1. tz
  2. Politik

Nach Chemnitz: AfD schockt CDU in neuer Umfrage

Kommentare

Ausschreitungen in Chemnitz.
Ausschreitungen in Chemnitz. © dpa / Sebastian Willnow

Eine tödliche Messer-Attacke und die folgenden Ausschreitungen in Chemnitz führen international zu großer Besorgnis. Kretschmar wirbt für Verständnis - eine Umfrage dürfte ihn aber treffen.

>>> TICKER AKTUALISIEREN <<<

16.02 Uhr: Alle weiteren News aus Chemnitz finden Sie nun in unserem neuen Ticker. Diesen finden Sie hier.

15.16 Uhr: Vor den am Samstag erwarteten Großdemonstrationen in Chemnitz haben Bundes- und Landespolitiker zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen und zugleich vor Pauschalurteilen gewarnt. "Wir stehen zusammen dafür, dass Chemnitz und Sachsen mehr sind als brauner Mob", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Freitag bei einem Besuch in der Stadt. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mahnte zur Differenzierung.

Am Samstag sind in Chemnitz erneut Großdemonstrationen geplant. Unter dem Motto "Herz statt Hetze" will ein breites Bündnis am Nachmittag gegen Fremdenfeindlichkeit demonstrieren. Auch Bundespolitiker wie SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock werden erwartet.

Die AfD ruft vor dem Hintergrund des gewaltsamen Tods eines Deutschen am vergangenen Wochenende zu einem sogenannten Schweigemarsch auf.

In Hongkong legten Demonstranten aktuell erneut den Flughafen lahm.

15.01 Uhr: Nach den Auseinandersetzungen in Chemnitz halten laut einer Umfrage drei Viertel der Bürger die Demokratie durch Rechtsextreme für gefährdet. Eine große oder sehr große Gefahr sehen laut dem am Freitag veröffentlichten ZDF-"Politbarometer" 76 Prozent der Befragten. Knapp ein Viertel (23 Prozent) sieht das nicht so. Unter den AfD-Anhängern erkennen dagegen nur 34 Prozent eine solche Gefährdung, eine Mehrheit von 65 Prozent sieht diese nicht. Alle Ergebnisse finden Sie hier.

14.20 Uhr: Kaum ein Politikername ist dieser Tage so häufig in den Nachrichtensendungen zu hören wie der des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer - in der Aussprache allerdings nicht immer gleich. Während „Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis beispielsweise den Namen des CDU-Politikers als „Kreetschmer“ ausspricht, hört man ihn häufig auch mit kurzem „E“, also eher wie „Krettschmer“ - so wie bei Kretschmers baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Kretschmann von den Grünen. Aber was ist nun richtig, „Kreetschmer“ oder „Krettschmer“? Ersteres, sagt Kretschmers Sprecher Ralph Schreiber. Das erste „E“ werde gedehnt. Grund sei der slawische Ursprung des Namens, der sich wohl vom Wort „Schankwirt“ herleite.

In Folge der Vorkommnisse in Chemnitz hat sich auch der städtische Fußball-Verein Chemnitzer FC zu einem härteren Vorgehen gegen Rechts positioniert. Mit Folgen: Der CFC feuerte nun seinen Kapitän Daniel Frahn.

Nach Chemnitz: AfD schockt CDU und Kretschmer in Umfrage 

13.21 Uhr: Das dürfte der CDU so überhaupt nicht gefallen. Dem Meinungsforschungsinstitut INSA nach verliert vor allem die von Ministerpräsident Kretschmar angeführte CDU in Sachsen in der neuen Umfrage.  Im Vergleich zu von Anfang Juni schmieren die Christdemokraten dort um vier Prozentpunkte ab – sie liegt jetzt bei 28 Prozent und damit nur noch drei magere Prozentpünktchen vor der AfD (25 Prozent).

Die Linke (18 Prozent) verliert einen Punkt. Die SPD (elf Prozent) gewinnt zwei Punkte hinzu. Grüne (sieben Prozent) und FDP (sieben Prozent) legen jeweils einen Punkt zu. Sonstige Parteien kommen zusammen auf vier Prozent, darunter die Freien Wähler mit zwei Prozent.

12.51 Uhr: Wieder Ostdeutschland im Brennpunkt: Nach dem gewaltsamen Angriff auf einen Eritreer im thüringischen Sondershausen hat die Polizei vier Verdächtige ermittelt. Die Männer seien als rechtsmotivierte Täter und aus dem Drogenmilieu bekannt, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. Es sei aber noch unklar, ob bei der Tat ausländerfeindliche Motive im Vordergrund standen oder ob es bei der vorangegangenen Auseinandersetzung um Drogen ging. Zunächst ermittele der für politische Straftaten zuständige Staatsschutz. Nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft bleiben die Männer im Alter von 21, 31, 34 und 40 Jahren auf freiem Fuß.

Der 33-Jährige Ostafrikaner war am Mittwochabend bei einer Auseinandersetzung auf dem Marktplatz mit Schlägen und Tritten gegen den Kopf schwer verletzt worden.

Lesen Sie auch: „Maybrit Illner“ zu Chemnitz: Justizministerin Barley sieht das mit den Sorgen der Bürger etwas anders

Nach Chemnitz: Schweiz warnt vor Demonstrationen in Deutschland

11.38 Uhr: Nach den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz hat das Schweizer Außenministerium in einem Tweet zur Vorsicht geraten. „#Deutschland: Lassen Sie in der Umgebung von Demonstrationen Vorsicht walten, da Ausschreitungen möglich sind“, heißt es in dem Tweet von Donnerstagabend.

Derselbe Satz steht auf der Webseite des Ministeriums mit den Reisehinweisen für Deutschland, mit den Vorschaltsätzen: „Das Land ist stabil. In den grossen Städten kann es aber zu Demonstrationen kommen. Lassen Sie in der Umgebung von Demonstrationen Vorsicht walten, da Ausschreitungen möglich sind.“

10.19 Uhr: Nun etwas ausführlicher: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat seine Gespräche in Chemnitz als "sehr wichtig" bezeichnet. Diese könnten aber nur ein Anfang sein, sagte Kretschmer am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Regierungschef war am Donnerstagabend zu einem schon länger geplanten Bürgergespräch in Chemnitz gewesen, wo es in den vergangenen Tagen zu massiven Ausschreitungen gekommen war.

Er zeigte sich überzeugt, dass jetzt die Chance bestehe, die Menschen aufzurütteln. Es müsse dafür gesorgt werden, "dass die Extremisten an den Rand gedrückt werden". Es dürfe nicht vergessen werden, dass ein Tötungsdelikt der Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen gewesen sei, sagte Kretschmer. Doch es gebe keine Rechtfertigung dafür, Menschen anzugehen, die anders aussähen. In Chemnitz war am Wochenende ein 35-jähriger Deutscher getötet worden. Tatverdächtig sind zwei Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien.

Lesen Sie auch: Juncker verspricht: EU-Kommission wird Zeitumstellung abschaffen

Chemnitz: Kretschmer nennt Bürgerdialog „sehr wichtig“

9.58 Uhr: Rechtsextreme Tendenzen bei der AfD sieht Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Diese Partei entwickelt sich in Richtung Rechtsextremismus“, sagte er. Strobl, der auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU ist, legte sich noch nicht definitiv fest, ob die AfD seiner Meinung nach künftig vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll. Aber er meinte: „Die Beteiligung der AfD an den Vorgängen in Chemnitz schafft neue Fakten. Ich bin ganz sicher, dass diese Fakten in die Lageeinschätzung einfließen werden.“

9.36 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht sein Bürgergespräch nach den gewaltsamen Vorfällen in Chemnitz als Anfang eines Prozesses. Die Bürger hätten „zu einem großen Teil den Eindruck, ungerecht behandelt zu werden“, sagte der CDU-Politiker am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“ über sein Treffen mit Chemnitzern am Vorabend. „Das ist ganz wichtig in dieser aktuellen Phase, dass wir ganz klar trennen: Diejenigen, die Gewalt säen, die Stimmung machen, die Hass streuen, und die bürgerliche Mitte. Das darf man nicht in einen Topf rühren. Und deswegen war dieses Gespräch gestern sehr, sehr wichtig. Wir müssen jetzt auch dranbleiben, es kann nur ein Anfang sein.“

AfD-Chef Gauland verteidigt Proteste in Chemnitz

08.38 Uhr: Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat die Proteste Chemnitzer Bürger nach dem Totschlagsfall in der Stadt verteidigt und sie von Rechtsextremismus abgegrenzt. „Ausrasten ist nach einer solchen Tat legitim. Was natürlich nicht legitim ist, (...) dass Menschen gejagt werden, und es ist natürlich nicht legitim, dass der Hitlergruß gezeigt wird“, sagte er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dies sei „nicht akzeptabel“. „Das Problem bei solchen Veranstaltungen ist natürlich, dass sich Hooligans, Rechtsradikale draufsetzen (...), die das instrumentalisieren wollen“, erklärte er weiter. Das habe auch keiner aus der AfD verteidigt. „Aber das delegitimiert nicht die Wut und den Protest der Chemnitzer gegenüber dieser Tat.“

Alexander Gauland.
Alexander Gauland. © dpa / Matthias Balk

Lesen Sie auch: Nach Sommerinterview: AfD-Chef Gauland attackiert ZDF-Moderator scharf - So reagiert der TV-Sender

Lesen Sie auch: AfD-Besuchergruppe soll in KZ-Gedenkstätte gehetzt haben - Das sagt Weidels Büro dazu

Eine Deeskalation der Lage befand Gauland für nicht einfach. „Das ist sehr schwierig. Man muss auf die Menschen zugehen, man muss mit den Menschen reden, die sich Sorgen machen, die diese Flüchtlingspolitik für falsch halten, weil sie die Folgen jetzt spüren“, sagte er. „Besorgte Bürger werden jetzt allmählich schon als etwas Rechtsradikales dargestellt, das kann nicht sein.“

08.33 Uhr: Familienministerin Franziska Giffey hat als erstes Mitglied der Bundesregierung nach dem Tod eines 35-Jährigen und rechten Ausschreitungen Chemnitz besucht. Die SPD-Politikerin legte am Freitagmorgen an einem provisorischen Gedenkort einen Blumenstrauß mit sechs weißen Rosen nieder. Anschließend verharrte sie sichtlich bewegt an der Stelle, an der der Mann am vergangenen Sonntag niedergestochen worden war. Tatverdächtig sind zwei Asylbewerber aus dem Irak und aus Syrien. Sie befinden sich in Untersuchungshaft.

Chemnitz - Franziska Giffey.
Chemnitz - Franziska Giffey. © dpa / Sebastian Kahnert

Messerattacke in Chemnitz: Panne bei Abschiebung?

07.42 Uhr: Wie die Welt berichtet, hätte der mutmaßliche Messerstecher von Chemnitz bereits im Mai 2016 abgeschoben werden müssen. Zuvor hatte er bereits ein entsprechendes Gesuch in Bulgarien gestellt. 

Ein Gerichtssprecher bestätigte, dass eine Abschiebung nach Bulgarien am 13. Mai 2016 als zulässig betrachtet wurde. „Vollzogen wurde die Abschiebung in der Folgezeit jedoch nicht, weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten ablief und das Bundesamt verpflichtet war, erneut über den Asylantrag zu entscheiden“, so der Funktionär.

In der Folge sei laut des Berichts keine erneute Entscheidung über den Asylantrag erfolgt, Yousif A. habe mit seiner Duldung in Deutschland bleiben können. Das sächsische Innenministerium widersprach dieser Darstellung, wie die Bild berichtet. Demnach sei noch ein Asylverfahren des mutmaßlichen Messerstechers beim Bundesamt für Migration (Bamf) anhängig.

07.25 Uhr: Nach den Krawallen in Chemnitz hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei einem Besuch in der Stadt um Vertrauen in die staatliche Ordnung geworben. "Der Grundsatz unseres Zusammenlebens ist Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", sagte Kretschmer am Donnerstagabend zum Auftakt eines schon länger geplanten Bürgergesprächs in der Stadt. Die Veranstaltung wurde von einer neuen Kundgebung der rechtsextremen Organisation Pro Chemnitz begleitet - die Polizei registrierte mindestens acht Straftaten.

Kretschmer verwahrten sich dagegen, Chemnitz pauschal als rechts abzustempeln."Diese Stadt ist nicht rechts, ist nicht braun", sagte der Ministerpräsident. "Wenn es aber auf einer Kundgebung auch nur wenige sind, die den Hitlergruß zeigen, dann muss man auch sagen: Mit denen haben wir nichts zu tun."

Chemnitz: Politologe bemängelt „eigentümliches Demokratieverständnis“ in Ostdeutschland

06.54 Uhr: Die Ausschreitungen in Chemnitz sind nach Ansicht des Freiburger Politologen Ulrich Eith auch auf ein „eigentümliches Demokratieverständnis“ in Teilen Ostdeutschlands zurückzuführen. Solch ein Demokratieverständnis habe es auch im Westdeutschland der 50er und 60er Jahre gegeben, sagte Eith von der Albert-Universität Freiburg der Deutschen Presse-Agentur. „Freie Meinungsäußerung wird in Anspruch genommen, gleichzeitig herrscht ein völliger Mangel an Respekt vor anderen Meinungen - deren Vertreter werden ganz massiv attackiert.“

Oft werde Demokratie mit einer Art Vollkaskoversicherung verwechselt. „Und schließlich denken manche, wenn sie etwas wollen, dann hat das auch so zu passieren. Ist das nicht der Fall, wird sofort unglaublich rigide und aggressiv vorgegangen.“ Das aber widerspreche dem Freiheitsgedanken der Demokratie, in der es darauf ankomme, Mehrheiten zu erringen, um Ergebnisse zu erzielen, sagte Eith, Direktor vom Studienhaus Wiesneck, Institut für politische Bildung.

Schuld daran seien nicht zuletzt die etablierten Parteien. „Die CSU beispielsweise ist im Wahlkampf durchs Land gezogen und hat Merkels Flüchtlingspolitik als ungesetzlichen Zustand attackiert.“ Dabei sei die Partei selbst in der Regierung gewesen. „Auf diese Weise wird der Rechtsstaat diskreditiert - dabei ist dieser ein Grundpfeiler der Demokratie.“

06.16 Uhr: Nach der Protestkundgebung der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz am Donnerstagabend ist es nach Angaben der Polizei in der Nacht ruhig geblieben. Es sei zu keinen Zwischenfällen in Chemnitz gekommen, teilte ein Sprecher der Polizei mit. Für Freitag seien keine weiteren Demonstrationen angemeldet.

Großaufgebot bei rechtspopulistischer Kundgebung

06.07 Uhr: Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hat den Polizeieinsatz beim Diskussionsforum der Regierung mit Einwohnern von Chemnitz als Erfolg verbucht. „Ich danke alle Sicherheitskräften für ihren Einsatz. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass das Bürgergespräch und die Versammlungen ohne größere Störungen verliefen“, sagte Wöller am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur.

06.02 Uhr: Bei der Protestkundgebung der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz hat die Polizei am Donnerstagabend mindestens acht Straftaten registriert. Dabei handelte es sich um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, wie die Polizei mitteilte. Zudem erkannten die Beamten Teilnehmer wieder, die sich bei den Protesten am Montag strafbar gemacht hatten.

Insgesamt war die Polizei am Donnerstagabend mit mehr als 1200 Kräften aus mehreren Ländern und der Bundespolizei im Einsatz. Rund 900 Demonstranten waren den Angaben zufolge dem Aufruf von Pro Chemnitz gefolgt und hatten am Rande eines Bürgerdialogs mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) protestiert.

Das waren die Meldungen vom Donnerstag

22.20 Uhr: Auch wenn sich Kretschmer darum bemühte, Wogen zu glätten, war es ein schwieriger Auftritt für den sächsischen Ministerpräsidenten. Während der rund anderthalbstündigen Diskussion muss Kretschmer die hochkochenden Gefühle immer wieder beschwichtigen. Bei einigen scheint sich lang aufgestauter Frust Bahn zu brechen, ob es nun um Ausländerkriminalität oder geschlossene Kitas geht. Schließlich bringt der Ministerpräsident, der in der Hitze des Gefechts inzwischen sein Jacket abgelegt hat, die Stimmung auf den Punkt: "Es ist die Frage, ob wir emotional abrüsten und wieder vernünftig miteinander reden oder uns immer wieder Vorwürfe machen". Das Bild der Ausschreitungen von Chemnitz sei nun einmal in der Welt, "was wir jetzt tun müssen, ist dieses Bild wieder zu korrigieren", mahnt er.

Ebenso wie sein Ministerkollege Martin Dulig (SPD), der ebenfalls in Chemnitz war, verwahrte er sich dagegen, Chemnitz pauschal als rechts abzustempeln. "Diese Stadt ist nicht rechts, ist nicht braun", sagt der CDU-Politiker. "Wenn es aber auf einer Kundgebung auch nur wenige sind, die den Hitlergruß zeigen, dann muss man auch sagen: Mit denen haben wir nichts zu tun", stellt Kretschmer klar.

Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) äußert Verständnis "für die Wut und Bestürzung" nach dem Tod des 35-jährigen Mannes auf dem Stadtfest, ein Syrer und ein Iraker sitzen als Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Gewalt sei aber nicht die richtige Antwort, sagt Ludwig, deren Statement wiederholt durch Buh-Rufe unterbrochen wird.

In Reaktion auf Chemnitz: Linke Demo in Berlin-Neukölln mit 5000 Menschen 

21.05 Uhr: Unterdessen zeigt die Zivilgesellschaft in anderen Teilen der Republik klare Kante gegen Rassismus, Rechtsradikalismus und Menschenfeindlichkeit. So haben sich in Berlin-Neukölln sich am Donnerstagabend nach Polizeiangaben gut 5000 Menschen einer Demonstration - weit mehr als erwartet. Eine Privatperson hatte laut Polizei nur 100 Teilnehmer angemeldet.

Die unter anderem vom Jugendverband der Linkspartei, Solid, organisierte Demonstration richtete sich gegen die Ausschreitungen und Zusammenstöße der vergangenen Tage in Chemnitz und stand unter dem Motto „Ob Chemnitz oder Neukölln: Auf die Straße gegen rechte Gewalt“.

Hämisches Gelächter und hanebüchene Aussagen bei „Sachsen-Dialog“

20.55 Uhr: Hämisches Gelächter schallt dem Ministerpräsident entgegen als dieser ausführt, dass als Straftäter verurteilte Asylbewerber abgeschoben werden würden. Erst am Mittwoch hatte Sachsen 16 Personen abgeschoben. 

20.51 Uhr: Wie vergiftet die Situation und wie hanebüchen einige der Aussagen der Bürger sind, zeigen Forderungen nach einem Auftrittsverbot für Kraftklub oder die Ausrede, der Mann, der am Montag einen Hitlergruß gezeigt hätte, sei ein Linker gewesen. Kretschmer widerspricht und betont Straftaten seien nicht zu tolerieren. 

