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Sonderermittler eingesetzt: Was Donald Trump jetzt droht

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Donald Trump
Donald Trump © dpa

Donald Trump steckt in der schwersten Krise seiner jungen Präsidentschaft. Er soll die Justiz behindert und Einfluss auf den FBI-Direktor genommen haben - nun ist ein Sonderermittler am Werk. Was Trump jetzt droht:

Washington - Vor knapp vier Monaten ist Donald Trump ins Weiße Haus eingezogen. Derzeit kann keiner sagen, ob es sich für seine Frau Melania und Söhnchen Barron noch lohnt, ihm von New York nach Washington nachzuziehen. Dass der 70-iährige Präsidentschaftsneuling die reguläre vierjährige Amtszeit übersteht, scheint täglich unwahrscheinlicher - nicht erst, seit nun auch noch mit dem früheren FBI-Chef Robert Mueller ein Sonderermittler eingesetzt ist

Das US-Justizministerium hat Mueller beauftragt, mögliche Absprachen zwischen dem Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump und Russland zu untersuchen. Im Hintergrund lauert ein weiterer heftiger Vorwurf: Behinderung der Justiz - erstmals fiel vereinzelt der Begriff „Amtsenthebungsverfahren“. Denn Trump soll den (später von ihm geschassten) FBI-Direktor James Comey gebeten haben, die Ermittlungen gegen den kurzzeitigen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn wegen dessen Russlandkontakten einzustellen. Das notierte Comey, laut CNN „entsetzt“ über dieses Ansinnen, in einem Memo, über das gestern die New York Times und andere Medien berichteten. Die tz beleuchtet die möglichen Folgen.

Was kann Sonderermittler Mueller Trump anhaben?

Als Sonderermittler hat der frühere FBI-Chef alle Befugnisse eines US-Staatsanwalts. Er kann in Zusammenarbeit mit der US-Bundespolizei und den Gerichten Unterlagen anfordern, Zeugen befragen und auch Anklage erheben. Mueller kann laut Anweisung des Vize-Justizministers Rod Rosenstein auch „etwaige Angelegenheiten, die durch diese Ermittlungen direkt entstanden sind oder entstehen könnten“ untersuchen. Dazu kann etwa eine Rechtsbehinderung gehören. Muellers Amtszeit ist nicht begrenzt. Rosenstein kann zwar wichtige Untersuchungen blockieren, aber muss dann den Kongress informieren. Trump kann Mueller nicht direkt feuern, wohl aber Rosenstein anweisen, das zu tun.

Trump genießt rechtliche Immunität nur in Zusammenhang mit seinen Handlungen im Amt des US-Präsidenten. Eine Anklage in Bezug auf Vorgänge im Wahlkampf scheint also möglich - in Bezug auf einen Ermittlungsstopp gegen Comey eher nicht. So oder so dürfte für Trump aber vor allem eins gefährlich werden: Ein Umschwung in der öffentlichen Meinung aufgrund von weiteren Enthüllungen und ein mögliches Amtsenthebungsverfahren. 

Liegt - als „Beweis“ - Comeys Gesprächsnotiz vor?

Nein. Ein Vertrauter Comeys las einem Reporter Passagen aus dem Memo vor. Demnach soll der Präsident zum damaligen Chef der Bundespolizei über die Flynn-Ermittlungen gesagt haben: „Ich hoffe, Sie können das sein lassen.“ Trump habe mehrfach versichert, Flynn sei ein „anständiger Kerl“ und habe nichts Falsches getan. Flynn hatte im Februar nach weniger als einem Monat im Amt als Nationaler Sicherheitsberater zurücktreten müssen, weil er noch vor dem Amtsantritt Trumps mit dem russischen Botschafter Gespräche über US-Sanktionen gegen Russland geführt und dies verheimlicht hatte. Das Weiße Haus widersprach den neuen Berichten.

Sollte der Vorwurf wahr sein, welchen Vergehens hätte sich Trump schuldig gemacht?

Der Präsident hätte einen ganz klaren Rechtsbruch begangen. Das hat eine andere Qualität als die Plauderei Trumps über vertrauliche Geheimdienstinformation mit den Russen. Dann würde es eng.

Wie realistisch ist das Szenario einer Amtsenthebung?

Ob die Affäre Trumps Verbleib im Amt gefährden kann, hängt von seiner Partei ab. Die Republikaner stellen die Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Das Wort „impeachment“ (Amtsenthebung) nahm inzwischen nicht nur Angus King, unabhängiger Senator aus dem Bundesstaat Maine, in den Mund, sondern auch Trumps Parteifreund, der republikanische Abgeordnete Justin Amash aus Michigan.

Was unternehmen andere republikanische Mandatsträger?

Jason Chaffetz, republikanischer Vorsitzender des Aufsichtsausschusses im Abgeordnetenhaus, forderte den Übergangs-Chef des FBI, Andrew McCabe, auf, bis zum 24. Mai alle Dokumente und Aufnahmen zur Kommunikation zwischen Comey und Trump herauszugeben. So könne der Ausschuss prüfen, ob der Präsident versucht habe, die FBI-Ermittlungen zu beeinflussen oder zu behindern. Dem stimmt Republikanerchef Paul Ryan zu

Wie reagieren die oppositionellen Demokraten?

Sie hoffen,dass Comey nun zu einer öffentlichen Aussage in den Kongress vorgeladen wird, um zu Existenz und Inhalt des Memos Stellung zu nehmen. Dem müssten aber auch die Republikaner zustimmen.

Wie läuft ein Amtsenthebungsverfahren ab?

Gemäß Verfassung kann ein Präsident nur vom Kongress aus dem Amt entfernt werden. Als Gründe dafür werden aufgeführt: „Verrat,Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen“ – ohne nähere Definition. Das Impeachment wird vom Repräsentantenhaus eingeleitet. Am Ende verabschiedet die gesamte Kammer mit einfacher Mehrheit eine Liste von Anklagepunkten und leitet sie an den Senat weiter. Diesem kommt die Funktion eines Gerichts zu. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs leitet das Verfahren, einer Verurteilung müssen am Ende zwei Drittel der anwesenden Senatoren zustimmen. Bisher ist kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden. Zuletzt musste sich der Demokrat Bill Clinton 1999 wegen einer Lüge über eine sexuelle Beziehung zu Monica Lewinsky einem Verfahren stellen. Der Senat sprach ihn jedoch von den Vorwürfen des Meineides und der Behinderung der Justiz frei. 1974 kam der Republikaner Richard Nixon wegen der Watergate-Affäre um die abgehörte Wahlkampfzentrale des politischen Gegners einer Amtsenthebung durch seinen Rücktritt zuvor.

bw/fn

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