Darum will Seehofer im Bierzelt nicht neben Merkel stehen

München - Am Montag nehmen Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel an der dreitägigen Unions-Klausur in München teil. Vor allem die innere Sicherheit soll im Zentrum der Debatte stehen. Hier geht es zum News-Blog.
- In München findet die dreitägige Unions-Klausur statt.
- CDU und CSU wollen Einigkeit demonstrieren und über gemeinsame Ziele abstimmen.
- Anfang Juli will die Union ein gemeinsames Wahlprogramm vorlegen.
- Horst Seehofer will gemeinsame Auftritte mit Angela Merkel vermeiden.
- In einer Resolution wollen CDU und CSU eine deutlich härtere Gangart bei der inneren Sicherheit in allen Bundesländern fordern.
- Die Schwesternparteien, die sich während der Flüchtlingskrise ebenfalls zerstritten hatten, wollen nun die gemeinsamen Weichen für die Bundestagswahl stellen.
+++ Mike Schier, Politikchef beim Münchner Merkur, schreibt auf Merkur.de über Angela Merkels „Heimspiel in der ‚Fuchsenstube‘“.
+++ Bei Angela Merkels (CDU) Pressekonferenz nach dem Besuch bei den Unions-Fraktionsvorsitzenden am Montagabend in München war Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nur Zuschauer. Den gemeinsamen Auftritt mit der Kanzlerin hatte er kurzfristig abgesagt. Und auch bei dem für Dienstagabend geplanten gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit Merkel will er nach eigenen Angaben vermeiden, neben der Kanzlerin auf Bühne zu stehen.
Seine Begründung: So lange könne man nicht nebeneinander stehen, ohne irgendwann einmal für einen Moment nicht zu lächeln oder den Blick an die Decke zu richten. Und nicht dass von einem solchen Moment dann irgendwelche Fotos entstehen - und irgendjemand irgendetwas hineininterpretiert.
Direkt gefragt, antwortete er aber trotzdem zum Thema Steuerentlastungen. Wie hoch diese ausfallen sollen, wollte die Kanzlerin nicht sagen. Stattdessen verwies sie auf das Wahlprogramm, das Anfang Juli präsentiert werden soll. Seehofer stimmte artig zu: „Die Frau Bundeskanzlerin hat auch für die CSU geantwortet - einer der seltenen Fälle.“
+++ Sind die Wahlkampf-Themen der Union nur eine Ablenkungsmanöver? Das analysiert Merkur-Politikchef Mike Schier in seinem Kommentar.
Steuern senken und investieren - Merkel will Klarheit bis Juli
+++ Die Union will mit einem doppelten Versprechen in den Bundestagswahlkampf ziehen: von Steuersenkungen und weiteren Entlastungen einerseits und Investitionen andererseits.
Details und der Umfang sollen bis zur Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms Anfang Juli geklärt werden. Sie sei sehr hoffnungsvoll, es sei aber auch noch eine Menge zu tun, sagte die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag nach Beratungen mit den Unions-Fraktionschefs aus Bund und Ländern in München. Als Wahlkampf-Schwerpunkte nannte sie die Themen Wirtschaft, Forschung Sicherheit, Bildung, Digitalisierung und Familienpolitik. Zudem müsse man die Zukunft der sozialen Sicherungssyteme in den Blick nehmen.
CSU-Chef Horst Seehofer, der am Sonntag mit Merkel und weiteren Unions-Politikern über Wahlkampf-Schwerpunkte beraten hatte, sagte, CDU und CSU wollten Steuerentlastungen und Investitionen, nicht nur eines von beidem. „Und zwar in allen Bereichen, von der Bildung bis zur Infrastruktur.“ Man werde aber nur finanzierbare Versprechen und keinen „Wunschzettel“ vorlegen. Seehofer wies damit Äußerungen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zurück, der die Steuersenkungspläne unseriös genannt und vorrangig mehr Investitionen gefordert hatte.
Den Umfang von Steuersenkungen und weiteren Entlastungen wollten zunächst weder Merkel noch Seehofer beziffern. Merkel kündigte Klarheit bis zur Vorstellung des Wahlprogramms an. Seehofer sagte, es sei noch nichts entschieden, man habe aber am Sonntagabend „in großer Übereinstimmung“ diskutiert. Nun würden diverse Alternativen durchgerechnet. „Ich habe allen Grund jetzt, davon auszugehen, dass wir uns in der Steuerfrage sehr verständigen werden, in beiden Teilen, Soli wie Einkommensteuer.“ Profitieren sollten vor allem niedrige und mittlere Einkommen. Zudem sei es das Ziel, auch diejenigen zu entlasten, die keine Steuern zahlen. Das sind etwa Geringverdiener mit einem Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags.
Wahlkampf-Auftritt von Merkel und Seehofer im Bierzelt
+++ Knapp drei Monate nach dem Versöhnungsgipfel von CDU und CSU wollen die beiden Parteichefs Angela Merkel und Horst Sehofer am Dienstag (18.00 Uhr) im Bundestagswahlkampf in einem Münchner Bierzelt auftreten.
Der bayerische Ministerpräsident erwartet nach eigenen Angaben einen „bombastischen Abend“, bei dem die Plätze im Zelt nicht für den Besucheransturm ausreichen dürften. Die Kanzlerin und Seehofer hatten bereits 2013 im Wahlkampf bei der Truderinger Festwoche gesprochen.
Nach einem mehr als einjährigen Streit über die Asylpolitik hatte sich die CSU um Seehofer im Februar klar zu Merkels vierter Kanzlerkandidatur bekannt. Im Zuge des Wahlkampfes wollen Merkel und Seehofer noch weitere gemeinsame Termine bestreiten.