20.10 Uhr: Die Demonstranten der rechten Gruppierung „Pro Chemnitz“ brüllen „Widerstand“ und „Merkel muss weg“. In einer Rede erklärte der Pro Chemnitz-Chef, Martin Kohlmann: „Es wird sich einiges ändern. Wie 89! Wir machen das nicht mehr mit.“ Mittlerweile ist die Demo beendet. 

Martin Kohlmann will weiter mobilisieren.
Martin Kohlmann will weiter mobilisieren. © dpa / Sebastian Willnow

Der „Sachsen-Dialog“ geht währenddessen im Stadion weiter. Ein Frau behauptete dort, der Mann, der gefilmt wurde, wie er einen Hitlergruß am Montag zeigte, sei ein Linker gewesen. Ministerpräsident Kretschmer zweifelt das an - sofort wieder lautstarker Protest. Daraufhin Kretschmer: So oder so, ein Hitlergruß ist nicht zu tolerieren.

„Sachsen-Dialog“ in Chemnitz: Buhrufe für OB Ludwig - aggressive Stimmung vor dem Stadion

19.45 Uhr: Kurz nach 19 Uhr begann das „Sachsen-Gespräch“ im Chemnitzer Stadion, ein Bürgerdialog mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Chemnitz Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD). Das Gespräch begann mit einer Schweigeminute für den getöteten 35-Jährigen, um die der Ministerpräsident bat. Alle erhoben sich von den Sitzen. Die Stimmung im Saal ist jedoch aufgeladen. Als Kretschmer ausdrückte, dass er sich freue, dass auch die Band „Kraftklub“ am Montag im Rahmen der Kundgebung „Wir sind mehr“ spielen wolle, kamen Pfiffe und Buhrufe. „Linksradikale“, riefen einige. 

Schweigeminute für das Opfer des Messerangriffs in Chemnitz. Ministerpräsident Kretschmer hatte dazu aufgerufen.
Schweigeminute für das Opfer des Messerangriffs in Chemnitz. Ministerpräsident Kretschmer hatte dazu aufgerufen. © dpa / Ralf Hirschberger

Auch OB Ludwig bekam den Unmut mancher Menschen aus dem Publikum zu spüren. "Wenn wir eine Stadt sind, wo niemand mehr herkommen will, weil man Angst hat auf die Straße zu gehen, dann ist das kein guter Ort", sagt sie. Es brandeten lautstarke Pfiffe und Buhrufe auf. Für ihre Aufforderung zur Mäßigung und friedlichen Zusammenleben kassierte OB Ludwig heftige Buh-Rufe aus dem Publikum. Einige Teilnehmer riefen „Heuchelei“. Applaus erhielt sie aber, als sie sagte: „Wir haben so viel geschafft in dieser Stadt. Lassen Sie uns das nicht zerstören“. 

Der Ministerpräsident wandte sich auch gegen fremdenfeindliche Übergriffe. So habe er bei seinem Besuch in Chemnitz eine dort schon lange lebende Frau chinesischer Herkunft getroffen, die in der Stadt angepöbelt worden sei. "Dem müssen wir alle mit aller Kraft entgegentreten!“. 

Vor dem Stadion gibt es eine Demo der rechten Gruppierung „Pro Chemnitz“. Rund 900 Menschen sind gekommen. Sie riefen dem Ministerpräsidenten Kretschmer entgegen: „Hau ab! Hau ab!“, berichtet die Lokalzeitung Freie Presse online.

Demo vor dem Chemnitzer Stadion
Demo vor dem Chemnitzer Stadion © dpa / Sebastian Willnow

Justizbeamter gibt Straftat zu - Suspendierung

18.03 Uhr: Wegen der Veröffentlichung des Haftbefehls im Fall Chemnitz ist ein Justizvollzugsbeamter aus Dresden vom Dienst suspendiert worden. Durchsuchungen und weitere Ermittlungen hätten einen Anfangsverdacht gegen den Mann derart erhärtet, dass ihm "mit sofortiger Wirkung vorläufig die Führung der Dienstgeschäfte verboten", wurde, erklärte das sächsische Justizministerium am Donnerstag. Der Haftbefehl gegen einen Beschuldigten im Fall des in Chemnitz getöteten 35-jährigen Deutschen war am Mittwoch im Internet teils geschwärzt auf verschiedenen Seiten aufgetaucht.

Bereitschaftspolizisten aus anderen Ländern und der Bundespolizei eingetroffen

17.59 Uhr: Für den Einsatz bei der angekündigten neuen Demonstration von Rechtspopulisten in Chemnitz bekommt die sächsische Polizei Hilfe von auswärts. „Wir werden heute von mehreren Bundesländern und der Bundespolizei unterstützt“, teilte die Polizei über Twitter mit.

Haftbefehl öffentlich: Mutmaßlicher Täter gesteht via Medium

17.12 Uhr: Wer hat den Haftbefehl des verdächtigen Irakers weitergegeben? Während die Polizei noch im Dunkeln tappte, meldete sich der mögliche Schuldige bei der Bild-Zeitung. Der Dresdner Justizbeamte Daniel Zabel (39) gesteht darin: „Ich habe den Haftbefehl fotografiert und weitergegeben, weil ich wollte, dass die Wahrheit und nur die Wahrheit ans Licht der Öffentlichkeit kommt.“ Und weiter: „Es wurde so viel in den Medien über die Tat und deren Hintergründe spekuliert. Polizei und Justiz haben kaum Informationen gegeben. Ich wollte wissen, was wirklich passiert ist, habe den Haftbefehl, der nach der Einlieferung noch im Zugangsbereich auslag, abfotografiert.“

Kleinlaut gibt er auch zu, dass ihm in dem Moment die Konsequenzen seines Handelns nicht bewusst gewesen seien. „Ich hätte zumindest Namen und Adresse des Beschuldigten schwärzen müssen“, sagte er. Warum stellt er sich nun? Zabel: „Ich will nicht, dass weiter Leute verfolgt werden, weil ich den Haftbefehl veröffentlicht habe.“

24 Stunden nach der Tat verschickte er nach eigenen Angaben das Foto per Handy an Kollegen aus der Justiz, Freunde des Erstochenen Daniel H. († 35) und die rechte Gruppierung „Pro Chemnitz“.

Zabel drohen nun bis zu fünf Jahren Haft, schreibt die Bild - und der Verlust seines Jobs. „Mir ist klar, dass ich dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit meinen Job verlieren werde“, sagt er.

17.02 Uhr: Nach den tödlichen Messerstichen von Chemnitz hält sich die Staatsanwaltschaft mit Details zu den Hintergründen der Gewalttat weiter bedeckt. Die Anklagebehörde machte am Donnerstag auf Anfrage keine Angaben zum Tatmotiv und ging auch nicht auf Medienberichte ein, wonach der Messerattacke auf einen 35 Jahre alten Deutschen am Sonntagmorgen entweder ein Streit um Zigaretten oder ein versuchter EC-Karten-Raub vorausgegangen sei. Die Polizei hatte von einer verbalen Auseinandersetzung berichtet.

Vor einer für den Abend angekündigten neuen Demonstration von Rechtspopulisten in Chemnitz war die Lage in der Stadt zunächst ruhig. Ein geplanter Protestzug der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz sollte zeitgleich mit einem Bürgergespräch mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) stattfinden.

Chemnitz: Timke hält Hausdurchsuchung für unverhältnismäßig

16.42 Uhr:

Der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Jan Timke (Bürger in Wut) hat das Vorgehen der örtlichen Staatsanwaltschaft wegen der verbotenen Weiterverbreitung eines Haftbefehls im Fall Chemnitz gegen sich als überzogen kritisiert. Die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme von elektronischen Geräten bei ihm sei "unverhältnismäßig", sagte Timke am Donnerstag in Bremen vor Journalisten. Den Vorwurf, den Haftbefehl weiterverbreitet zu haben, räumte der Politiker ein.

Nach eigenen Angaben hatte Timke Abbildungen des Haftbefehls gegen einen Beschuldigten im Fall des getöteten 35-jährigen Deutschen, der den Demonstrationen und Ausschreitungen von Rechtsradikalen in Chemnitz vorausging, am Mittwoch auf seinem Profil im sozialen Netzwerk Facebook gesehen und weiterverbreitet. Das ist verboten. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte daher am Abend seine Wohnung.

Chemnitz.
Chemnitz. © dpa / Jan Woitas

16.41 Uhr: Zur Unterstützung der sächsischen Polizei hat der Freistaat Bayern am Donnerstag eine Hundertschaft nach Chemnitz geschickt. Auch am Samstag sollten noch einmal Kräfte in Sachsen helfen, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag in München. Für den Abend waren in Chemnitz eine Demo von Rechtspopulisten und ein Bürgergespräch mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geplant. Für Samstag sind Demos unter anderem der AfD und des Bündnis Pegida angekündigt.

16.35 Uhr:

Bei einer durch die Ausschreitungen in Chemnitz ausgelösten Demonstration in Stuttgart ist es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten aus der linken Szene gekommen. Dabei wurden am Mittwochabend drei Polizisten leicht verletzt, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Die Beamten setzten demnach auch Pfefferspray und Schlagstöcke ein.

In der Stuttgarter Innenstadt versammelten sich laut Polizei am Mittwochabend zunächst rund 150 Menschen, um gegen die Ereignisse in Chemnitz zu protestieren. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart sprach von mehr als 200 Teilnehmern.

Nach Chemnitz: SPD verlangt Beobachtung der AfD

16.18 Uhr:

Die SPD verlangt angesichts von AfD-Aufrufen zu Selbstjustiz und Drohungen gegen Journalisten nach den Vorfällen in Chemnitz eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. "Insbesondere die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass weite Teile der AfD offen völkisch-nationalistisches Gedankengut vertreten und rechtsextreme Gewalttaten verharmlosen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke-Mediengruppe laut Vorabmeldung vom Donnerstag. Dem müssten sich alle Demokraten laut und entschlossen entgegenstellen.

"Auch der Verfassungsschutz muss diese Aktivitäten genau beobachten", fügte Klingbeil hinzu. Auch SPD-Vize Ralf Stegner bekräftigte seine Forderungen nach einer AfD-Beobachtung. Die AfD habe Rechtsextremisten in ihren Reihen, und zwar auch in der Führung. "Wehrhafte Demokratie heißt handeln, nicht tatenlos zuschauen", sagte Stegner den Funke-Zeitungen.

Chemnitz-Opfer: Unternehmen sammeln Geld für getöteten 35-Jährigen

16.17 Uhr: Rund 20 Unternehmen aus Chemnitz haben für die Familie des durch Messerstiche getöteten 35-jährigen Deutschen Geld gesammelt. In den kommenden Tagen solle der Familie eine Spende von 20 000 Euro übergeben werden, teilten der Industrieverein Sachsen von 1828 und der Branchenverband Kreatives Chemnitz am Donnerstag mit. Welche Firmen sich an der Spendenaktion beteiligt haben, wollten die Initiatoren zunächst nicht bekanntgeben.

15.57 Uhr: Die rechtsextremen und ausländerfeindlichen Übergriffe nach der tödlichen Messerattacke in Chemnitz beschäftigen kommende Woche den sächsischen Landtag. Neben einer Regierungserklärung von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und einer Sitzung des Innenausschusses ist in der Sache nun auch eine Sitzung des Rechtsausschusses geplant, wie das Parlament am Donnerstag mitteilte.

Sachsen ruft Polizei aus Baden-Württemberg nach Chemnitz

14.51 Uhr: Nach den jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz bekommt die dortige Polizei Verstärkung aus Baden-Württemberg. Der sächsische Innenminister habe ihn angerufen und um Unterstützung gebeten, sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. 

Wenn es darum geht, den Rechtsstaat durchzusetzen, dann unterstützen wir natürlich die Kolleginnen und Kollegen in Sachsen und auch die sächsische Landesregierung.“ Baden-Württemberg werde mindestens eine Einsatzhundertschaft am 1. September nach Sachsen schicken, da dort erneut Demonstrationen geplant seien. Auch spezielle Fahrzeuge wie Wasserwerfer würden geschickt.

Internationale Pressestimmen zu rechten Ausschreitungen in Chemnitz

13.43 Uhr: Chemnitz und die Ereignisse bewegen nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern auch im Ausland. Wir zeigen einen Überblick über die internationale Pressestimmen.

„Guardian“ (London):

„Es ist beunruhigend, wenn ein rechter Mob in den Straßen einer Stadt randaliert. Doch aus offenkundigen historischen Gründen sind solche Szenen in Deutschland besonders erschreckend. (...) Die CDU wirkt wie gelähmt durch den Aufstieg der AfD, die bei den Bundestagswahlen im vergangen Jahr stark genug wurde, um Angela Merkel zu einer fragilen Koalition mit der SPD zu zwingen, der zweiten Säule des parteipolitischen Establishments des Landes. Dadurch ist das politisch weit rechts stehende Lager zur größten Opposition im Parlament geworden. Das ist das Aufblühen von etwas Gefährlichem, das tief verwurzelt ist.“

„Nepszava“ (Budapest): „In Deutschland existiert das gleiche Dilemma wie an vielen anderen Schauplätzen der modernen Völkerwanderung. Das natürliche Unbehagen der Menschen gegenüber den fremden Zuwanderern gibt verantwortungslosen Politikern ein billiges Werkzeug in die Hand. (...) Wir sehen zwei unterschiedliche Schulen der politischen Führung am Werk. Die Vertreter der einen stellen sich an die Spitze des von Instinkten getriebenen „Volkes“ und hetzen gegen die Fremden. Die Vertreter der anderen haben aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit gelernt - sie versuchen, auf die Vernunft einzuwirken und die uns im Blut liegenden Ängste und Wildheiten zu mäßigen. (...) Deshalb braucht es Politiker, die das Herz am rechten Fleck haben. So wie Merkel.“

„L'Alsace“ (Mülhausen): „Drei Jahre, nachdem Angela Merkel einstimmig von Europa für ihre Flüchtlingspolitik gelobt wurde, bei der sie eine Million Flüchtlinge ins Land ließ, ist sie in ihrem eigenen Land das Ziel einer immer stärker werdenden Kritik. (...) In diesem abscheulichen Akt hat die Nationalität der Beschuldigten wenig Bedeutung. Und es ist zumindest überraschend, dass die Polizei die Informationen, die die beiden Männer betrifft, an die rechtsextreme Partei AfD, die in Sachsen einen von drei Wählern verführen konnte, weiterleitete. Das ist nicht tolerierbar in einer Demokratie, in der die Polizei und die Justiz im Dienste der Demokratie stehen, wie (Bundespräsident Frank-Walter) Steinmeier mahnte.“

„Jyllands-Posten“ (Aarhus): „Die Unruhen öffneten Schleusen, die offenbar seit einiger Zeit unter Druck standen. Und es scheint sich noch einmal zu bestätigen, dass Ostdeutschland ein ganz besonderes Problem hat. Das Heikle ist, dass Kritik leicht als großspurig abgestempelt werden kann, wenn sie aus dem Westen kommt. Aber Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Verschwörungstheorien und Demokratieverachtung haben hier bessere Voraussetzungen als im Rest des Landes. (...) Anders als die Westdeutschen hatten die Ostdeutschen keine freundliche Besatzungsmacht, die ihnen nach dem Krieg Demokratie und Pluralismus beibringen konnte. Die hatten die Russen.“

„Pravda“ (Bratislava): „Die von Rechtsextremisten aus ganz Sachsen und anderen Ecken Deutschlands entfesselten Unruhen in Chemnitz gebärden sich wie eine Reaktion auf die Ermordung eines jungen Mannes durch zwei Einwanderer. In Wirklichkeit zerstörten die Extremisten Besitz und bedrohten Gesundheit und Leben von überhaupt allen Menschen dort, nicht nur derer, gegen die sich vordergründig ihre pogromartige Hetzjagd durch die Straßen der Stadt richtete. (...) Oberflächliche Schlagzeilen über einen „ermordeten Deutschen“ lassen dann das Fragen nach den näheren Umständen überflüssig erscheinen.“

„Hospodarske noviny“ (Prag): „Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht Senegal und weitere westafrikanische Länder. Tausende Menschen demonstrieren in Chemnitz gegen einen Mord, bei dem Flüchtlinge verdächtig sind. Diese beiden scheinbar unzusammenhängenden Ereignisse sind zwei Seiten desselben Problems, das Deutschland und ganz Europa quält: Wie man sich angesichts des Zustroms nach Europa verantwortlich verhält und zugleich seine Grenzen sichert. Die Hausaufgabe für die Politik lautet: Wie löst man dieses Rebus, ohne dabei Nationalisten und Populisten weitere Argumente in die Hand zu geben? Letztere sind bemüht, Europa in eine Falle zu treiben, aus der es keinen Ausweg gibt.“

13.06 Uhr: Unterdessen rüstete sich die Polizei in Chemnitz für einen neuen Großeinsatz. Die rechtspopulistische Bewegung Pro Chemnitz ruft für Donnerstagabend wieder zu einer Demonstration auf. Hintergrund ist eine Veranstaltung der Landesregierung im Stadion. Kretschmer und weitere Mitglieder seines Kabinetts wollen in dem schon lange geplanten sogenannten Sachsengespräch mit Bürgern diskutieren.

Pro Chemnitz war auch Initiator der Demonstration am Montagabend, die zu Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken mit zahlreichen Verletzten führte. Dabei soll es auch Angriffe von Rechtsextremen auf Ausländer gegeben haben.

Lesen Sie auch: „Schöne Maid...“: So skurril wurde Angela Merkel in Afrika begrüßt

Chemitzer Messerattacke: Hat ein Politiker den Haftbefehl verbreitet?

12.02 Uhr: Timke selbst war auf dpa-Anfrage für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Er kündigte aber auf seiner Facebook-Seite an, sich noch am Donnerstag zu den Vorwürfen äußern zu wollen.

Wie der Haftbefehl ursprünglich überhaupt ins Internet gelangt war und weiterverbreitet werden konnte, ist weiter unklar. Das teilweise geschwärzte Dokument wurde unter anderem auf Internetseiten der rechtspopulistischen Gruppe Pro Chemnitz, einem Kreisverband der AfD sowie des Pegida-Gründers Lutz Bachmann verbreitet.

10.59 Uhr: Nach der rechtswidrigen Veröffentlichung eines Haftbefehls im Fall des Chemnitzer Totschlags geht die Bremer Staatsanwaltschaft gegen einen Bremer Bürgerschaftsabgeordneten vor. Der Landespolitiker Jan Timke stehe im Verdacht, den Haftbefehl auf Facebook weiterverbreitet zu haben. „Wir haben einen Hinweis bekommen“, sagte Oberstaatsanwalt Frank Passade am Donnerstag.

