Deutscher Richter leitet Verfahren gegen Mladic
Frankfurt/Den Haag - Das Völkermordverfahren gegen den mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic wird ein deutscher Jurist als Vorsitzender Richter leiten.
Der UN-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) bestimmte den Juristen Christoph Flügge als Vorsitzenden Richter. Neben dem 63-jährigen früheren Berliner Justizstaatssekretär gehören zum Richter-Team auch ein Niederländer und ein Südafrikaner. Die Entscheidung traf der amtierende Präsident des ICTY, der türkische Jurist Mehmet Güney, am Freitagabend, nachdem die serbische Justiz prinzipiell grünes Licht für die Auslieferung von Mladic nach Den Haag gegeben hatte.
Flügge war 2008 von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in das Amt eines Richters beim ICTY berufen worden. Er gilt als Experte für das Strafrecht, den Strafvollzug und inzwischen auch als guter Kenner des Völkerstrafrechts. Der an der Freien Universität Berlin ausgebildete Jurist leitete seit 1989 die Abteilung Strafvollzug in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Flügge war in Deutschland auch als Staatsanwalt und Richter tätig.
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Einen Namen hatte sich Flügge auch durch ein klares Bekenntnis zur Liberalität in der Rechtsprechung gemacht. “Selbst der Straftäter, und sei er der übelste, hat noch eine Menschenwürde. Wir müssen also so mit ihm umgehen, wie wir von ihm ein Verhalten unsererseits erwarten würden“, brachte der Jurist mit SPD-Parteibuch sein Credo einmal auf den Punkt.
Die beiden anderen Richter im Mladic-Verfahren sind der Niederländer Alphonse Orie (63) und der Südafrikaner Bakone Justice Moloto (66). Die Berufung von Richter Orie wurde in niederländischen Medien als besonders bemerkenswert bezeichnet. Kommentatoren verwiesen auf das Desaster des niederländischen Blauhelm-Bataillons, das im Sommer 1995 das von den UN zur Schutzzone erklärte Srebrenica kampflos an die übermächtigen bosnisch-serbischen Truppen unter dem Kommando von Ratko Mladic übergeben hatten. Wenig später ermordeten sie dort rund 8000 muslimische Männer und Jungen.
Der bereits 1995 wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Mladic war am Donnerstag - fast 16 Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges - in dem etwa eine Autostunde von Belgrad entfernten Dorf Lazarevo verhaftet worden. Dem früheren Militärchef der bosnischen Serben wird tausendfacher Mord vorgeworfen. Neben dem Massaker von Srebrenica wird der 69-Jährige auch für die jahrelange Belagerung und den Beschuss von Sarajevo verantwortlich gemacht, wodurch Tausende von Menschen umkamen.
Nach Angaben der serbischen Staatsanwaltschaft vom Freitag soll die Auslieferung von Mladic an das UN-Tribunal in Den Haag “spätestens in sieben Tagen“ erfolgen. Alle Voraussetzungen dafür seien erfüllt, entschied ein Gericht in Belgrad. Allerdings hat der Anwalt von Mladic für den kommenden Montag Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss angekündigt.
dapd