+++ Die jüngsten Wahlerfolge scheinen CDU und CSU wieder zusammengeschweißt zu haben. Kein böses Wort ist mehr übereinander zu hören, obwohl zentrale Streitpunkte ungelöst sind. Diese sollen nun hinter verschlossenen Türen geklärt und Anfang Juli im gemeinsamen Wahlprogramm als Kompromiss präsentiert werden. Ob der Frieden bis dahin hält, wird sich aber weisen müssen. Ein Überblick, über die Themen der Unions-Klausur:
OBERGRENZE: Wie hier der Sachstand ist, blieb auch nach dem Merkel-Seehofer-Treffen am Sonntag unklar. Bisher lehnte Merkel die CSU-Forderung nach einer Aufnahme von maximal 200.000 Flüchtlingen pro Jahr strikt ab. Seehofer wiederum wiederholt weiter seine Drohung, ohne Obergrenze keinen Koalitionsvertrag zu unterzeichnen. Ein Kompromiss ist derzeit nicht in Sicht.
DOPPELPASS: Die CSU-Haltung ist eindeutig: "Die doppelte Staatsbürgerschaft gehört abgeschafft." Bei der CDU votierte Anfang Dezember der Parteitag dafür, die geltende Regelung zur doppelten Staatsbürgerschaft abzuschaffen - allerdings gegen den Willen der Parteispitze und vor allem gegen Merkels Willen. Laut Seehofer ist das Thema Chefsache der Parteivorsitzenden. Am stärksten diskutiert wird in der Union ein Generationenschnitt, spätestens die zweite Einwanderergeneration soll dann nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen.
EINWANDERUNG: Bei der regulären Einwanderung - also unabhängig von der Flüchtlingsaufnahme - dürfte es konfliktfreier zugehen. Ziel ist ein "Regelwerk zur Steuerung von Einwanderung". Die Details sind zwar noch offen. Am ehesten könnte es Streit über Formulierungen geben, weil der CSU das Stichwort Begrenzung auch hier wichtig ist. Allerdings sind die Unionsparteien einig, dass Fachkräfte angeworben werden sollen.
STEUERN: Dass die Bürger entlastet werden sollen, ist zwischen CDU und CSU unstrittig. Aber beim Umfang gibt es Differenzen. Ursprünglich wollte Seehofer die "größten Steuersenkungen aller Zeiten" im Wahlkampf versprechen. Inzwischen will er eine "große, wuchtige Steuerreform", klingt also spürbar zurückhaltender. Merkel bremst noch mehr und lehnt bisher Steuerentlastungen von mehr als 15 Milliarden Euro ab - auch in ihrer eigenen Partei gibt es aber Forderungen nach einem Volumen von 30 Milliarden Euro.
MÜTTERRENTE: Die CSU will eine volle Anrechnung der Erziehungsleistungen von Müttern auf die Rente - unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Bislang sind Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, etwas schlechter gestellt. Die CSU will das Geld aus dem allgemeinen Staatshaushalt nehmen. Die CDU ist - mit Blick auf die Kosten von rund sechs Milliarden Euro - skeptisch. Seehofer kündigte bereits an, die Mütterrente in den CSU-eigenen Bayernplan aufzunehmen.
VOLKSABSTIMMUNGEN: In einer Mitgliederbefragung sprach sich die CSU-Basis im November klar für Volksentscheide auf Bundesebene aus. Die Christsozialen wollen mit der Forderung auch in den Wahlkampf ziehen. Die CDU lehnt diese Form der direkten Demokratie aber ab. Volksbegehren und Referenden sind in Deutschland im Prinzip nur auf Landes- und kommunaler Ebene und lediglich in engen Grenzen möglich. Auch dieses Thema dürfte deshalb nur im CSU-Bayernplan auftauchen, nicht aber im gemeinsamen Wahlprogramm.
+++ Die Union will nach Worten von CSU-Chef Horst Seehofer mit einem doppelten Versprechen in den Bundestagswahlkampf ziehen: von Steuersenkungen einerseits und Investitionen andererseits. Es gehe nicht nur um das Eine oder das Andere, so Seehofer. „Für uns heißt die Antwort: Steuerentlastungen und Investitionen, und zwar in allen Bereichen: von der Bildung bis zur Infrastruktur.“
Der bayerische Ministerpräsident wies damit Äußerungen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zurück, der die Steuersenkungspläne der Union als unseriös bezeichnet und vorrangig mehr Investitionen, hauptsächlich in die Bildungspolitik, gefordert hatte.
+++ Obwohl vor allem die innere Sicherheit am Montag ein großes Thema sein wird, betonte Mike Mohring, CDU-Fraktionschef in Thüringen, dass das zwischen den Unionsparteien umstrittene Thema Obergrenze für Flüchtlinge dabei keine Rolle spielen wird.
Unions-Klausur in München: Besuch der Kanzlerin ist große Ehre
+++ Bereits vor der Konferenz am Montagnachmittag tagte der CSU-Vorstand in einer Klausur, außerdem traf sich Merkel mit CSU-Chef Horst Seehofer. Merkel und Seehofer wollen am Dienstagabend zudem gemeinsam in München in einem Bierzelt auftreten.
+++ Mike Mohring sagte über den Besuch von Angela Merkel: „Dass Kanzlerin und Horst Seehofer mit den Fraktionsvorsitzenden zusammentreffen, ist für uns der Spannungsbogen schlechthin. Deshalb ist es auch eine große Ehre, dass die Kanzlerin kommt."
+++ Am Montag treffen die Unions-Parteivorsitzenden Angela Merkel und Horst Seehofer in München ein, um an der dreitägigen Unions-Klausur teilzunehmen. Die Unions-Fraktionsvorsitzenden aus Landtag, Bundestag und Europaparlament tagen bereits seit Sonntag.