Lesen Sie auch:

Chemnitz bei „Maischberger“: Linke erhebt schwersten Vorwurf - niemand will widersprechen

Timke ist Bundespolizist und Mitglied der rechten Wählervereinigung Bürger in Wut. Timkes Dienstverhältnis bei der Bundespolizei ruht, solange er in der Bürgerschaft sitzt. Die Ermittler durchsuchten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits am Mittwoch die Wohnung des Mannes in Bremerhaven. Darüber hatte zunächst Radio Bremen berichtet. Timke habe den Haftbefehl inzwischen von seiner Facebook-Seite entfernt, sagte Passade.

Jan Timke.
Jan Timke. © dpa / Ingo Wagner

Nach Vorfall in Chemnitz: Weitere schlimme Taten gegen Ausländer

10.01 Uhr: Ein Zuwanderer ist in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern ausländerfeindlich beschimpft und mit einer Eisenkette krankenhausreif geprügelt worden. Mehr dazu lesen Sie hier.

10.00 Uhr: Ein 33-jähriger Eritreer ist in Sondershausen in Thüringen bei einem Streit zwischen zwei Gruppen mit Schlägen und Tritten gegen den Kopf schwer verletzt worden. Bei der Auseinandersetzung sollen Zeugen zufolge auch ausländerfeindliche Worte gefallen sein, teilte die Polizei am Donnerstag mit. An der Auseinandersetzung auf dem Marktplatz seien verschiedene Nationalitäten beteiligt gewesen. Weitere Einzelheiten konnte die Polizei zunächst nicht nennen.

9.58 Uhr: Knapp ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl in Sachsen läge Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) einer Umfrage zufolge bei einer Direktwahl des Regierungschefs weit vor Oppositionsführer Rico Gebhardt (Linke). Für Kretschmer würden 56 Prozent stimmen, für den Fraktionschef der Linken im sächsischen Landtag zwölf Prozent, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Erhebung des Instituts Infratest dimap für den Mitteldeutschen Rundfunk hervorgeht.

Lesen Sie auch: Eklat bei Pegida-Demo in Dresden: Pöbelnder LKA-Mann aus Sachsen verlässt Polizeidienst

Chemnitz: Kretschmer kommt zum Sachsengespräch

9.51 Uhr: Am Donnerstagabend kommt Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zum sogenannten Sachsengespräch nach Chemnitz, um den direkten Austausch mit Einwohnern zu suchen. Der Besuch in der aufgewühlten Stadt ist lange geplant und die elfte Station der Gesprächsreihe. Doch das Tötungsdelikt an einem 35-jährigen Deutschen, das zwei jungen Männern aus Syrien und dem Irak angelastet wird, und anschließende rechte Krawalle rücken den Termin bundesweit in den Fokus.

Chemnitz.
Chemnitz. © dpa / Jan Woitas

"Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben - das zu verteidigen geht uns alle an", heißt es in der Einladung. Deshalb wolle die Landesregierung alle ermutigen, "sich für unsere Werte einzusetzen und diese zu verteidigen". Niemand solle sich "von lauten Demonstranten abhalten lassen, zu uns zu kommen". Die Polizei garantiere die Sicherheit der Veranstaltung. "Es ist wichtig, jetzt zusammenzustehen."

08.43 Uhr: Nach den Attacken Rechtsradikaler gegen Ausländer in Chemnitz hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, zu Zivilcourage aufgerufen und abermals die AfD kritisiert. Chemnitz mit seiner auch von internationalen Studenten besuchten Universität sei eine weltoffene Stadt. „Dass es da jetzt welche gibt, die das kaputt machen wollen, diese Weltoffenheit, dagegen müssen alle aufstehen“, sagte er am Donnerstag im BR-Radiosender Bayern 2. „Da müssen wir alle, egal wo wir sind, egal in welchem Teil Deutschlands wir leben, aufbegehren und klar sagen: So etwas geht nicht.“ 

Verdächtiger der Messerattacke in Chemnitz mehrfach Vorbestraft

07.13 Uhr: Der mutmaßliche Haupttäter der Messerattacke von Chemnitz soll laut eines Berichts der Bild mehrfach vorbestraft sein. Vor über einem Jahr sei Yousif A. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Im Jahr 2016 soll der Iraker eine Duldung erhalten haben. 

Die Bild zitiert zudem eine Bekannte des mutmaßlichen Haupttäters. Demnach habe Yousif A. häufig Cannabis geraucht und Alkohol getrunken. „Yousif wurde manchmal komisch. Ich weiß, dass er immer ein Messer dabei hatte, weil er oft mit viel Geld unterwegs war. Er sagte nur, es sei zur Verteidigung“, erklärte die Vertraute.

Ehemalige Mitbewohner beschreiben den 22-Jährigen gegenüber der Tageszeitung Welt dagegen als umgänglichen Menschen. „Ich glaube nicht, dass er es war. Ich habe nie gesehen, dass er Probleme gemacht hat“, äußerte sich ein Bewohner der Asylbewerber-WG.

Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Ex-Ministerpräsident mahnt: „Wenn man das dem Staat überlässt...“

06.19 Uhr: Nach den Ausschreitungen der vergangenen Tage ist es in der Nacht zum Donnerstag nach Angaben der Polizei in Chemnitz ruhig geblieben. Ein Polizeisprecher teilte mit, dass es zu keinen Straftaten gekommen sei, die mit den Ausschreitungen der vergangenen Tage in Zusammenhang stehen.

06.08 Uhr: Sachsens früherer Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) rief angesichts der ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz die Bürger zu mehr Engagement für ihre Heimat auf. „Das ist neben dem Schutz durch den Staat eine unverzichtbare Anstrengung der Bürger selbst“, sagte er in der ARD-Sendung „Maischberger“ am Mittwochabend. „Wenn man die Sache dem Staat überlässt und der Polizei, dann wird das nicht gelingen.“

06.02 Uhr: Die Grünen-Politikerin Claudia Roth hat sich gegen eine Verharmlosung der rechtsextremen Übergriffe in Chemnitz gewandt. „Auf den Straßen von Chemnitz äußern nicht besorgte Bürger ihre Ängste, sondern es werden Menschen gejagt“, sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur. Es handelten „keine Chaoten“, sondern „organisierte Rechtsextremisten“. Wer das relativiere, verharmlose offenen Hass und Rassismus. „Wer den Hitlergruß zeigt, wer pogromartig gegen alles hetzt, was nicht dem eigenen völkischen Rassenwahn entspricht, ist nicht Opfer, sondern Täter“, betonte Roth. Die Gesellschaft müsse Gesicht zeigen gegen Rassisten.

Meldungen vom Mittwoch: Neue Demo in Chemnitz angekündigt

19.47 Uhr: Nach den Ausschreitungen in Chemnitz hat die rechtspopulistische Bewegung Pro Chemnitz für Donnerstag (18.00 Uhr) erneut zu einer Demonstration aufgerufen. Hintergrund ist eine Veranstaltung der Landesregierung im Stadion. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will dort mit Bürgern der Stadt diskutieren (19.00 Uhr). Das sogenannte Sachsengespräch, an dem auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) teilnimmt, ist Teil einer Veranstaltungsreihe, die Kretschmer bereits quer durch Sachsen führte.

Michael Kretschmer.
Michael Kretschmer. © AFP / ODD ANDERSEN

Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Forderungen an DFB

19.33 Uhr: Fußball-Regionalligist Berliner AK hat mit großer Bestürzung auf die fremdenfeindlichen Übergriffe in Chemnitz reagiert und Maßnahmen für sein Auswärtsspiel in zwei Wochen beim Chemnitzer FC gefordert. Sollten der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) nicht angemessen reagieren, erwägt der Viertligist, zu der Partie nicht anzutreten.

Der Klub sei angesichts des Spiels am 15. September "alarmiert und in größter Sorge", teilte Präsident Mehmet Ali Han auf der Webseite des Vereins mit. Man erwarte von DFB und NOFV, dass zeitnah ein "tragbares Sicherheitskonzept" für die Partie "erarbeitet und mit uns abgestimmt" werde, hieß es.

"Sollte die Sicherheit unserer Spieler, Betreuer, Fans etc. nicht gewährleistet werden, ziehen wir in Erwägung, nicht anzutreten", erklärte Mehmet Ali Han. Im Internet und den sozialen Medien seien weitere rechte Aufmärsche angekündigt worden, man müsse daher mit weiteren Straftaten rechnen. "Zu den rechten Aufmärschen sollen nach Presseberichten unter anderem auch Fangruppierungen des Chemnitzer FC aufgerufen haben", hieß es weiter.

"Wir können bestätigen, dass für die Heimspiele des Chemnitzer FC ein sehr umfangreiches, schlüssiges und mit allen Verantwortungsträgern abgestimmtes Sicherheitskonzept vorliegt", teilte der NOFV am Mittwoch mit. Das Spiel sei bisher als "bedingt störanfällig" eingestuft worden und werde mit einer Spielaufsicht besetzt. Laut der NOFV-Sicherheitsrichtlinie sei nun durch alle Beteiligten "eine Vielzahl von Maßnahmen" umzusetzen.

Der DFB erklärte auf SID-Anfrage, er habe die Vorkommnisse in Chemnitz mit Bestürzung verfolgt. "Hass und Gewalt können in keinster Weise toleriert werden, weder auf noch neben den Fußballplätzen", teilte der Verband mit und betonte: "Der NOFV steht in direktem Austausch mit den Vereinen und hat bereits Maßnahmen rund um das betreffende Spiel eingeleitet, die den Sicherheitsrichtlinien folgen." Auch zwischen NOFV und DFB habe ein informeller Austausch zur Thematik stattgefunden.

Die Ausschreitungen in der Stadt habe der Berliner AK mit Sorge und Trauer zur Kenntnis genommen. In der Innenstadt von Chemnitz sei es zu wilden Jagdszenen und Straftaten gegenüber Migranten und Geflüchteten gekommen. "Der Hass richtete sich gegen alle Menschen, die nichtdeutscher Herkunft waren. Die Stimmung ist sehr aufgeheizt und explosiv", hieß es weiter.

Der Chemnitzer FC reagierte prompt. "Ich habe mit Ali Han telefoniert. Er hat bekräftigt, dass sich die Vorwürfe nicht gegen den Chemnitzer FC richten", sagte Sportvorstand Thomas Sobotzik dem SID. "Ich habe den Vorstand des Berliner AK zu einem gemeinsamen Mittagessen eingeladen, um die Dinge anzusprechen. Unser Ziel ist es, ein tolles Fußballfest zu erleben", so Sobotzik.

19.25 Uhr: Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor einem wachsenden Einfluss von "Demagogen und Nationalisten" in ganz Europa gewarnt. "Leider sympathisieren zunehmend viele Menschen in Europa mit den einfachen Antworten von Demagogen und Nationalisten und mit ihren angeblich 'nationalen Lösungen'", sagte er am Mittwoch in einer Rede bei Paris. "Aber es gibt keine nationalen Lösungen für diese Herausforderungen."

Chemnitz bekommt Konzert gegen Rechts mit „Die Toten Hosen“ und „Marteria“

19.11 Uhr:

Chemnitz bekommt am Montag ein Konzert gegen Rechts unter dem Motto „Wir sind mehr“. Dann wollen ab 17 Uhr auf dem Platz am Karl-Marx-Monument Die Toten Hosen, die Rapper Marteria & Casper, K.I.Z, Feine Sahne Fischfilet sowie die Lokalmatadoren Kraftklub und Trettmann auf. Als eine Reaktion auf die „besorgniserregenden Entwicklungen“ in Chemnitz in den vergangenen Tagen schlossen sich die Künstler auf Initiative von Kraftklub für das Konzert gegen Fremdenfeindlichkeit und für Menschlichkeit zusammen, teilte die PR-Agentur Check Your Head am Mittwoch in Berlin mit.

„All den Menschen, die von den Neonazis angegriffen wurden, wollen wir zeigen, dass sie nicht alleine sind“, heißt es in einem gemeinsamen Statement der Musiker.

Das Open-Air-Konzert aus der Reihe „Rock am Kopp“ ist für Besucher kostenlos. Binnen weniger Stunden nach Bekanntwerden des Auftritts signalisierten bei Facebook bereits Tausende ihre Teilnahme.

Trotz Haftbefehl-Leak: Chemnitzer Wohnung des Verdächtigen nicht durchsucht

18.53 Uhr: Vier Tage sind seit dem Tod des 35-jährigen Deutschen vergangen. Wie die Bild berichtet, hat die Polizei bislang immer noch nicht die Wohnung des Hauptverdächtigen Yousif I. A. (22) aus dem Irak durchsucht. Seine Adresse ist seit der Skandal-Veröffentlichung des Haftbefehls öffentlich.

„Die Polizei war bislang nicht bei uns, wir haben bisher keinen Kontakt zu ihr gehabt“, sagte ein Mitbewohner der Zeitung. Ein Bewohner der WG des Verdächtigen erklärte: „Gestern Abend haben uns Freunde gewarnt, dass die Adresse im Internet steht. Wir haben seitdem Angst, dass vielleicht auch hier Rechtsextreme hinkommen und etwas am Haus machen. Aber mehr als ein Polizeiauto, das oft am Haus vorbeifährt, haben wir nicht von der Polizei gesehen.“

Die Polizei Chemnitz äußerte sich dazu wie folgt: „Umgehend nach Bekanntwerden der Veröffentlichung des Haftbefehls wurden seitens der PD Chemnitz entsprechende Schutzmaßnahmen für das besagte Wohnhaus und seine Bewohner veranlasst.“

In regelmäßigen Abständen fahre eine Streife an dem Objekt vorbei – bislang ohne Zwischenfälle. „Zudem wurde durch den Hauseigentümer ein Sicherheitsdienst beauftragt, am und im Objekt präsent zu sein. Überdies bewerten wir die Lage vor Ort weiterhin ständig neu“, so die Polizei.

Warum die Wohnung aber immer noch nicht durchsucht worden ist - darüber äußerte sich die Polizei trotz Nachfragen nicht.

18.18 Uhr: Zur Verhinderung möglicher Ausschreitungen bei der Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz am Donnerstag wird die Polizeipräsenz massiv verstärkt. Die Chemnitzer Sicherheitsbeamten werden von der Bundespolizei, der sächsischen Bereitschaftspolizei sowie aus Bayern, Berlin, Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen unterstützt, wie die Polizeidirektion Chemnitz am Mittwoch mitteilte.

Geschützt wird auch eine Veranstaltung der Landesregierung im Stadion, wo Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Abend mit Bürgern der Stadt diskutieren will. Das sogenannte Sachsengespräch, an dem auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) teilnimmt, ist Teil einer Veranstaltungsreihe, die Kretschmer bereits quer durch Sachsen führte. Im Bereich des Stadions sei mit Einschränkungen und Behinderungen zu rechnen, hieß es weiter.

Pro Chemnitz war auch Initiator der Demonstration am Montagabend, die zu Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken mit zahlreichen Verletzten führte. Rund 6000 Menschen, darunter zahlreiche gewaltbereite Rechtsextreme, waren dem Aufruf gefolgt. Ihnen standen etwa 1500 Gegendemonstranten gegenüber.

Innenexperte warnt: Polizeidichte viel zu gering

18.00 Uhr: Vor Kurzem erst äußerte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer zur Sicherheit der Bürger in Deutschland: „Sicherheit ist ein Menschenrecht und dafür setze ich mich jeden Tag ein.“ Doch nun steht nach den Ausschreitungen von Chemnitz erneut die Polizei im Blick der Öffentlichkeit. Zwar hat die GroKo aus SPD und CDU/CSU im Koalitionsvertrag vereinbart, dass 15 000 neue Polizei-Stellen bei Bund und Ländern vereinbart werden - doch die Ausbildung dauert. So meint der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow zu Bild: „Die eingeschlagene Richtung bei den Neueinstellungen stimmt in den meisten Ländern. Es reicht aber insgesamt noch nicht aus, es sind bisher eher ein paar Tropfen auf den heißen Sicherheitsstein.“ 

Malchow weiter: „Die ständige Überlastung der Polizisten im Dienst gestaltet sich inzwischen zu einem massiven Sicherheitsproblem. Denn: Immer seltener können Polizisten noch auf der Straße Streife gehen.“ In eine ähnliche Richtung geht die Ansicht von Innenexperte Armin Schuster (CDU): „Die Polizeidichte ist in vielen Ländern immer noch viel zu gering. Polizeiliche Präsenz ist durch nichts zu ersetzen.“

17.52 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nach den rechtsextremen und ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz gemahnt, die Demokratie „nicht der Straße zu überlassen“. Bei einem Besuch im Adenauer-Haus am Mittwoch in Bad Honnef bei Bonn sagte Steinmeier, der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer sei „auch eine lebendige Erinnerung daran, dass wir, die heutige Generation, die Demokratie zu pflegen haben, nicht aus der Hand geben dürfen“.

Demokraten sollten sich „stärker öffentlich zeigen“. Die Erschütterung über den gewaltsamen Tod eines Menschen sei in Chemnitz missbraucht worden, „um im öffentlichen Straßenkampf die Demokratie anzuschuldigen“.

17.30 Uhr: Fußball-Regionalligist Chemnitzer FC hat auf die menschenfeindlichen Krawalle in der Stadt mit Verachtung reagiert. In einer von Insolvenzverwalter Klaus Siemon unterzeichneten Erklärung vom Mittwoch heißt es: „Es ist für uns nicht fassbar, dass es in dieser Anzahl Menschen gibt, die einer menschenverachtenden Ideologie nachhängen, die außer Tod und Zerstörung den Menschen im Deutschland der Jahre 1933 bis 1945 nichts gebracht habe.“

Meldungen, nach denen dem Verein zuzuordnende Hooligan-Gruppen an den Aktionen beteiligt sein sollen, wolle man nachgehen. „Überörtliche Medien berichten, dass rechte Gruppierungen eine Organisationsbasis beim Chemnitzer FC haben könnten. Wurde der Chemnitzer FC zur Finanzierung dieser Aktivitäten benutzt? Diese Umstände aufzuklären ist die Aufgabe der staatlichen Behörden. Die Behörden unterstützen wir in jeder Hinsicht“, heißt es in der Erklärung. Jeder Fan, jedes Mitglied und jeder Beteiligte würden aufgefordert, sachdienliche Hinweise zu liefern.

Im Stadion seien alle politischen Gruppierungen vertreten. Im Sieg nach einem fairen Wettkampf spiele Ideologie keine Rolle. „Zugleich ziehen wir eine klare Grenze zu denen, die wir nicht tolerieren, weil sie andere nicht tolerieren. Fußball zwingt zur Weltoffenheit“, betont der Insolvenzverwalter im Namen des Vereins. Seit dem April befindet sich der Viertligist im Insolvenzverfahren.

