidieren. Künast sagte dem Sender Phoenix, sie wolle mit ihrem angestrebten Ämterwechsel vom Fraktionsvorsitz zur Bundestagsvizepräsidentin einen Beitrag zur Verjüngung und Erneuerung der Partei leisten. Bislang sitzt für die Grünen die Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, im Bundestagspräsidium. Sie will auf den Vizeposten verzichten und eine der beiden neuen Fraktionsvorsitzenden werden.
Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt kann vier weitere Jahre die Landesgruppe ihrer Partei im Bundestag leiten. Hasselfeldt wurde bei der ersten Sitzung der Landesgruppe am Dienstag in Berlin mit fast hundert Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Wie CSU-Chef Horst Seehofer mitteilte, votierten 53 von 54 anwesenden Abgeordneten für die 63-Jährige. Ähnlich hohe Zustimmung erhielt der Parlamentsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller: Er erhielt 51 von 52 gültigen Stimmen.
Kretschmann will Sondierung für schwarz-grüne Koalition
+++ Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen hat seine Partei dazu aufgerufen, sich etwaigen Sondierungsgesprächen mit der Union über eine schwarz-grüne Koalition nicht zu verschließen. „Wir sollten diese mit großem Ernst führen, vorausgesetzt die andere Seite tut das auch“, sagte er am Dienstag in Stuttgart.
In die zunehmend angespannte Debatte bei den Grünen griff nun auch der langjährige Fraktionschef und Außenminister Joschka Fischer mit scharfer Kritik ein. „Es scheint fast, als ob die derzeitige Führung der Grünen älter geworden ist, aber immer noch nicht erwachsen“, sagte er dem „Spiegel“. „Sie hat eine Strategie verfolgt, die nicht nur keine neuen Wähler gewann, sondern viele alte vergraulte.“ Statt über Umwelt und Europa, Bildung und Familien hätten die Grünen nur über Steuern und Abgaben geredet.
Mehrheit wünscht sich Große Koalition
Stühlerücken nach der Wahl
+++ Für eine ganze Menge prominenter Politiker bedeutete die Bundestagswahl den Gang in die zweite Reihe - zumindest vorübergehend. Sehen Sie selbst.
Diese Politiker treten vorerst aus dem Rampenlicht
Der Kieler FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki möchte stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei werden und strebt nicht den Posten des Generalsekretärs an. Der 61-Jährige werde sich beim nächsten Parteitag als Bundesvize bewerben, sagte eine Parteisprecherin am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa in Kiel.
Künast zieht sich von Grünen-Fraktionsspitze zurück
Der Bundestag soll nach dem Willen seines Präsidenten Norbert Lammert am 22. Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Wahl zusammentreten. Das Datum lasse den Parteien genügend Zeit, um Konsequenzen aus dem Ergebnis der Bundestagswahl zu ziehen. Der 22. Oktober ist der letzte mögliche Termin für die konstituierende Sitzung. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 39 vor, dass der Bundestag spätestens am 30. Tag nach der Wahl zusammentritt.
Trittin unter Druck
+++ Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gerät nach der Niederlage der Grünen bei der Bundestagswahl in seiner Partei zunehmend unter Druck. Der schleswig-holsteinische Energie- und Umweltminister Robert Habeck forderte im Hamburger Magazin "Spiegel" eine "Aufarbeitung und einen Neuanfang", der auch Personalfragen einschließe. Dabei müsse die Grünen-Bundestagsfraktion darüber entscheiden, ob der "scharfe Konfrontationskurs" Trittins richtig gewesen sei. Wenn nicht, "dann stellt sich die Personalfrage", sagte Habeck.
+++ SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner steht einer großen Koalition aus Union und Sozialdemokraten weiter ablehnend gegenüber. „Natürlich hat hier niemand eine Neigung, mit Frau Merkel zusammen zu regieren“, sagte der SPD-Linke am Dienstag im RBB-Inforadio. Schließlich habe seine Partei für einen Regierungswechsel gekämpft. Nun gehe es darum, „dass eine selbstbewusste SPD sich nicht nach anderen Parteien richtet, sondern nach sich selbst“.
Kauder warnt SPD
+++ Union-Fraktionschef Volker Kauder hat die SPD davor gewarnt, die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu verzögern. "Europa wartet nicht auf die Regierungsbildung in Deutschland. Wir müssen handlungsfähig sein", sagte Kauder dem Magazin "Spiegel". Kauder betonte weiter, dass aus seiner Sicht eine große Koalition einem Bündnis zwischen Union und Grünen vorzuziehen sei. Die SPD hat sich bislang allerdings nicht einmal für Sondierungsgespräche mit der Union entschieden. Sie will erst am Freitag auf einem Parteikonvent über ihr weiteres Vorgehen beraten.
Westerwelle: Ab nach New York
+++ Trotz des FDP-Debakels bei der Bundestagswahl nimmt der scheidende Außenminister Guido Westerwelle für Deutschland an der UN-Vollversammlung teil. Der ehemalige FDP-Vorsitzende landete am Dienstag mit einer Regierungsmaschine in New York. Möglicherweise handelt es sich um Westerwelles letzte Dienstreise nach New York als Außenminister.
+++ Willkommen zum Ticker zwei Tage nach der Bundestagswahl! Auch heute sind von den Parteien wieder zahlreiche Aussagen zu erwarten, was eine künftige Regierungskoalition betrifft. Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.