17.27 Uhr: Der Freistaat Sachsen hat nach den Vorfällen in Chemnitz die Hilfe der Bundespolizei angefordert. Das bestätigte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Eleonore Petermann, am Mittwoch. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte der sächsischen Polizei am Dienstag Hilfe in Form von „polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen“ angeboten.

16.14 Uhr: Nach der tödlichen Messerattacke und den anschließenden Ausschreitungen in Chemnitz haben das Landeskriminalamt Sachsen (LKA) und die Polizei Chemnitz eine gemeinsame Ermittlungsgruppe namens „C-entrum“ gebildet. Das „C“ steht für Chemnitz, der Name insgesamt für die Tatorte. Zudem wurden eine Telefonhotline und ein Online-Portal eingerichtet, auf dem Videos und Bilder hochgeladen werden können, wie das LKA am Mittwoch mitteilte. Man arbeite „weiterhin mit Hochdruck“ an der Aufklärung der Vorfälle, hieß es. Es gehe darum, alle Straftäter schnell zu überführen.

Der Sitz der Ermittlungsgruppe ist in Chemnitz. Sie soll je nach Anlass durch andere Dienststellen unterstützt werden. Die Polizei bat die Bevölkerung um Hinweise und Unterstützung bei Aufklärung der Straftaten.

Ausschreitungen von Chemnitz: Nahles kritisiert Kubicki

16.07 Uhr: SPD-Chefin Andrea Nahles hat FDP-Vize Wolfgang Kubicki für dessen Aussage kritisiert, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trage eine Mitschuld am Zustandekommen der rechtsextremen und ausländerfeindlichen Übergriffe in Chemnitz. Es handle sich dabei um eine „unglaubliche Einlassung eines gestandenen Politikers“, sagte Nahles dem Sender RTL am Mittwoch. „Das ist der Vizepräsident des deutschen Bundestages. Ich finde eine solche Äußerung unsäglich. Er hat sich auch in keiner Weise von dem rechten Mob da distanziert.“ Nahles kündigte an: „Das wird sicherlich im Ältestenrat des deutschen Bundestages von uns zur Sprache gebracht werden.“

Kubicki hatte tags zuvor mit Blick auf Merkels berühmt gewordene Aussage aus dem Herbst 2015 den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland gesagt: „Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im „Wir-schaffen-das“ von Kanzlerin Angela Merkel.“

Kritik an Kubicki kam auch von der FDP-Jugendorganisation. „Es ist der Stil der Rechtspopulisten, die Verantwortung für Verbrechen einer einzelnen Person zusprechen zu wollen“, sagte die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder, dem „Tagesspiegel“ (Donnerstag). Kubickis Schuldzuweisung an Merkel werde weder den Vorfällen in Chemnitz noch der Rolle eines Bundestagsvizepräsidenten gerecht.

Ausschreitungen von Chemnitz - Gauland hat Verständnis

15.36 Uhr: Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hält die von ausländerfeindlichen Übergriffen begleiteten Proteste in Chemnitz nicht für skandalös. „Wenn eine solche Tötungstat passiert, ist es normal, dass Menschen ausrasten“, sagte der AfD-Chef am Mittwoch der „Welt“. Dies sei in Chemnitz nicht anders als in Konstanz oder Freiburg.

Gauland sagte, er sehe auch keinen Grund, sich von einem Tweet des AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier zu distanzieren. Dieser hatte im Kurznachrichtendienst Twitter geschrieben: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringende „Messermigration“ zu stoppen!“. Gauland erklärte: „Selbstverteidigung ist mit Sicherheit nicht Selbstjustiz. Nichts anderes ist gemeint.“

AfD-Fraktionsvorsitzender Gauland.
AfD-Fraktionsvorsitzender Gauland. © dpa / Kay Nietfeld

15.30 Uhr: Im Fall der tödlichen Messerattacke von Chemnitz ist einer der beiden Tatverdächtigen mehrfach vorbestraft. Das teilte die Staatsanwaltschaft Chemnitz am Mittwoch mit. Sie wollte aber nicht bekanntgeben, ob es sich um den 22 Jahre alten Iraker oder den 23-jährigen Syrer handelt. Der Mann stehe unter Bewährung, hieß es.

Zum aktuellen Stand der Ermittlungen, insbesondere zum Tatmotiv, könne man derzeit keine Auskünfte geben, hieß es weiter. Auch übereinstimmende Medienberichte, wonach das Opfer deutsche und kubanische Wurzeln besitzt, vermochte die Staatsanwaltschaft Chemnitz „nicht zweifelsfrei“ zu bestätigen. Tatsache sei aber, dass er im früheren Karl-Marx-Stadt geboren wurde und deutscher Staatsbürger sei, hieß es. Im Netz kursieren derweil Spekulationen zum Tatmotiv. Sächsische Politiker hatten in den vergangenen Tagen immer wieder vor einer Gerüchteküche und gezielten Fehlinformationen gewarnt.

Ausschreitungen von Chemnitz: Rechtsanwalt zeigt Pegida-Chef an

14.42 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) über die rechtsextremen Demonstrationen und Attacken in der Stadt gesprochen. Sie hätten am Dienstag telefoniert, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin, ohne sich zu konkreten Inhalten zu äußern. Auch im Bundeskabinett sei über die Ereignisse von Chemnitz debattiert worden: „Sie können sicher sein, dass die gesamte Bundesregierung sich der Ernsthaftigkeit dieses Themas bewusst ist.“

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, aus Sachsen läge ihres Wissens keine Anfrage nach Hilfe der Bundespolizei vor. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte der sächsischen Polizei Hilfe in Form von „polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen“ angeboten.

13.33 Uhr: Der Rechtsanwalt Sebastian Scharmer, der u.a. im NSU-Prozess die Tochter des in Dortmund ermordeten Kioskbesitzers Mehmet Kubasik vertreten hatte, hat Anzeige gegen den Pegida-Vorsitzenden Lutz Bachmann, verschiedene rechte Bewegungen und Mitarbeiter der Polizei und Justiz u.a. wegen des Verdachts der unbefugten Veröffentlichung von Dokumenten aus einem Strafverfahren sowie Verletzung der Dienstgeheimnisse erstattet. Auf der Homepage der Kanzlei heißt es in einer Pressemitteilung dazu:

„In dieser aufgestachelten Stimmungslage wurde unter dem 29.08.2018 bekannt, dass der Vorsitzende des Vereins Pegida e.V. und verschiedene andere rechte Bürgerbewegungen den Haftbefehl zunächst auch unter Nennung aller Klarnamen ins Internet gestellt haben sollen sowie zu einem späteren Zeitpunkt zumindest mit teils geschwärzten Namen weiter veröffentlichten. Das mit Dienstsiegel versehene Dokument wirkt authentisch.“ Der Haftbefehl habe nur einem sehr beschränkt zugänglichen Personenkreis vorgelegen haben können. Und weiter: „Die Weitergabe eines Haftbefehls in Chemnitz stellt einen neuen traurigen Höhepunkt dar. Aufgrund der zeitweisen Nennung der Klarnamen müssen nun nicht nur die Angehörigen des Getöteten, die Angehörigen der Beschuldigten, sondern auch Zeuginnen und Zeugen rechte Übergriffe oder zumindest Einflussnahmen befürchten.“

Ausschreitungen von Chemnitz: AfD und Pegida wollen gemeinsam demonstrieren

12.59 Uhr: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Veröffentlichung eines Haftbefehls gegen einen der Tatverdächtigen von Chemnitz im Internet als „vollkommen inakzeptabel“ kritisiert. Es dürfe nicht sein, dass persönliche Daten und die Vorgehensweise der Behörden der Öffentlichkeit auf diese Art und Weise bekannt würden, sagte Seehofer am Mittwoch. Die Justizbehörden müssten darauf reagieren. 

Seehofer sagte, die Vorfälle in Chemnitz und ihre Ursachen seien am Mittwoch auch Thema im Kabinett gewesen. Die Mitglieder der Regierung hätten dazu eine „sehr einheitlichen Position“ vertreten, die dem entspreche, was Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Vortag gesagt habe. Sie hatte betont, es dürfe auf keinem Platz und keiner Straße zu solchen Ausschreitungen kommen.

Seehofer sagte, er verurteile sowohl das brutale Tötungsdelikt als auch die anschließenden Ausschreitungen. Es sei gut, dass es der sächsischen Polizei gelungen sei, die beiden Tatverdächtigen dingfest zu machen. „Ich verstehe, wenn in der Bevölkerung auch eine Empörung vorhanden ist.“ Diese Empörung rechtfertige aber in keiner Weise Aufrufe zur Gewalt.

12.50 Uhr: Nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes in Chemnitz wollen die AfD und das ausländerfeindliche Bündnis Pegida gemeinsam in der Stadt demonstrieren. Am Samstag soll es ab 17.00 Uhr einen Schweigemarsch durch Chemnitz geben. Man wolle „gemeinsam um Daniel H. und alle Toten der Zwangsmultikulturalisierung Deutschlands trauern“, heißt es in dem Aufruf auf der Facebook-Seite der AfD Sachsen. Unterzeichnet ist er von den AfD-Landesvorsitzenden Jörn Urban (Sachsen), Björn Höcke (Thüringen) und Andreas Kalbitz (Brandenburg). Alle drei werden zu der Kundgebung erwartet.

Ausschreitungen von Chemnitz: Fußballklub denkt über Absage nach

12.37 Uhr:

Nach den rechtsextremen Demonstrationen und Ausschreitungen in der Stadt Chemnitz denken die Verantwortlichen von Fußball-Regionalligist Berliner AK über eine Absage des Auswärtsspiels am 15. September beim Chemnitzer FC nach. Die fremdenfeindlichen Übergriffe in Chemnitz habe der BAK mit Bestürzung, Sorge und Trauer zur Kenntnis genommen.

„Im Internet und den sozialen Medien werden weitere rechte Aufmärsche angekündigt. Es ist daher mit weiteren Straftaten zu rechnen“, wird BAK-Präsident Mehmet Ali Han in der Mitteilung zitiert. Zu den Aufmärschen am vergangenen Wochenende sollen auch Fangruppierungen des Chemnitzer FC aufgerufen haben. Han forderte den Deutschen Fußball-Bund und den Nordostdeutschen Fußballverband auf, ein Sicherheitskonzept für die Partie zu erarbeiten. „Sollte die Sicherheit unserer Spieler, Betreuer, Fans etc. nicht gewährleistet werden, ziehen wir in Erwägung, nicht anzutreten“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Der Chemnitzer FC reagierte bereits auf die Ankündigung der Berliner. „Ich habe mit Mehmet Ali Han am Mittwochmorgen telefoniert und ihn sowie den Vorstand und das Trainerteam des BAK im Vorfeld des Spiels zu einem Mittagessen nach Chemnitz eingeladen. Bei dem Termin wollen wir die Berliner davon überzeugen, dass sie sich um ihre Sicherheit am 15. September keine Gedanken machen müssen“, erklärte CFC-Sportvorstand Thomas Sobotzik.

12.34 Uhr: Mehrere tausend rechte Demonstranten zogen am Sonntag durch Chemnitz. Es kam zu Ausschreitungen und Jagdszenen. Nun stellt sich heraus, dass auch aus Bayern Aktivisten einer rechtsextremen Organisation angereist waren (merkur.de*).

Ausschreitungen von Chemnitz: Die AfD weist jede Verantwortung von sich

11.34 Uhr: Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, hat die Gewalt bei Ausschreitungen von Rechtsextremen in Chemnitz scharf verurteilt. „Zu sehen, was in Sachsen passiert ist, ist wirklich schockierend“, sagte Said am Mittwoch in Genf. Er verurteilte insbesondere die Angriffe rechter Demonstranten auf ausländische Passanten. „Es hat nichts mit Mut zu tun, sich auf ungeschützte Menschen zu stürzen“, sagte Said. Er rief die Politiker auf, deutlicher Stellung zu beziehen. „Es ist unabdingbar, dass Politiker dies alles verurteilten. Wir brauchen eine Konzentration von Stimmen in dieser Sache.“

11.07 Uhr: Nach den Demonstrationen mit Verletzten in Chemnitz hat der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen eine Mitschuld seiner Partei an den Ausschreitungen zurückgewiesen. Die Verantwortung der AfD liege bei „exakt null“, sagte er am Mittwoch im Radioprogramm SWR Aktuell. Die AfD schüre keine fremdenfeindliche Stimmung in Chemnitz. „Wir gießen da nicht Öl ins Feuer, sondern da ist eine finstere Stimmung im Land, die nur zu begründet ist.“

Nach Ansicht von Meuthen sind viele Bürger nach dem Tod des 35-Jährigen zu Recht besorgt. „Die Menschen sind empört über die Straftat, die hier begangen wurde, und sie gehen zu Tausenden auf die Straße, weil es keine Einzeltat ist und weil es darum geht, dass sich die Bürger im öffentlichen Raum nicht mehr sicher fühlen - und das aus guten Gründen.“

Ausschreitungen von Chemnitz: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Haftbefehl

10.53 Uhr: Nach den Ausschreitungen von Chemnitz steht die Polizei in der Kritik. Trotz Informationen des Verfassungsschutzes hatte sie das Gefahrenpotential der Großdemonstration laut eigener Aussage total unterschätzt. Nun haben sich die Tagesthemen mit einem eindringlichen Appell zu Wort gemeldet.

10.41 Uhr: Nach der Veröffentlichung des mutmaßlichen Haftbefehls gegen einen der Tatverdächtigen im Fall Chemnitz hat die Staatsanwaltschaft Dresden Ermittlungen eingeleitet. Der Vorfall müsse "schnellstens aufgeklärt und die notwendigen strafrechtlichen Konsequenzen gezogen werden", teilte das sächsische Justizministerium am Mittwoch in Dresden mit. Das Bündnis Pro Chemnitz hat den Beitrag auf seiner Facebook-Seite mittlerweile gelöscht: "Die Veröffentlichung des Haftbefehls verstößt angeblich gegen Facebook-Richtlinien und wurde von der 'Internetpolizei' gelöscht." Woher das Dokument stammte, war unklar. Nach Angaben der rechten Organisation wurde dieser der Haftbefehl "zugespielt".

10.20 Uhr: Weil in sozialen Netzwerken der angebliche Haftbefehl gegen einen der mutmaßlichen Messerstecher von Chemnitz kursiert, will Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Veröffentlichung sei eine Straftat, sagte Kretschmer dem MDR am Mittwochmorgen. Sein Stellvertreter Martin Dulig (SPD) sprach von einem ungeheuerlichen Vorgang. „Wenn ich höre, dass der Haftbefehl wahrscheinlich aus der Polizei heraus in rechtsextreme Kreise geleakt wurde, haben wir ein dickeres Problem aufzuarbeiten.“

Unter anderem hatte die rechtspopulistische Gruppe „Pro Chemnitz“ den Haftbefehl geteilt. Inzwischen heißt es auf deren Facebook-Seite, die „Internet-Polizei“ habe den Post gelöscht.

Ausschreitungen von Chemnitz: Rechtsradikale veröffentlichen Haftbefehl

09.31 Uhr: Gegenüber der Bild hat nun eine Polizeisprecherin die Authentizität des Dokuments bestätigt: „Ja, das Dokument ist echt. Wir haben bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Und ermitteln nach Paragraph 353 b, der Verletzung von Dienstgeheimnissen. Die Ermittlungen laufen.“

09.28 Uhr: Nach dem tödlichen Messerangriff in Chemnitz und den darauffolgenden Ausschreitungen droht nun der nächste Skandal. Wie die Tagesschau berichtet haben Rechtsradikale offenbar den Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Haupttäter im Netz veröffentlicht. Damit einher gehend rufen die Rechtsradikalen zu einer weiteren Demonstration für den Donnerstag auf. Außerdem verbreiteten sie einen Spendenaufruf. In dem laut Tagesschau offenbar authentischen Dokument sind Details zu den beiden mutmaßlichen Tätern aufgelistet.

So werden die Namen des Opfers, von Zeugen, der Richterin und der mutmaßlichen Täter genannt. Das Papier wurde unter anderem von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann, einem AfD-Kreisverband und dem Bündnis „Pro Chemnitz“ verbreitet. Letztere haben den Eintrag mittlerweile wieder gelöscht. Wie die Dokumente an die Öffentlichkeit gelangten, ist noch unklar. Über Twitter teilte das Sächsische Innenministerium lediglich mit, dass es nicht nachvollziehbar sei, woher die Bilder des Dokuments stammten.

Ausschreitungen von Chemnitz: Ramelow warnt vor einseitiger Betrachtung

06.22 Uhr: Nach den Ausschreitungen der vergangenen Tage ist es in der Nacht zu Mittwoch in Chemnitz ruhig geblieben. Es habe keine größeren Vorkommnisse gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.

06.18 Uhr: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte vor einseitiger Betrachtung. „Wenn sich ein Mob bildet, um Ausländer zu jagen, ist das schrecklich und darf nirgendwo passieren“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wenn jetzt jedoch wieder allein auf die ostdeutschen Länder gezeigt wird, verharmlosen wir ein Problem, das überall in der Bundesrepublik existiert.“

Der stellvertretende sächsische Ministerpräsident und Ost-Beauftragte der SPD, Martin Dulig, sah eine wesentliche Schuld für die Vorfälle von Chemnitz bei der CDU. „In Sachsen wurde das Problem Rassismus und wachsender Rechtsextremismus jahrzehntelang verharmlost“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). „Wir Sachsen müssen mit diesem Makel leben, den uns eine lange Zeit sehr bräsige CDU beschert hat.“

Ausschreitungen von Chemnitz: Sachsens Ministerpräsident lobt die Polizei

06.08 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Polizeiführung seines Bundeslandes gegen Kritik wegen des Einsatzes in Chemnitz verteidigt. "Die Polizei hat einen super Job gemacht", sagte Kretschmer der "Bild"-Zeitung vom Mittwoch. "Die vielen Demonstranten unterschiedlicher Gruppen wurden auseinandergehalten. Straftaten wurden dokumentiert und werden jetzt rechtlich verfolgt", sagte Kretschmer.

Mit Blick auf Demonstranten, die in Chemnitz den Hitlergruß gezeigt hatten, sagte Kretschmer, das seien "in der Tat furchtbare Bilder" gewesen. Die Betreffenden seien erfasst worden "und werden schon bald zu spüren bekommen, dass in Sachsen hart bestraft wird, wer so etwas tut". Es gebe "am Rand der Gesellschaft eine Szene von Rechtsradikalen, die immer wieder versucht, in die Mitte unserer Gesellschaft vorzudringen". Dies werde Sachsen nicht zulassen.

06.02 Uhr: Nach den Auseinandersetzungen in Chemnitz fordert der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, auch in Sachsen ein solches Amt zu schaffen. „Die Gewaltausbrüche in Chemnitz haben ein äußerst bedrohliches extremistisches Potenzial in Sachsen offenbart“, sagte Klein der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich halte es angesichts der gezeigten Aggressivität auch für jederzeit vorstellbar, dass die Rechtsextremisten gegen jüdische Einrichtungen und Personen gewalttätig auftreten.“

Traurige Tradition:

Das waren die Meldungen vom Dienstag (28.08.2018)

22.21 Uhr: Um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen, werden die Rapper Marteria und Casper Anfang kommender Woche in Chemnitz auftreten. „Wir spielen nächsten Montag um 19 Uhr am Karl-Marx-Kopf wegen der aktuellen Ereignisse“, kündigte Benjamin Griffey alias Casper am Dienstagabend bei einer Party der beiden im brandenburgischen Heimland an. Er fordere die Besucher auf, „auch mal dahin zu kommen, wo es wichtig ist“.

20.41 Uhr: Mit einem großen Aufgebot hat die Polizei in Köln rechte und linke Demonstranten auseinandergehalten, die nach den Ausschreitungen in Chemnitz auf die Straße gegangen waren. Die von der Polizei dem rechten Spektrum zugeordnete Organisation „Begleitschutz Köln“ hatte zu einer Kundgebung wegen der tödlichen Messerstiche in Chemnitz aufgerufen. Den rund 100 Teilnehmern stand am Dienstag ein Vielfaches an Gegendemonstranten gegenüber, die dem Aufruf von „Köln gegen Rechts“, „Antifa“ und „Kein Veedel für Rassismus“ gefolgt waren.

Die Polizei der Millionenstadt hatte im Vorfeld vor möglichen „unfriedlichen Aktionen“ von Kundgebungsteilnehmern gewarnt und Verstärkung aus anderen Städten angefordert. Bis auf kleinere Reibereien sei aber alles friedlich geblieben, sagte ein Polizeisprecher.

20.10 Uhr: Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat davor gewarnt, die Attacken von Rechtsextremen in Chemnitz kleinzureden. „Keine Beschwichtigungen, keine Relativierungen“, mahnte Pistorius am Dienstag auf seinem Facebook-Account. „Dieses Signal erwarte ich von allen Anständigen in diesem Land und insbesondere auch vom Bundesinnenminister und allen, die Verantwortung tragen.“ Weiter schrieb er: „Unser Land gehört nicht dieser verblendeten nationalistischen, fremdenfeindlichen, tumben Minderheit, die in Chemnitz ihre denkbar hässlichste Fratze gezeigt hat.“

20.05 Uhr: Mittlerweile hat sich auch die AfD-Bundestagsfraktions zu den Vorgängen in Chemnitz geäußert. Die Fraktionschefs Alexander Gauland und Alice Weidel erklärten einerseits, „Gewalt gegen Unschuldige und Selbstjustiz“ seien „fraglos völlig inakzeptabel und dürfen von einem funktionierenden Rechtsstaat nicht hingenommen werden“. 

Zugleich übten sie scharfe Kritik an Medien und Politik: Deren Verhalten sei „unanständig“. „Wenn die abscheuliche Tötung eines Menschen auf offener Straße weniger Beachtung und Empörung erfährt als der wütende Protest dagegen, dann haben wir hier eine fatale Schieflage“, erklärte die beiden AfD-Fraktionsspitzen. 

In Chemnitz hatte es am Sonntag am Rande des Stadtfestes eine tödliche Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Ausländern gegeben. Ein 35 Jahre alter Deutscher starb, zwei weitere Männer wurden schwer verletzt. Rechtsextreme instrumentalisierten das Geschehen für ihre Zwecke und zogen am Sonntag und Montag durch die Innenstadt. Am Sonntag attackierten einige von ihnen ausländische Passanten.

19.45 Uhr: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier hatte am Sonntag über Twitter offen zur Selbstjustiz aufgerufen. Nicht nur deswegen melden sich nun in den Reihen CDU und SPD Politiker zu Wort, die die AfD in zunehmendem Maße als „Fall für den Verfassungsschutz“ sehen.

CDU-Minister kritisiert sächsische Polizei scharf

18.36 Uhr: Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat das Vorgehen von Politik und Polizei in Sachsen im Zusammenhang mit den Krawallen von Chemnitz scharf kritisiert. „Am ersten Tag kann man vielleicht noch überrascht werden - am zweiten Tag nicht mehr“, sagte Caffier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag. Die Verantwortlichen in Chemnitz hätten die politische Brisanz der Lage offensichtlich völlig falsch eingeschätzt.

„Als zuständiger Innenminister darf man nicht die Augen vor der Realität verschließen“, sagte Caffier als Sprecher der unionsgeführten Innenressorts. „Man muss den Rechtsextremismus genauso bekämpfen wie jede andere Form von Extremismus auch.“ Die Staatsgewalt dürfe nicht durch einen Mob ausgeübt werden. Die Polizei müsse immer die Rückendeckung des Ministers spüren.

18.34 Uhr:

Nach den Krawallen in Chemnitz will Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die sächsische Stadt am Freitag besuchen. "Wenn Rechte mit Aufmärschen und Nazi-Parolen versuchen, den öffentlichen Raum zu kapern und staatliche Institutionen in Frage stellen, dürfen wir das nicht hinnehmen", erklärte Giffey am Dienstag. "Im Gegenteil, wir müssen Gesicht zeigen."

Daher wolle sie in Chemnitz "denen den Rücken stärken, die vor Ort für ein demokratisches Chemnitz eintreten", fügte Giffey hinzu. Sie wolle auch mit der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) sprechen.

18.30 Uhr:

Eine Mahnwache von Bürgern aus dem Dunstkreis der islamfeindlichen Pegida-Bewegung hat am Dienstag in Dresden zunächst nur wenig Zulauf erhalten. Eine Stunde nach Beginn der Aktion, die anlässlich der Vorkommnisse in Chemnitz angemeldet wurde, waren nur etwa 50 Teilnehmer gekommen. Gut 100 Meter entfernt versammelten sich etwa dreimal so viele Gegendemonstranten. Da es auf beiden Seiten anfangs weder Sprechchöre noch Redebeiträge gab, wirkte das Geschehen sehr statisch.

Später ergriffen bei der Mahnwache mehrere Redner das Wort und geißelten die Asylpolitik der Bundesregierung. Auf einem Banner wurde Chemnitz in einer Reihe mit Berlin, Paris und London genannt - Städte, in denen Attentate stattgefunden hatten. Die Mahnwache war unter dem Titel „Innere Sicherheit - schützt unsere Familien!“ von einer Person angemeldet worden. Unter den Teilnehmern befanden sich mehrere Menschen, die zum Stammpublikum von Pegida gehören.

Droht erneute Eskalation in Chemnitz? „Pro Chemnitz“ ruft wieder zu Demo auf

17.40 Uhr: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Ermittlungen zur Demonstration in Chemnitz am Montagabend übernommen. Damit sei die Zentralstelle Extremismus Sachsen (ZESA) beauftragt worden, teilte die Behörde mit. Ermittelt wird unter anderem gegen Menschen, die den Hitlergruß gezeigt haben. Die Polizei sprach von zehn Personen, denen das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen wird.

17.07 Uhr: Die Proteste in Chemnitz sollen weitergehen: Die rechtspopulistische Bewegung Pro Chemnitz hat erneut zu einer Demonstration aufgerufen. Wie die Stadt am Dienstag bestätigte, wurde für Donnerstag eine Kundgebung am Stadion für 500 Personen angemeldet. Anlass ist der Besuch von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zum sogenannten Sachsengespräch. Der Regierungschef und die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) haben Menschen der Stadt zu einer Diskussionsrunde in die Räume der Arena eingeladen.

17.00 Uhr: CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ruft nach den rechtsextremen und ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz dazu auf, sich in aller Deutlichkeit von rechter Gewalt abzugrenzen. „Rechtsradikale und Neonazis verbreiten Lügen und rufen zur Gewalt auf. Die AfD zeigt mit der Unterstützung für Gewalttäter wieder einmal, dass sie rechtsradikale Elemente in ihren Reihen duldet. Die breite Mitte der Gesellschaft ist aufgerufen, sich dem entgegen zu stellen, nicht nur in Sachsen, sondern überall in Deutschland“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Kein „Brennpunkt“ in der ARD zu Ausschreitungen in Dresden

16.23 Uhr: Bei besonders wichtigen Ereignissen sendet die ARD zur Hauptsendezeit einen so genannten „Brennpunkt“ - eine Sondersendung, die sich zusätzlich zu den regulären Nachrichtensendungen mit den Geschehnissen befasst. Zuletzt gab es einen ARD-“Brennpunkt“ zur Hitzewelle in Deutschland.

Zur tödlichen Messerattacke in Chemnitz und den anschließenden gewaltsamen Ausschreitungen auf rechten Demonstrationen gab es am Montag jedoch keine Sondersendung. Auf Twitter gab es Nachfragen an die ARD, warum darauf verzichtet wurde. Die Antwort des Senders fiel für einige Nutzer recht unbefriedigend aus: Ein „Brennpunkt“ komme zum Einsatz, „wenn an einem aktuellen Thema ein besonders großes Informationsbedürfnis besteht, das im Rahmen der Berichterstattung in den Regelinformationssendungen nicht ausreichend erfüllt werden kann“. schrieb die ARD. 

Eine Userin reagiert auf diese Begründung fassungslos: „Sie machen einen Brennpunkt zur WM und zu 30 Grad im Sommer? Aber wenn die Demokratie und Rechtsstaat den Bach runterzugehen drohen, dann "interessiert das nicht genug Leute"?!“ Ein anderer kritisiert: „In Deutschland werden wieder Menschen gejagt und das deckt das öffentlich rechtliche Fernsehen im Rahmen einer normalen Bericherstattung ab – einfach nur peinlich.“

16.05 Uhr: Auch zwei Tage nach dem gewaltsamen Tod des 35-Jährigen haben am Dienstag viele Menschen am Tatort des Chemnitzers gedacht. Einige hielten an dem Ort in der Innenstadt inne, andere legten Blumen ab.

Fast in der Mitte des größer gewordenen Kreises aus Blumen und Grabkerzen hat jemand ein gerahmtes Bild des getöteten Mannes aufgestellt. Eine Sonnenblume verdeckte fast den angebrachten Trauerflor.

Ein Foto des Opfers steht am Tatort zwischen zahlreichen Blumen und Kerzen.
Ein Foto des Opfers steht am Tatort zwischen zahlreichen Blumen und Kerzen. © dpa / Jan Woitas

An der Stelle hatte es am Sonntag eine tödliche Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Ausländern gegeben. Der 35 Jahre alte Deutsche starb. Gegen einen Syrer und einen Iraker wurden Haftbefehle erlassen. 

Ausschreitungen in Dresden: Kubicki gibt Merkel Mitschuld

15.58 Uhr: Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Mitschuld an den rechtsextremen Übergriffen in Chemnitz gegeben. "Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im 'Wir-schaffen-das' von Kanzlerin Angela Merkel", sagte Kubicki den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Mit dem Satz hatte Merkel mehrfach für ihre Linie in der Flüchtlingspolitik geworben.

Seit der Wiedervereinigung sei es nicht ausreichend gelungen, die Menschen im Osten zu integrieren und ihnen anerkennende Wertschätzung entgegenzubringen, sagte Kubicki. "Wie sollen sich Menschen fühlen, die glauben, alles was ihnen jahrelang vorenthalten oder gestrichen wurde, werde auf einmal Flüchtlingen gewährt?" Die Vorgänge in Chemnitz so zu interpretieren, als gäbe es eine rechtsextremistische Massenbewegung, halte er für "maßlos übertrieben", fügte der Bundestagsvizepräsident hinzu. Die große Mehrheit der Sachsen habe mit Nazis nichts am Hut.

Ausschreitungen in Chemnitz: Steinmeier bezieht Stellung

15.40 Uhr: Zu den Ausschreitungen in Chemnitz hat sich jetzt auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geäußert. Er teile die Trauer über den Tod eines Chemnitzer Bürgers. „Aber die Erschütterung über diese Gewalttat wurde missbraucht, um Ausländerhass und Gewalt auf die Straßen der Stadt zu tragen.“

Gewalt müsse geahndet werden, sagte Steinmeier weiter, egal von wem sie ausgehe, tätliche Angriffe ebenso wie Volksverhetzung. Alle Menschen in Deutschland müssten darauf vertrauen können, dass Polizei und Justiz entschlossen handelten und keine Rechtsbrüche zuließen.

„Der Staat - und allein der Staat - sorgt in diesem Land für Recht und Sicherheit. Aber die Bürger - wir alle - sorgen für den gesellschaftlichen Frieden“, betonte Steinmeier. Wer Sicherheit und gesellschaftlichen Frieden wolle, dürfe nicht „selbst ernannten Rächern“ hinterherlaufen. „Lassen wir uns nicht einschüchtern von pöbelnden und prügelnden Hooligans. Lassen wir nicht zu, dass unsere Städte zum Schauplatz von Hetzaktionen werden. Hass darf nirgendwo freie Bahn haben in unserem Land.“

Nach Messerattacke in Chemnitz: Rechte demonstrieren heute in Dresden

15.30 Uhr: Seit 15 Uhr wollen rechte Gruppierungen als Reaktion auf die Messerattacke in Chemnitz erneut demonstrieren - diesmal allerdings vor dem sächsischen Landtag in Dresden. Die Teilnehmerzahl scheint jedoch bisher gering zu sein, wie mehreren Twitter-Beiträgen zu entnehmen ist, unter anderem von Landtagsabgeordneten Mirko Schultze. Auch eine Gegendemonstration hat sich in Dresden angemeldet.

Versammlungen in Dresden
© dpa / ---

Zu der Veranstaltung um 15 Uhr vor dem Landtag unter dem Motto „Innere Sicherheit - schützt unsere Familien!“ war eine Versammlung mit bis zu 100 Personen angezeigt. Der Anmelder ist laut Dresdner Polizei dem rechten Spektrum zuzuordnen. Die Mahnwache soll nach Angaben der Stadt bis Mittwochmittag dauern.

15.26 Uhr: Der Zentralrat der Juden ist bestürzt über die Eskalation in Chemnitz. „Erschreckend viele Menschen“ hätten keine Hemmungen, „aufgrund von Gerüchten regelrecht Jagd auf bestimmte Gruppen zu machen und zur Selbstjustiz aufzurufen“, sagte Präsident Josef Schuster. „Vorfälle dieser Art gibt es gerade in Sachsen so häufig, dass wir nicht von einem Einzelfall sprechen sollten.“

Hitlergrüße in Chemnitz: Özdemir stellt Strafanzeige

15.00 Uhr: Ex-Grünen Chef Cem Özdemir hat nach den Ausschreitungen in Chemnitz wegen des dort mehrfach gezeigten Hitlergrußes Strafanzeigen gegen Unbekannt gestellt. "Dass die selbst ernannten 'besorgten Bürger' blindlings Nazis hinterherlaufen, ist schlimm genug", sagte Özdemir am Dienstag der Welt. "Aber dass in Chemnitz nun auch Hetzjagden auf Menschen gemacht und der Hitlergruß vor den Augen von Polizei und ganz offen in die Kamera gezeigt wird, das hat mich entsetzt."

Der Grünen-Politiker übte zudem Kritik an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). "Statt Hinweise auf ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus regelmäßig als Sachsen-Bashing abzutun", sollten der Heimatminister und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer das Thema "endlich ernsthaft angehen".

Ausschreitungen in Chemnitz: Sachsen will gegen Rechtsextreme vorgehen

14.49 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sieht die Reaktion auf rechte Umtriebe als gesamtgesellschaftliche Aufgabe: „Wir brauchen einen Ruck in Deutschland, auch in der sächsischen Gesellschaft.“ Es gehe darum, die Mitte der Gesellschaft zu mobilisieren. Für Extremismus sei kein Platz. Bei den Ermittlungen zu Chemnitz erwartet er baldige Ergebnisse.

„Dieses Ereignis, so wie es stattgefunden hat, muss uns alle aufrütteln“, sagte Kretschmer. Die Ereignisse von Chemnitz zeigten, dass man im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfe.

14.38 Uhr: Polizei und sächsische Landesregierung entsenden mehr Beamte nach Chemnitz. Die Zahl der Polizisten vor Ort werde sich in den kommenden Tagen und Wochen "deutlich erhöhen", sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie vor Journalisten in Dresden.

Linke: CDU hat Rechtsextremismus in Sachsen verharmlost

14.31 Uhr: Die Linke im Bund wirft der sächsischen CDU vor, das Problem des Rechtsextremismus im Freistaat verharmlost zu haben. „In Chemnitz zeigte sich dieser Tage, wohin die jahrzehntelange Beschwichtigungspolitik der sächsischen CDU gegenüber Neonazis und rassistischer Gewalt führt: es wurde Jagd auf Menschen gemacht, Journalisten mussten ihre Arbeit in Chemnitz abbrechen, weil sie um Leib und Leben fürchteten, bei Aufmärschen von rechten Kameradschaften wurde massenweise der Hitlergruß gezeigt und die Polizei war überfordert“, kritisierten die Linke-Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger am Dienstag. „Diese Beschwichtigungspolitik muss beendet werden. Das Versagen der politisch Verantwortlichen in der Staatsregierung muss personelle Konsequenzen haben“, forderten die Parteichefs.

Im Nachrichtensender n-tv forderte Riexinger den Rücktritt des sächsischen Innenministers Roland Wöller (CDU). Hier liege ein „totales Versagen“ der Landesregierung vor. „Ich finde, der Innenminister muss den Hut nehmen“, sagte Riexinger.

In Chemnitz zeige sich auch, dass die AfD der Parlamentarische Arm der Neonazis sei, die auf den Straßen eine pogromartige Stimmung schafften. Die sächsische Landesregierung sei nun mehr denn je gefragt, Haltung zu zeigen.

Polizei widerspricht Gerüchten um sexuelle Belästigung

14.10 Uhr: Auf rechten Seiten im Internet wurden nach der Messerattacke auf einen 35-Jährigen auf dem Chemnitzer Stadtfest Gerüchte verbreitet, um die Stimmung anzuheizen: Die beiden Tatverdächtigen hätten eine Frau sexuell belästigt, das spätere Opfer hätte eingreifen wollen. Die Polizei hat dem am Dienstag widersprochen: Den tödlichen Messerstichen ist kein sexueller Übergriff auf eine Frau vorausgegangen, sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, es habe sich nicht bestätigt, dass eine Frau habe geschützt werden sollen und dass es deswegen zu der Straftat gekommen sei.

Georgie sagte, es habe einen Streit zwischen zwei Männergruppen gegeben, in dessen Verlauf schließlich Messer eingesetzt worden seien. Der 35 Jahre alte Deutsche starb, zwei weitere Männer wurden schwer verletzt.

Als Tatverdächtige wurden ein Iraker und ein Syrer in U-Haft genommen. Diese Tatsache sei „überhaupt kein Grund für eine Generalverdächtigung aller ausländischen Mitbürger“, sagte der Ministerpräsident Kretschmer.

Angela Merkel äußert sich zu Ausschreitungen in Chemnitz

13.54 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach den Protesten in Chemnitz bekräftigt, in einem Rechtsstaat sei kein Platz für Hetzjagden auf Ausländer. Die Kanzlerin sagte am Dienstag: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun.“ Sie fügte hinzu: „Es darf auf keinem Platz und keiner Straße zu solchen Ausschreitungen kommen.“

13.49 Uhr: Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) haben die Bilder der Demonstrationen in Chemnitz schockiert, sagte er bei der Pressekonferenz. Zu den Protesten seien Chaoten und Hooligans aus dem ganzen Bundesgebiet angereist: Unter anderem aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Berlin und Brandenburg.

Michael Kretschmer (l, CDU), Ministerpräsident von Sachsen, Roland Wöller (M, CDU), Innenminister von Sachsen, und Jürgen Georgie, Landespolizeipräsident, nehmen an der Kabinetts-Pressekonferenz teil.
Michael Kretschmer (l, CDU), Ministerpräsident von Sachsen, Roland Wöller (M, CDU), Innenminister von Sachsen, und Jürgen Georgie, Landespolizeipräsident, nehmen an der Kabinetts-Pressekonferenz teil. © dpa / Monika Skolimowska

„Das ist Anlass, die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen“, kündigte Wöller an. Die polizeilichen Maßnahmen in Chemnitz sollten erheblich ausgeweitet werden. „Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht“, sagte der Minister.

Ausschreitungen in Chemnitz: 6000 Rechte, 1500 Gegendemonstranten, 20 Verletzte

13.35 Uhr: Die Zahl der Verletzten bei den Ausschreitungen in Chemnitz ist höher als angenommen: Bei den Protesten am Montagabend sind 18 Demonstranten und zwei Polizisten verletzt worden. Das gab die Polizei in einer Bilanz bekannt. Darüber hinaus gab es 43 Anzeigen unter anderem wegen Körperverletzung (11), Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (10), Landfriedensbruchs (2) und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (3).

Den Angaben zufolge waren 591 Einsatzkräfte aufgeboten. Laut Polizei hatten sich bei der vom rechtspopulistischen Bündnis Pro Chemnitz angemeldeten Demonstration rund 6000 Teilnehmer versammelt. An der von der Links-Partei für das Bündnis Chemnitz nazifrei organisierten Kundgebung hatten danach rund 1500 Menschen teilgenommen.

Ausschreitungen in Chemnitz: Kretschmer spricht in Pressekonferenz

13.29 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Ausschreitungen in Chemnitz bei einer aktuell laufenden Pressekonferenz scharf verurteilt. „Die politische Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten ist abscheulich“, sagte er. Die Ereignisse von Chemnitz zeigten, dass man im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfe. Der Staat lasse sich das Gewaltmonopol nicht aus der Hand nehmen. „Der sächsische Staat ist handlungsfähig und er handelt“, sagte Kretschmer. Straftäter auf allen Seiten würden dingfest gemacht.

Kabinetts-Pressekonferenz mit Kretschmer
Kabinetts-Pressekonferenz mit Kretschmer © dpa / Monika Skolimowska

Kretschmer kündigte hat nach den Ereignissen von Chemnitz ein entschiedenes Vorgehen gegen Stimmungsmache im Internet an. Die Mobilisierung für die Demos am Sonntag und Montag im Internet sei stärker als aus der Vergangenheit bekannt. „Diese Mobilisierung beruht auf ausländerfeindlichen Kommentaren, auf Falschinformationen und auf Verschwörungstheorien. Das ist auch Stimmungsmache gegen den Staat und seine Institutionen. Es ist zum Teil ein Angriff auf unsere Wahrheitssysteme.“ 

Ausschreitungen in Chemnitz: Jetzt äußert sich Innenminister Seehofer

13.01 Uhr: Horst Seehofer bietet dem Bundesland Sachsen die Polizeiunterstützung des Bundes an. „Die Polizei in Sachsen ist in einer schwierigen Situation. Sofern von dort angefordert, steht der Bund mit polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung.“ Das erklärte der Bundesinnenminister am Dienstag in Berlin.

„Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen des Opfers der Messerattacke. Ich bedauere diesen Todesfall zutiefst.“ Die Betroffenheit der Bevölkerung darüber sei verständlich. „Aber ich will auch ganz deutlich sagen, dass dies unter keinen Umständen den Aufruf zu Gewalt oder gewalttätige Ausschreitungen rechtfertigt“, fügte er hinzu. Dafür sei in einem Rechtsstaat kein Platz.

Ausschreitungen in Chemnitz: Hooligans und Rechtsextreme aus dem gesamten Bundesgebiet

12.57 Uhr: Zur Demonstration „Pro Chemnitz“ mit Tausenden Teilnehmern sind nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Hooligans und Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet angereist. Es sei überregional für Chemnitz mobilisiert worden und es habe am Montag überregionale Anreisebewegungen gegeben, sagte der Sprecher des sächsischen Verfassungsschutzes, Martin Döring, am Dienstag.

Den Kern hätten sächsische Rechtsextremisten gebildet. Die Szene in Chemnitz um die Hooligan-Gruppen „Kaotic“ und „NS-Boys“ sei virulent und mobilisierungsstark. Es seien vor allem die sozialen Netzwerke genutzt worden, um zur Fahrt nach Sachsen aufzurufen.

12.05 Uhr:  Neue Details zum gewaltsamen Todes eines 35-Jährigen nach dem Stadtfest in Chemnitz: Die Staatsanwaltschaft hat ein Handeln der Tatverdächtigen aus Selbstschutz ausgeschlossen. „Nach dem bisherigen Erkenntnisstand bestand keine Notwehrlage für die beiden Täter“, teilte eine Sprecherin am Dienstag schriftlich mit. Details zum Tathergang, bei dem zwei weitere Deutsche zum Teil schwer verletzt wurden, gab die Staatsanwaltschaft nicht bekannt.

Lesen Sie auch: CDU verliert in Mitteldeutschland dramatisch - AfD klettert in neue Höhen

Der 35-Jährige war am Sonntag durch Messerstiche so schwer verletzt worden, dass er kurze Zeit später im Krankenhaus starb ist. Gegen zwei Tatverdächtige aus Syrien und dem Irak wurde Haftbefehl erlassen. Ihnen wird gemeinschaftlicher Totschlag vorgeworfen.

Spekulationen darüber, dass das Opfer kubanische Wurzeln gehabt haben soll, konnte die Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. Das Opfer ist in Karl-Marx-Stadt - das heutige Chemnitz - geboren, teilte die Strafverfolgungsbehörde mit. „Ob er auch kubanische Wurzeln hat, ist mir nicht bekannt“, sagte eine Sprecherin.

Ausschreitungen in Chemnitz: Rechte Hetze auch bei sächsischer CDU?

11.55 Uhr: CDU und AfD tragen nach Ansicht der Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke Mitverantwortung für das aggressionsgeladene Klima in Chemnitz. „In Sachsen erleben wir ein widerwärtiges Konglomerat aus

rechter Hetze aus der Union , die sich seit Jahren schützend vor den rassistischen Mob stellt, geistigen Brandstiftern von der AfD, einer von „besorgten Bürgern“ durchdrungenen Polizei und militanten Neonazis auf der Straße“, sagte Jelpke.

Die Bundestagsabgeordnete sagte, sie hielte es für falsch, wegen der gewalttätigen Übergriffe auf Ausländer in Chemnitz jetzt keine Asylbewerber mehr in die sächsische Stadt zu schicken. „Es wäre eine Kapitulation vor dem rechtsextremen Mob, jetzt keine Schutzsuchenden mehr nach Chemnitz zu lassen.“ Wer deshalb aber nicht dort hin will, sollte auch das Recht haben, einen anderen Wohnort zu wählen.

Sebastian Kurz verurteilt Ausschreitungen in Dresden

11.43 Uhr: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat die Vorfälle in Chemnitz verurteilt. „Ich bin erschrocken über die neo-nazistischen Ausschreitungen in #Chemnitz“, schrieb der Chef der konservativen ÖVP auf Twitter. „Vorfälle wie diese sind auf das Schärfste zu verurteilen!“.

11.32 Uhr: Außenminister Heiko Maas hat zur Verteidigung demokratischer Werte in Chemnitz und weltweit aufgerufen. „Rechtsextremismus ist nicht nur eine Bedrohung von Menschen anderer Herkunft, sondern eine Gefährdung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaften“, sagte der SPD-Politiker. „Wir müssen alles tun, um Menschenwürde, Demokratie und Freiheit zu verteidigen, nicht nur in Chemnitz, sondern überall auf der Welt.“

Genau vor 55 Jahren habe der amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King seine berühmte Rede über den Traum von Gleichberechtigung aller Menschen gehalten, sagte Maas. „Solange radikale Hetzjagden veranstaltet werden, haben wir noch viel zu tun, damit der Traum von Gleichberechtigung Wirklichkeit wird.“

Ausschreitungen in Chemnitz: Zehn Menschen zeigten Hitlergruß

11.08 Uhr: Nach den gewalttätigen Demonstrationen in Chemnitz ermittelt die Polizei gegen zehn Menschen, die den Hitlergruß gezeigt haben sollen. Ihnen wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen, teilte die Polizei am Dienstag mit. Von mehreren Personen seien die Personalien aufgenommen worden. Ein Polizeisprecher sagte auf Nachfrage, dass es keine Festnahmen gegeben habe. Die Nacht in Chemnitz ist den Angaben zufolge ohne Zwischenfälle geblieben.

Zuvor waren am Montagabend bei Protesten Tausender rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt mindestens sechs Menschen verletzt worden. Laut Polizei sind vier davon Teilnehmer der von der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz angemeldeten Demo. Diese seien bei der Abreise durch 15 bis 20 Angreifer verletzt worden. Zwei von ihnen seien zur Behandlung ins Krankenhaus gekommen.

Rechte wollen heute in Dresden demonstrieren

10.50 Uhr: Der Schock über die Ausschreitungen in Chemnitz mit sechs Verletzten hält noch an - und schon wollen rechte Gruppen heute wieder in Sachsen demonstrieren, diesmal in Dresden. Wie bild.de berichtet, ist für Dienstagnachmittag um 15 Uhr eine Protestaktion vor dem Sächsischem Landtag in Dresden angemeldet. Ein Polizeisprecher bestätigte dies gegenüber der Zeitung. „Wir bereiten einen entsprechenden Einsatz gerade vor. Die Anmeldung kommt von einer Privatperson, die dem rechten Spektrum zuzuordnen ist“, wird der Sprecher zitiert.

Bereits am Sonntag und Montag war des zu Demonstrationen rechter Gruppierungen gekommen, dabei kam es auch zu Hetzjagden auf Ausländer. Beim Aufeinandertreffen von rechten Demonstranten und Gegendemonstranten wurden am Montag sechs Personen verletzt. 

Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Justizministerin warnt vor rechtsfreien Räumen

10.28 Uhr: Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat nach den Krawallen in Chemnitz vor dem Entstehen rechtsfreier Räume gewarnt. "Es ist ein Grundprinzip des Rechtsstaates, dass Recht auch durchgesetzt wird", sagte Barley am Dienstag dem "Handelsblatt". Es dürfe nicht "der Anschein entstehen, dass es Räume und Orte gibt, in denen das nicht der Fall ist".

Im konkreten Fall sieht Barley die sächsischen Behörden in der Pflicht. Straftaten müssten konsequent verfolgt werden, forderte die SPD-Politikerin. "Wer Menschen bedroht, angreift und gegen Minderheiten hetzt, muss unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Barley. "Jagdszenen und Selbstjustiz darf es in Deutschland nie wieder geben."

Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Kritik an Horst Seehofer

10.15 Uhr: Nach den Ausschreitungen in Chemnitz hat der Grünen-Politiker Konstantin von Notz Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für dessen Umgang mit den Vorfällen kritisiert. Dass Seehofer dazu seit Tagen schweige, sei skandalös, sagte der Innenpolitiker am Dienstag dem Nachrichtenportal t-online. „Der Bundesinnenminister muss sich fragen lassen, ob das Amt für ihn noch das richtige ist.“ 

Bundesinnenminister Horst Seehofer
Bundesinnenminister Horst Seehofer © dpa / Jens Hartmann

Notz kritisiert auch eine frühere Aussage von Horst Seehofer: „Wer unberechtigterweise von einer Herrschaft des Unrechts spricht, schafft auch die Legitimationsbasis für einen rechten Mob, der meint, er müsse das Recht selbst in die Hand nehmen.“ Seehofer hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Februar 2016 im Zusammenhang mit ihrer Flüchtlingspolitik eine Herrschaft des Unrechts unterstellt.

Demonstrationen in Chemnitz: Sächsischer CDU-Politiker weist Kritik an Polizei zurück

9.55 Uhr: Der sächsische CDU-Generalsekretär Alexander Dierks hat in einem Interview mit dem Deutschlandfunk Kritik an der Polizei und der sächsischen Landesregierung zurückgewiesen. Er vertrat die Auffassung, der Polizei sei es bei den gewaltsamen Demonstrationen am Montag mit sechs Verletzten gelungen, für Ordnung zu sorgen: „Ich denke, dass die sächsische Polizei am gestrigen Tag durchaus vorbereitet war und dass es auch gelungen ist, Recht und Ordnung durchzusetzen und letzten Endes dafür zu sorgen, Schlimmeres zu verhüten“, so Dierks wörtlich. 

Er wolle nicht zulassen, dass „letzten Endes gewaltbereite Demonstranten das Bild von Sachsen und auch das Bild in der Stadt Chemnitz dominieren“, so Dierks. Es sei nicht hilfreich „jetzt wieder pauschal mit dem Finger auf Sachsen zu zeigen.“ Es sei „im höchsten Maße geschmacklos“, dass der gewaltsame Tod des 35-Jährigen auf dem Chemnitzer Stadtfest „derart instrumentalisiert“ werde. 

Es gelte jetzt, Sachsens Zivilgesellschaft zu aktivieren und zu zeigen, dass eine Mehrheit von Sachsens Bevölkerung „nicht wollen, dass gewaltbereite Demonstranten Recht und Gesetz versuchen, in die eigenen Hände zu nehmen“.

Nach Ausschreitungen in Chemnitz: Städtebund beklagt Unterbesetzung der Polizei

Update vom 28. August, 9.44 Uhr:

Der Städte- und Gemeindebund hat die von der Polizei eingeräumte Unterbesetzung bei den jüngsten Demonstrationen in Chemnitz kritisiert. „Das ist ein schlechtes Zeichen für den starken Rechtsstaat“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem „Handelsblatt“ (Dienstag). „Hier müssen die Konzepte nachgebessert werden, damit sich derartige Ereignisse nicht wiederholen.“

Bei neuen Protesten rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt waren am Montagabend mindestens sechs Menschen verletzt worden. 

Ausschreitungen in Chemnitz: Kommentare nationaler und internationaler Medien

Update vom 28. August, 8.34 Uhr: Die Ausschreitungen in Chemnitz am Sonntag beherrschen weiter die aktuelle Debatte. Wir haben eine Auswahl an Kommentaren nationaler und internationaler Medien zum Thema Chemnitz zusammengestellt.

Update vom 28. August, 6.28 Uhr: Angesichts der jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz hat die Amadeu Antonio Stiftung zunehmende Aggression und Gewaltbereitschaft gegen Zuwanderer beklagt. „Der Rassismus bricht sich unverhohlen Bahn“, sagte der Experte für Rechtsextremismus der Stiftung, Robert Lüdecke, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

„Die Gesellschaft ist stark polarisiert, Menschen äußern immer unverhohlener, welche Menschen sie in Deutschland haben möchten und welche nicht.“ In den sozialen Netzwerken werde ungehemmt gehetzt und viele, die sich dort entsprechend äußerten, wähnten sich „einer gefühlten Mehrheit“ zugehörig, meinte Lüdecke.

Ausschreitungen in Chemnitz: Polizei warnt vor Selbstjustiz

Update von 28. August, 6.20 Uhr: Nach den Ausschreitungen in Chemnitz hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor dem Risiko zunehmender Selbstjustiz gewarnt. „Der Staat ist dafür da, mit Polizei und Justiz seine Bürger zu schützen“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). „Wenn er das in den Augen vieler Bürger aber nicht mehr leisten kann, besteht die Gefahr, dass die Bürger das Recht selbst in die Hand nehmen und auf Bürgerwehren und Selbstjustiz bauen.“ Dies sei ein erschreckender Trend. Über die sozialen Medien könnten viele Menschen schnell mobilisiert werden. „Aus jeder Dorfschlägerei kann eine Hetzjagd werden.“ Dabei handle es sich um Straftaten, die hart zu ahnden seien.

Nach Ansicht der GdP hat der Staat mit Schuld an dieser Entwicklung. Der jahrelange Abbau von insgesamt 16.000 Stellen bei der Polizei habe dazu geführt, dass alle Einsatzkräfte stets verplant seien. „Für Einsatzlagen wie in Chemnitz müssten sich stets mehrere hundert Kollegen in Reserve bereit halten. Das ist vollkommen unrealistisch“, sagte Malchow der Zeitung. Dafür fehlten den Bereitschaftspolizeien die notwendigen Einsatzkräfte. Die GdP fordere 20.000 neue Stellen. „Der Staat hat beim Thema Innere Sicherheit versagt, weil er massiv Personal abgebaut hat. Dieses Problem ist nicht schnell lösbar“, sagte der GdP-Chef.

Update vom 28. August, 6 Uhr: Nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz hat der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka vor der Gefahr inszenierter bürgerkriegsähnlicher Zustände gewarnt. "Es gibt in unserem Land einen kleinen rechten Mob, der jeden Anlass zum Vorwand nimmt und nehmen wird, seine Gewaltphantasien von bürgerkriegsähnlichen Zuständen auf unsere Straßen zu tragen", sagte Lischka der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe).

Update vom 28. August, 6 Uhr: Bei Zusammenstößen rechts- und linksgerichteter Demonstranten in Chemnitz hat es am Abend mehrere Verletzte gegeben. Wie die Polizei mitteilte, warfen Teilnehmer aus beiden Lagern "Feuerwerkskörper und andere Gegenstände" - dabei seien zwei Menschen verletzt worden. Gegen 21.30 Uhr waren die Versammlungen beider Gruppen beendet. Bei der Abreise wurden laut Polizei später zudem vier Teilnehmer der rechten Bürgerbewegung Pro Chemnitz verletzt.

Polizei räumt ein: Zu wenig Personal, kein störungsfreier Einsatz

Update vom 27. August, 22.39 Uhr: Nachdem sich die beiden Demonstrationen am Montagabend aufgelöst haben, räumte ein Polizeisprecher Personalmangel in den eigenen Reihen ein. Man habe mit einigen Hundert Teilnehmern gerechnet und sich entsprechend vorbereitet, aber nicht mit einer solchen Teilnehmerzahl, sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Der Einsatz verlief nicht störungsfrei.“ Noch am Nachmittag hatte Polizeipräsidentin Sonja Penzel versichert, ausreichend Kräfte angefordert worden. Es werde nicht zugelassen, dass Chaoten die Stadt vereinnahmen, sagte sie.

Nach Einschätzung der Polizei am Abend konnte eine Eskalation und ein Aufeinandertreffen der beiden Lager nur mit Mühe verhindert werden. Die Polizei hatte auch Wasserwerfer aufgefahren. Allerdings musste davon kein Gebrauch gemacht werden. Teilnehmer berichteten in sozialen Medien, dass es immer wieder Versuche gegeben habe, die Polizeikette zu durchbrechen. Auch von Vermummten wurde berichtet. Beobachter gehen davon aus, dass die Situation in der Stadt zunächst angespannt bleiben wird. Die Polizei wollte auch in der Nacht präsent bleiben.

Einsatzlage in Chemnitz laut Polizei beruhigt - Verkehr normalisiert

Update vom 27. August, 22.27 Uhr: Aktuell beruhigt sich die Lage in Chemnitz nach Angabe der Polizei Sachsen. Der Verkehr normalisiere sich und die Einsatzkräfte könnten durchschnaufen, so die Polizei per Twitter.

Videos und Fotos bei Twitter zeigen Lage in Chemnitz

Update vom 27. August, 22.25 Uhr: Bei Twitter lassen sich die Geschehnisse des Abends in Chemnitz aus subjektiver Sicht verschiedener Twitter-User nachverfolgen. Ein Video gewährt einen Überblick über das Gelände rund um das berühmte Chemnitzer Karl-Marx-Monument um etwa 20 Uhr. Es sind an verschiedenen Stellen Rauchschwaden auszumachen, die vermutlich von Pyrotechnik herrühren, von deren Einsatz auch die Polizei mehrfach berichtet hat. Der Nutzer schreibt dazu: „Lage in #Chemnitz eskaliert gerade. Nazis schmeißen Gegenstände. Es kam zu Panik bei den Gegenprotestanten. #Nazis laufen jetzt durch die Stadt.“ Die Polizei berichtete gegen 20 Uhr von Würfen von „Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen aus beiden Versammlungslagern“ (siehe Ticker-Eintrag um 20.17 Uhr). Später sprach die Polizei von vereinzelten Zusammenstößen von Teilnehmern der verschiedenen Versammlungen (siehe Ticker-Eintrag um 21.35 Uhr) und davon, dass die Lage „angespannt“ sei (siehe Ticker-Eintrag um 21.25 Uhr). Von einer „Eskalation“ war seitens der Polizei nicht die Rede.

Internet-Video zeigt Demonstrant mit Hitlergruß

Update vom 27. August, 22.06 Uhr: Auf dem Video eines Twitter-Users ist ein Mann zu erkennen, der sich aus der Versammlung löst und direkt vor einer Reihe Polizisten den Hitler-Gruß zeigt. Der Nutzer schreibt dazu: „Neonazis setzen sich ohne Absprache mit der Polizei in Bewegung. Einer macht den Hitlergruß.“

Mindestens zwei Verletzte, Augenzeugen: aggressive Stimmung

Update vom 27. August, 21.57 Uhr: Bei Protesten rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt sind am Montagabend mindestens zwei Menschen verletzt worden. Die Polizei wollte nicht ausschließen, dass sich Zahl der Betroffenen noch erhöht. Zur Schwere der Verletzungen lagen der Polizeidirektion Chemnitz zunächst keine Angaben vor. Es seien Feuerwerkskörper und Gegenstände geworfen worden, hieß es. Teilnehmer berichteten von einer aggressiven Stimmung. 

Nach Berichten von Augenzeugen im Internet kam es wiederholt zu Versuchen, die Kette der Polizisten zu durchbrechen. Die Polizei hatte unter anderem Wasserwerfer auffahren lassen. Am Abend lösten sich beide Demonstrationen auf.

Polizei: Beide Versammlungen des Abends jetzt beendet

Update vom 27. August, 21.35 Uhr: Die Polizei teilt per Twitter mit, dass nun auch die zweite Versammlung des heutigen Montags beendet sei. Vereinzelt gerieten demnach Teilnehmer der verschiedenen Versammlungen aneinander. Die Polizei trenne weiterhin konsequent und verhindere Auseinandersetzungen.

Sachsens Innenminister Wöller vor Ort - Dank an alle Polizisten für ruhiges und besonnenes Handeln

Update vom 27. August, 21.25 Uhr: Wie die Polizei Sachsen um kurz nach 21 Uhr twitterte, stattete der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) dem Führungsstab während des laufenden Einsatzes einen Besuch ab. Er danke allen eingesetzten Polizisten für ihr ruhiges und besonnenes Handeln. Die Lage bleibe aber angespannt.

Um kurz vor halb 9 hat die Versammlung Pro Chemnitz laut Polizei-Twittermeldung ihren Endpunkt erreicht. Der überwiegende Teil der Teilnehmer entferne sich demnach zügig in alle Richtungen. Die Polizei bittet weiterhin um friedliches Verhalten.

Polizei: „Überwiegender Teil der Versammlungsteilnehmer verhält sich friedlich.“

Update vom 27. August, 21.02 Uhr: Die Lage in Chemnitz scheint sich etwas entspannt zu haben. Wie die Polizei vermeldet, läuft die Versammlung Pro Chemnitz offenbar weiter auf ihrer vorgegebenen Route, wenn auch mit starker Polizeibegleitung. Vereinzelt sei es zu Würfen von Gegenständen auf die und aus der Versammlung gekommen, so die Polizei per Twitter. Der überwiegende Teil der Versammlungsteilnehmer verhalte sich friedlich.

Eindringliche Warnung der Polizei: Steinewerfer und Vermummte werden gefilmt

Update vom 27. August, 20.26 Uhr: Die Polizei hat per Twitter eindringlich davor gewarnt, Steine zu werfen. „Wir haben Personen beobachtet, die im Bereich des Stadthallenpark Steine aufnehmen. Mehr als 100 Personen haben sich vermummt. An diese Personen. „Ihre Handlungen werden gefilmt. Legen Sie die Vermummung ab und die Gegenstände nieder.““

Versammlung Pro Chemnitz wegen Vermummungen angehalten

Update vom 27. August, 20.17 Uhr: Die Versammlung Pro Chemnitz sei wegen mehreren Vermummungen angehalten worden. Das twitterte die Polizei Sachsen am Abend.

null
Nach mehreren Würfen von Feuerwerkskörpern seien einige Menschen wegen Verletzungen in Behandlung. Das twitterte die Polizei Sachsen am Montagabend. © AFP / ODD ANDERSEN

Die Versammlungsteilnehmer seien aufgefordert worden, die Vermummungen abzulegen. Nach mehreren Würfen von Feuerwerkskörpern „aus beiden Versammlungslagern“ seien einige Menschen wegen Verletzungen in Behandlung. Die Polizei fordert die Demonstranten eindringlich dazu auf friedlich zu bleiben.

Pyrotechnik und Wasserwerfer im Einsatz: Situation in Chemnitz spitzt sich zu

Update vom 27. August, 20.07 Uhr: Per Twitter vermeldet die Polizei Sachsen, sie habe ihre Wafferwerfer vorgefahren. Grund dafür waren wohl mehrere Würfe von Pyrotechnik. Sie fordert dazu auf, weiteres Werfen von Feuerwerkskörpern zu unterlassen.

Update vom 27. August, 19.40 Uhr: Die Polizei Sachsen twittert, sie habe „erste Hinweise auf einzelne Vermummungen und mehrere Hitlergrüße aus der Versammlung Pro Chemnitz erhalten.“ Diesen Verstößen werde sie unmittelbar nachgehen.

Sachsens Generalstaatsanwalt übernimmt Ermittlungen zum Streit auf Chemnitzer Stadtfest

Update vom 27. August, 19.19 Uhr: Sachsens Generalstaatsanwalt Hans Strobl hat die Ermittlungen zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes übernommen. Die vor zwei Jahren eingerichtete Sondereinheit Zentralstelle Extremismus Sachsen (ZESA) werde die weiteren Ermittlungen führen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Montagabend in Dresden mit.

"Wir wollen die Ermittlungen konzentriert und beschleunigt führen, damit die mutmaßlichen Täter schnellstmöglich vor Gericht gestellt werden können", erklärte Strobl. Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) erklärte, die "zügige Arbeit der Staatsanwaltschaft Chemnitz und der Polizei" zum Tod eines 35-jährigen Mannes und mehrerer Fälle von schwerer Körperverletzung hätten schnell zu ersten Ergebnissen geführt. Diese Taten müssen weiter zügig aufgeklärt werden.

"Aber mit der gleichen Entschlossenheit werden wir die Ermittlungen wegen der anschließenden Ausschreitungen vorantreiben", sicherte Gemkow zu. Daher sei es richtig, dass Strobl die Ermittlungen übernommen habe. "Das Gewaltmonopol liegt einzig und allein beim Staat, und wir werden gegen diejenigen, die das nicht akzeptieren, konsequent vorgehen", erklärte der Justizminister.

Am Montagabend demonstrierten in Chemnitz sowohl die rechtspopulistische Bürgerbewegung Pro Chemnitz als auch linke Gruppen wie Chemnitz nazifrei. Auf beiden Seiten nahmen mehrere hundert Menschen teil, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Dabei sei es zu "einer kleineren Auseinandersetzung verschiedener Versammlungsteilnehmer" gekommen, teilte die Polizei im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte, hatte ein Demonstrant vom linken Lager versucht, ein Transparent der rechten Demonstranten vom Karl-Marx-Monument zu entfernen. Die Polizei habe ihn daran gehindert.

Der Polizeisprecher führte aus, es gebe zwar "die ein oder andere Provokation" bei den Protesten, bis jetzt sei die Lage aber beherrschbar. Die Demonstranten der beiden Lager würden strikt getrennt. Zur Zahl der eingesetzten Beamten wollte sich der Sprecher zunächst nicht äußern.

Parallel zwei Großdemonstrationen am Montag in Chemnitz

Update vom 27. August, 18.45 Uhr: Am Tag nach den Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz hat die Polizei versucht, ein Aufeinanderprallen von rechten und linken Gruppen zu verhindern. Kurz nach einer Kundgebung gegen rechte Gewalt im Stadtpark von Chemnitz drängten am Montag Hunderte Demonstranten in Richtung einer Kundgebung der rechten Szene auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dort skandierten sie Parolen wie „Nationalismus raus aus den Köpfen“ und „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“.

null
Am Tag nach den Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz hat die Polizei versucht, ein Aufeinanderprallen von rechten und linken Gruppen zu verhindern. © AFP / ODD ANDERSEN

In Sicht- und Hörweite hatte die rechte Szene am Karl-Marx-Monument eine Kundgebung mit einem Aufzug durch die Innenstadt beantragt. Geschätzt 1.000 Menschen hatten sich dort versammelt. Am Monument wurde ein Transparent mit dem Spruch „Deitsch un' frei woll'n mer sei“ des Dichters Anton Günther (1876-1937) angebracht. Hunderte Beamte der Bereitschaftspolizei hatten die Straße zwischen beiden Kundgebungen gesperrt.

Update vom 27. August, 18.33 Uhr: Einen Tag nach Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz hat die rechte Szene zusätzlich zu einer Kundgebung auch eine Demonstration durch die Innenstadt beantragt. „Wir hatten keine Handhabe, den Marsch durch die Stadt zu untersagen“, sagte Miko Runkel, Ordnungsbürgermeister von Chemnitz am Montag. Es seien aber entsprechende Auflagen erteilt worden. Details nannte er nicht.

Chemnitz
Rechte Demonstranten halten vor dem Karl-Marx-Monument ein Plakat mit der Aufschrift "Kein Zutritt für Terror" hoch. © dpa / Sebastian Willnow

Gut eine Stunde vor der Kundgebung der rechten Gruppierungen am Abend hatten mehr als 1.000 Menschen in Chemnitz gegen rechte Gewalt demonstriert, nur wenige Meter vom rechten Lager getrennt.

Die Bereitschaftspolizei sicherte mit Hunderten Beamten beide Veranstaltungsorte und versuchte, ein Zusammentreffen der beiden Gruppierungen zu verhindern. „Wir sind gut vorbereitet. Wir haben ausreichend Kräfte angefordert“, sagte die Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel. Zu der Anzahl der Einsatzkräfte wollte sie aus einsatztaktischen Gründen keine Angaben machen.

Baerbock: Sachsen brauche „breites Bündnis für Weltoffenheit und für Demokratie und Menschlichkeit

Update vom 27. August, 18.21 Uhr: Nach den Attacken gegen Ausländer in Chemnitz haben die Grünen Sachsens Landesregierung aufgefordert, sich an die Spitze einer Gegenbewegung gegen Rechtsextremismus zu stellen. „Es gibt ein anderes Sachsen als diese Bilder“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock am Montag in Berlin mit Blick auf die Eskalation vom Wochenende. Sachsen brauche ein „breites Bündnis für Weltoffenheit und für Demokratie und Menschlichkeit“, forderte sie. Die Landesregierung, namentlich der Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), müsse sich „an die Spitze eines solchen Bündnisses stellen“.

In Chemnitz war am Wochenende bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Besuchern des Stadtfestes ein Deutscher niedergestochen worden und gestorben. Danach marschierten am Sonntag Anhänger rechter Gruppierungen auf. Auf Videos ist zu sehen, wie Ausländer und auch Polizisten aus der Menge heraus attackiert wurden.

Update vom 27. August, 18.08 Uhr: Einen Tag nach Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz haben dort mehr als 1.000 Menschen gegen rechte Gewalt demonstriert. „Die Jagdszenen auf Menschen, die nach Ausländern aussehen, machen uns Angst. Wir wollen zeigen, dass Chemnitz ein anderes Gesicht hat: weltoffen und gegen Fremdenfeindlichkeit“, sagte der Chemnitzer Linke-Vorsitzende Tim Detzner am Montag bei einer Kundgebung vor der Stadthalle. Auch die Band Kraftklub rief per Twitter zu der „Gegendemo“ um 17 Uhr im Stadthallenpark auf. 

null
Einen Tag nach Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz haben dort mehr als 1.000 Menschen gegen rechte Gewalt demonstriert. © AFP / ODD ANDERSEN

Für Montagabend (18.30 Uhr) war zudem eine Kundgebung der rechten Szene in Chemnitz angemeldet worden, in Hör-und Sichtweite der Linke-Demonstration. Die Bereitschaftspolizei sicherte mit Hunderten Beamten beide Veranstaltungsorte und versuchte, ein Zusammentreffen der beiden Gruppierungen zu verhindern.

Update vom 27. August, 17.48 Uhr: Am Tag nach den Jagdszenen auf Ausländer in Chemnitz sieht sich die Polizei auf die für Montag angekündigten erneuten Demonstrationen gut vorbereitet. Es seien ausreichend Kräfte herangezogen worden, sagte die Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel. Die Polizei werde nicht zulassen, dass die Stadt von den Demonstranten für deren Zwecke vereinnahmt werde. Für den Montagabend waren laut Stadtverwaltung Chemnitz zwei Demonstrationen angemeldet: Eine vom Bündnis „Chemnitz nazifrei“ und eine weitere von einer Privatperson.

Polizei: Rund 50 gewaltbereite Menschen unter den Demonstranten

Update vom 27. August, 17.46 Uhr: Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sieht in den rechten Ausschreitungen nach dem Tötungsdelikt in Chemnitz eine "neue Dimension der Eskalation". Das hinterlasse Spuren bei den Beamten, "alle sind angespannt und herausgefordert", sagte Wöller am Montag vor Journalisten in Chemnitz. Viele Polizeibeamte würden mittlerweile bei Einsätzen angegriffen oder angefeindet, manche Menschen meinten auch, selbst Polizei spielen zu müssen.

Chemnitz - Pressekonferenz
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sieht in den rechten Ausschreitungen nach dem Tötungsdelikt in Chemnitz eine "neue Dimension der Eskalation". © dpa / Sebastian Willnow

Update vom 27. August, 17.26 Uhr: Rund 50 gewaltbereite Menschen waren laut Polizei unter den Demonstranten, die sich am Sonntag in Chemnitz nach dem Tod eines 35-Jährigen versammelt haben. Diese hätten in dem Aufzug mit rund 800 Teilnehmern den Ton angegeben, sagte die Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel am Montag. Polizisten seien mit Flaschen und Steinen beworfen worden. Drei Geschädigte, ein Afghane, ein Syrer und ein Bulgare, hätten bislang Anzeige erstattet. Penzel rief Zeugen dazu auf, eventuell vorhandene Videos von den Ausschreitungen an die Behörden zu übergeben.

Kretschmer nennt rechte Stimmungsmache in Fall Chemnitz „widerlich“

Update vom 27. August, 15.39 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die rechte Stimmungsmache im Fall Chemnitz als „widerlich“ bezeichnet. Nötig sei ein umfassendes Bild von den Geschehnissen in Chemnitz, wo am Wochenende ein 35-Jähriger beim Stadtfest eines gewaltsamen Todes gestorben war, „und keine Mutmaßungen, Spekulationen und Gerüchte“, schrieb Kretschmer am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres Landes durch Chaoten beschädigt wird“, fügte er hinzu.

Türkische Gemeinde empört über „Pogromversuche“ in Chemnitz

Update vom 27. August, 15.35 Uhr: Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) ist entsetzt über die jüngsten Ausschreitungen im sächsischen Chemnitz. „Ist es schon wieder soweit in diesem Land, dass Rassisten Jagd auf Menschen machen?“, fragte der TGD-Bundesvorsitzende Atila Karabörklü am Montag. Was in Chemnitz geschehen sei, sei nicht als „Proteste“ zu klassifizieren, sondern als „Pogromversuche“.

SPD verurteilt Ereignisse in Chemnitz

Update vom 27. August, 15.30 Uhr: Die SPD hat die Eskalation in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes verurteilt. „Es darf keine Selbstjustiz in diesem Land geben“, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag in Berlin. „Wir erwarten, dass Zivilgesellschaft, dass alle Demokraten sich diesen Ereignissen, die dort stattfinden, entgegenstellen, dass sie laut werden, dass sie Stellung beziehen.“ Er kritisierte Bundesinnenminister Horst Seehofer, der die gewalttätigen Vorfälle zunächst nicht kommentieren wollte. „Ich erwarte von einem zuständigen Innenminister, dass er sich äußert“, sagte Klingbeil. „Da kann er sich nicht wegducken an dieser Stelle.“

Tötungsdelikt in Chemnitz: Zwei Haftbefehle beantragt

Update vom 27. August, 14.19 Uhr: Wie die Polizei nun mitteilte, wurde zwei Haftbefehle nach dem Tötungsdelikt in Chemnitz beantragt. Bei den beiden Verdächtigen handelt es sich um einen 23-jährigen Syrer und einen 22-jährigen Iraker. Sie seien dringend verdächtig, auf dem Chemnitzer Stadtfest nach einem Streit mehrfach mit einem Messer auf einen 35-Jährigen Deutschen eingestochen zu haben. Er starb an den Folgen der Messerstiche. 

AfD-Abgeordnete distanzieren sich von einem prominenten Parteikollegen nach Chemnitz-Tweet

Update vom 27. August, 14.05 Uhr: Sächsische Abgeordneten der AfD-Bundestagsfraktion distanzierten sich von einem Kommentar ihres Fraktionskollegen Markus Frohnmaier (siehe Update um 11.50 Uhr). Der Abgeordnete Jens Maier, vormals Richter in Dresden, sagte: „Wir sind da nicht besonders glücklich drüber.“ Die AfD sei eine „Rechtsstaatspartei“, die das Gewaltmonopol des Staates nicht infrage stelle. 

Die Abgeordneten haben die jüngsten „Gewaltexzesse“ in Chemnitz verurteilt und die Bürger der Stadt zur Besonnenheit aufgerufen. Zugleich äußerten sie aber am Montag in Berlin Verständnis für die Wut der Demonstranten vom Vortag. Sachsens AfD-Vize Siegbert Droese sagte: „Wie das unter Umständen zustande gekommen sein soll, der Tathergang, also mit allen Spekulationen, dass es vielleicht den einen oder anderen zur Unvorsichtigkeit verleitet, das kann ich durchaus nachvollziehen.“

Markus Frohnmaier (AfD) ruft im Netz zur Selbstjustiz auf. Er war im Bundestagswahlkampf Sprecher der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel.
Markus Frohnmaier (AfD) ruft im Netz zur Selbstjustiz auf. Er war im Bundestagswahlkampf Sprecher der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und bis 2018 Vorsitzender der Jungen Alternative. © dpa / Sebastian Willnow, Markus Frohnmaier

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hat die rechte Gewalt in Chemnitz scharf verurteilt. Das Vorgehen von Gewaltbereiten und Gewalttätern sei unerträglich, sagte Wöller am Montag im ARD-Mittagsmagazin. Zudem wandte sich der Innenminister gegen Stimmungsmache im Netz. „Wir haben eine Situation, die für mich und für viele andere unerträglich ist. Wir haben Spekulationen, wir haben Mutmaßungen, wir haben Falschmeldungen und regelrechte Lügen im Netz“, sagte Wöller. „Ich kann uns alle nur bitten, besonnen zu bleiben, ruhig zu bleiben und den Fall entlang der Tatsachen abzuarbeiten und dann entsprechende Konsequenzen zu ziehen.“

Sächsische Polizei muss sich erneut gegen Chemnitz-Falschmeldung wehren: Kein zweites Todesopfer

Update vom 27. August, 13.10 Uhr: Erneut muss sich die sächsische Polizei über Twitter gegen unzutreffende Gerüchte wehren. Neben dem Todesopfer wurden zwei weitere Männer in der Nacht zum Sonntag verletzt. Im Netz verbreitete sich das Gerücht, dass es ein zweites Todesopfer geben würde. Das sei nicht der Fall, teilte die Polizei am Montagvormittag über Twitter mit. 

Linke und rechte Gruppierungen rufen zu neuen Demos in Chemnitz auf

Update vom 27. August, 12.50 Uhr: Nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen und dem Aufmarsch mutmaßlicher Rechtsextremer haben linke und rechte Gruppierungen für Montag zu weiteren Demonstrationen aufgerufen. Linke Gruppen wie "Chemnitz nazifrei" und "Leipzig nimmt Platz" kündigten eine Demonstration gegen eine von der "Bürgerbewegung Pro Chemnitz" geplante Kundgebung an. 

Unterdessen ermittelte die Staatsanwaltschaft mit Hochdruck wegen des Tötungsdelikts. Im Tagesverlauf soll entschieden werden, ob Haftbefehl gegen die beiden 22 und 23 Jahre alten Männer beantragt wird, die in Tatortnähe festgenommen wurden.

Sprecher der Bundesregierung verurteilt Hetzjagden in Chemnitz

Update vom 27. August, 11.55 Uhr: Nun meldet sich der Sprecher von Angela Merkel zu Wort. "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Die Bundesregierung verurteile die Vorfälle in Chemnitz „auf das Schärfste“.

„Was gestern in Chemnitz stellenweise zu sehen war und was ja auch in Videos festgehalten wurde, das hat in unserem Rechtsstaat keinen Platz.“ Die Bundesregierung verurteile die Vorfälle in Chemnitz „auf das Schärfste“.

Prominenter AfD-Bundestagsabgeordneter ruft nach Chemnitz zur Selbstjustiz auf 

Update vom 27. August, 11.50 Uhr: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier hat am Sonntag über Twitter offen zur Selbstjustiz aufgerufen. Er schrieb: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbrigendendie (sic!) ‚Messermigration‘ zu stoppen.“

Mit diesem Tweet rief AfD-MdB Markus Frohnmaier die Bürger zur Selbstjustiz auf.
Mit diesem Tweet rief AfD-MdB Markus Frohnmaier die Bürger zur Selbstjustiz auf. © Screenshot Twitter

In einem Videoclip (siehe Update um 6.30 Uhr) ist auch zu sehen, wie Polizisten von rechten Demonstranten attackiert wurden, obwohl diese doch eigentlich für mehr Ordnung und Recht auf die Straßen gehen wollten. Frohnmaier, der Sprecher der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel im Bundestagswahlkampf und bis Februar 2018 Vorsitzender der Jungen Alternative war, billigt mit seinem Tweet, dass Bürger das Recht in die eigene Hand nehmen. In den Kommentaren kündigten mehrere Twitter-Nutzer an, den gut vernetzten Bundestagsabgeordneten, der auch schon Sprecher der ehemaligen Parteivorsitzenden Frauke Petry war, anzeigen und bei Twitter melden zu wollen. 

„Wer zu Selbstjustiz aufruft, gehört hinter Gitter, nicht in den Bundestag“, schrieb ein Twitter-Nutzer. Bislang ist der Tweet aber weiterhin sichtbar und nicht entfernt worden.. 

Polizei wehrt sich über Twitter gegen Spekulationen nach Tötungsdelikt in Chemnitz

Update vom 27. August, 9.25 Uhr: Noch immer sind die Hintergründe des Tötungsdeliktes unklar. Es gibt jedoch alle möglichen Gerüchte im Netz, unter anderem soll der Getötete einer belästigten Frau zur Hilfe gekommen und deswegen attackiert worden sein. Die Polizei stellte bereits am Sonntag klar, dass es hierzu keine Anhaltspunkte gibt. Die Menschen sollen sich nicht an Spekulationen beteiligen. 

Als ein Twitter-Nutzer auf sein „Gott gegebenes Recht“ pocht, über die Herkunft der Täter spekulieren zu dürfen, antwortet die Polizei Sachsen: „Manchmal fragen wir uns, was mit den Leuten los ist...“

Wie angespannt das Social Media-Team der Polizei am Sonntag war, wird auch an einem anderen Tweet deutlich. „Wird die Leier nicht langsam albern“, antwortete die Polizei auf die Vorwürfe von rechten Trollen, dass Informationen aus politischen Gründen zurückgehalten werden. Ironisch wurde in dem Tweet hinzugefügt: „Dazu muss ich erst Frau Merkel anrufen, um zu erfahren, was ich sagen darf.“

Das war passiert:

Jagdszenen durch Rechte in Chemnitz - Stadtfest abgebrochen

Update vom 27. August, 6.30 Uhr: Der spontane Aufmarsch Hunderter Menschen nach dem gewaltsamen Tod eines 35-jährigen Deutschen in Chemnitz beschäftigt am Montag Polizei und Stadt. Ein Stadtsprecher sagte, die Geschehnisse vom Sonntag müssten ausgewertet werden. Die gesamte Nacht über waren verstärkt Einsatzkräfte im Stadtgebiet unterwegs. „Es war ruhig. Es gab keine besonderen Ereignisse in der Nacht“, sagte ein Sprecher der Polizei.

Zu Gerüchten, dass es sich bei den beiden Tatverdächtigen, die in Tatortnähe festgenommen wurden, um Syrer handelt, macht die Polizei keine Angaben. Laut Tag24 heißt es hierzu: "Solange nicht klar ist, ob es sich bei den beiden Festgenommenen um Tatverdächtige handelt, gibt es keine Aussage zur Nationalität." Bei der Auseinandersetzung sollen insgesamt „maximal zehn Personen“ beteiligt gewesen sein, teilt die Polizei mit. 

Bei der Demo nahmen laut Tag24 rechte Hooligans aus der Fußballszene teil. Zunächst hieß es, dass das Stadtfest aus Pietätsgründen nach dem Todesfall am Sonntag vorzeitig beendet wurde. Doch in Wahrheit gab es wohl ebenfalls Sicherheitsbedenken, wie die Polizei in einer Pressekonferenz einräumte: "Es wurde befürchtet, dass Fußballfans aus ganz Sachsen und Brandenburg nach Chemnitz kommen könnten. Es wurden Polizisten aus Dresden und Leipzig vom Fußball abgezogen und nach Chemnitz verlegt.“ Im Internet gab es unter anderem den Aufruf der Gruppe „Heimat und Tradition Chemnitz Erzgebirge“. Dort hieß es: „Lasst uns zusammen zeigen wer in der Stadt das Sagen hat.“

Laut Polizeiangaben blieb es bei Flaschenwürfen und rechten Parolen. Im Internet kursieren allerdings auch Aufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie Polizisten und ausländisch aussehende Menschen attackiert wurden. Ein Bild-Reporter wird Zeuge davon: „Auf dem Johannis-Parkplatz machten vereinzelte Rechte regelrecht Jagd auf eine Gruppe junger Ausländer.“

Stadtfest Chemnitz wegen Hooligans abgebrochen: Oberbürgermeisterin „entsetzt“

Update vom 26. August, 22.10 Uhr: „Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt“, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem MDR. „Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen - das ist schlimm.“ Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe für den Abbruch des Fests angegeben. 

Laut der Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich in der Innenstadt einzufinden. Den Angaben nach hatten sich daraufhin zunächst gegen 15.00 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Dies sei störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD) zurück. Dem folgte eine weitere Versammlung um 16.30 Uhr. Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Bei der zweiten Versammlung nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil.

„Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft“, teilten die Beamten mit. Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt. Die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften vor Ort gewesen, hieß es weiter. Weitere Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig. Die Ansammlungen hatten sich am Abend nach und nach aufgelöst. Es werden laut Polizei vier Anzeigen bearbeitet, darunter zwei wegen Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Rechte Demo in Chemnitz: Flaschen in Richtung der Polizei geworfen

Update vom 26. August, 21.49 Uhr: Bei den Protestzügen am Sonntag durch Chemnitz ist es nach Angaben der Polizeidirektion Chemnitz zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Rund 800 Menschen versammelten sich demnach am berühmten Karl-Marx-Monument und zogen danach durch die Innenstadt. Dabei wurden Flaschen in Richtung der Polizei geworfen. Mindestens ein Beamter wurde bei einer Rangelei verletzt, so eine Polizeisprecherin zu AFP.

Der Polizei lagen zunächst vier Anzeigen vor: „Hierbei handelt es sich um zwei Anzeigen wegen Körperverletzung, eine Anzeige wegen Bedrohung sowie eine Anzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.“ 

Laut der Zeitung Freie Presse folgten die Demonstranten dem Aufruf einer rechten Ultra-Fußballvereinigung, die auf Facebook dazu aufgerufen hatte, "zu zeigen, wer in der Stadt das sagen hat." Nutzer des Kurzbotschaftendienstes Twitter schrieben über Jagdszenen auf Migranten. Die Polizeisprecherin konnte diesbezüglich keine Angaben machen.

Offenbar war die Polizei zunächst mit der Situation überfordert: Die Beamten war nach eigenen Angaben zunächst "nur mit geringen Kräften vor Ort". Deswegen wurden Einsatzkräfte der sächsischen Bereitschaftspolizei nach Chemnitz verlegt. "Die Einsatzkräfte werden auch in der Nacht im Stadtgebiet präsent sein", erklärte die Polizeidirektion Chemnitz.

Auslöser der Proteste war der Tod eines 35-jährigen Deutschen in der Nacht auf Sonntag. Nach Angaben der Polizei war es gegen 03.15 Uhr zu einer "tätlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen unterschiedlicher Nationalitäten gekommen". Dabei wurden drei Männer im Alter von 33, 35 und 38 Jahren schwer verletzt. Der 35-Jährige erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Laut Freie Presse soll es sich bei der Tatwaffe um ein später gefundenes Messer handeln.R

Rechte Vereinigung fordert: Zeigen, wer in Chemnitz das Sagen hat

Update vom 26. August, 20.47 Uhr: Nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen in Chemnitz sind hunderte protestierende Menschen durch die sächsische Stadt gezogen. Die Behörden mussten deswegen "zusätzliche Einheiten Bereitschaftspolizei nach Chemnitz" beordern, wie die Polizei am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb. Laut der Zeitung "Freie Presse" folgten die Demonstranten dem Aufruf einer rechten Ultra-Fußballvereinigung, die auf Facebook dazu aufgerufen hatte, "zu zeigen, wer in der Stadt das Sagen hat."

Auslöser war der Tod eines 35-Jährigen in der Nacht auf Sonntag. Nach Angaben der Polizei war es gegen 03.15 Uhr zu einer "tätlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen unterschiedlicher Nationalitäten gekommen". Dabei wurden drei Männer im Alter von 33, 35 und 38 Jahren schwer verletzt. Der 35-Jährige erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Laut "Freie Presse" soll es sich bei der Tatwaffe um ein später gefundenes Messer handeln.

Stadtfest abgebrochen - Chemnitzer Stadtsprecher: „Wir sind erschrocken“

Update vom 26. August, 20.42 Uhr: Die Stadt Chemnitz hat sich besorgt über die spontanen Demonstrationen im Stadtzentrum gezeigt. „Wir sind erschrocken über die Menschenansammlungen, die passiert sind“, sagte der Stadtsprecher Robert Gruner am Abend. Man habe friedlich miteinander das Jubiläum der Stadt feiern wollen. Nun habe sich jedoch gezeigt, dass es richtig war, dass Stadtfest vorzeitig abzubrechen. Statt um 20.00 Uhr endete das Fest bereits um 16.00 Uhr. Grund waren laut seinen Angaben Sicherheitsbedenken. Zunächst hatte man Pietätsgründe angegeben.

Auch AfD hat zu Kundgebung in Chemnitz aufgerufen

Chemnitz - Eine Polizeisprecherin bestätigte den Aufmarsch Hunderter Menschen in Chemnitz. Hintergrund ist der Tod eines 35-jährigen Deutschen nach einem verhängnisvollen Streit zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten in der Nacht zum Sonntag nach dem Chemnitzer Stadtfest, bei dem auch Messer zum Einsatz gekommen sein sollen.

Wie die Bild berichtete, seien unter den Demonstranten „gewaltbereite Rechte“, die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie „Wir sind das Volk“ skandierten. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete von Rangeleien. Antifaschistische Aktivisten berichteten in sozialen Medien von Übergriffen auf Migranten. Der Polizei waren zunächst keine Hinweise auf Ausschreitungen bekannt.

Am frühen Nachmittag hatte zunächst die Alternative für Deutschland (AfD) per Twitter zu einer Kundgebung aufgerufen. Diesem Aufruf waren etwa 100 Menschen gefolgt. Diese Veranstaltung blieb laut Polizei störungsfrei. Dem folgte die zweite Kundgebung, der deutlich mehr Menschen folgten.

Stadtfest Chemnitz nach Tötungsdelikt abgebrochen
Nach einem tödlichen Streit in Chemnitz sind am Sonntagnachmittag Hunderte Menschen durch die Innenstadt gezogen. © dpa / Sebastian Willnow

Nach tödlicher Messerstecherei: Polizei warnt vor Gerüchten im Internet

Bei dem verhängnisvollen Streit in der Nacht zum Sonntag in Chemnitz hat die Polizei zwei 22 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen, die sich vom Tatort entfernt hatten. Zu deren Nationalität wollte die Polizei zunächst keine Aussage machen, da noch geprüft werde, ob und wie diese in die Auseinandersetzung involviert waren. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen Totschlags. An dem Streit mit nach ersten Ermittlungen maximal zehn Personen sind laut Polizei Männer mehrerer Nationalitäten beteiligt gewesen.

Der Grund für den Streit in der Nacht zu Sonntag ist nach ersten Informationen unklar. Der tätlichen Auseinandersetzung war ein verbaler Streit vorausgegangen. Mehrere Personen waren danach vom Tatort geflüchtet.

Kursierende Informationen, nach denen dem Streit eine Belästigung von Frauen vorausgegangen sein soll, bestätigten sich nach ersten Ermittlungen der Polizei nicht. Die Polizei rief auf Twitter dazu auf, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen.

Chemnitzer Stadtfest nach Messerstecherei aus Pietätsgründen abgebrochen

Das 35-jährige Opfer starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Die beiden anderen verletzten Männer wurden ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Am Sonntag wurden Zeugen vernommen, sagte eine Sprecherin weiter. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Polizei zunächst keine weiteren Angaben machen.

Aus Pietätsgründen entschieden sich die Veranstalter des Stadtfests am Sonntag in Chemnitz für eine vorzeitige Beendigung. Statt um 20 Uhr endete das Fest bereits um 16 Uhr, wie Sören Uhle von der Wirtschaftsförderung Chemnitz sagte.

Messerstecherei in Chemnitz
Aus Pietätsgründen entschieden sich die Veranstalter des Stadtfests am Sonntag in Chemnitz für eine vorzeitige Beendigung. © dpa / Alexander Prautzsch

“Mann, der wie ein verdorbener Idiot denkt“: Trump attackiert US-Ikone heftig

Goldene Erdogan-Statue mitten in Deutschland: Darum muss sie nun doch weg

Sarrazin stellt neues Islam-Buch vor: Juso-Chef Kühnert fordert Parteiausschluss

Sachsens Ministerpräsident greift Anne Will an - ihr Konter ist kühl, überlegt und sitzt

Heißer Wahlkampf startet in Gillamoos: Söder bezieht Stellung zu Chemnitz und zur AfD

Verantwortung für Bamf-Chaos: Insider erklären Altmaiers wirkliche Rolle

Seehofer spaltet mit Asyl-Zitat: Merkel widerspricht ihm - SPD will seinen Rücktritt

Tödlicher Streit in Köthen: Opfer starb an Herzinfarkt - Haftbefehle erlassen

Maaßen erklärt Aussagen im Seehofer-Bericht - später bekommt er es von Merkel ab

„Debatte ist total sinnlos“: Bosbach zur Nachfolge von Angela Merkel

dpa

*merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion