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Experten analysieren: Das bedeuten Trumps Aussagen

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München - Das Trump-Interview in der Bild hat mächtig Staub aufgewirbelt. Hier analysieren zwei Politik-Experten die wichtigsten Aussagen des künftigen US-Präsidenten.

Donald Trump und wie er die Welt sieht: Drei Tage vor seiner Vereidigung hat der künftige Präsident der USA der Bild und der britischen Times ein Interview gegeben, das für heftige Reaktionen in Politik und Wirtschaft sorgte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, Trumps Äußerung, dass er die Nato für „obsolet“ halte, sei bei dem Verteidigungsbündnis mit Besorgnis aufgenommen worden. Die deutsche Wirtschaft ist vor allem wegen der Drohung mit Strafzöllen nervös. In der tz ordnen Experten die Äußerungen Trumps ein. 

Seine Sicht auf die Wirtschaft

Trump: „Im Grunde genommen ist die EU ein Mittel zum Zweck für Deutschland. Deswegen fand ich, dass es so klug von Großbritannien war auszutreten. (...) Wenn Sie mich fragen: Es werden weitere Länder austreten.“

Prof. Rolf Langhammer, Kieler Institut für Weltwirtschaft:

Prof. Rolf Langhammer
Prof. Rolf Langhammer.

Historisch gesehen war die EU eher für die anderen Mittel zum Zweck: Deutschland sollte in die europäische Nachkriegsordnung eingebunden werden. Klar ist: Seit der Wirtschafts- und Währungsunion ist eine größere Kluft in Europa entstanden. Wobei offen ist, ob daran der Euro schuld ist. Denn Deutschland hat durch die Agenda 2010 und nicht durch den Euro seine Wett­bewerbsfähigkeit innerhalb der Eurozone deutlich verbessert, während gerade die Südländer ihre Zinsgewinne durch die Währungsunion weitgehend konsumiert haben und damit die Lohnkosten nach oben trieben, statt zu investieren.

Trump: „Tatsache ist, dass ihr (Deutschen) den USA gegenüber sehr unfair wart. Es besteht keine Gegenseitigkeit. Wie viele Chevrolets sehen Sie in Deutschland? (...) man sieht dort drüben gar nichts, es ist eine Einbahnstraße.“

Langhammer: Das ist ökonomischer Unsinn, die Handelsbilanz kann und darf nicht in jedem Sektor ausgeglichen sein, denn wir leben in Zeiten der Spezialisierung – das ist der Sinn von internationaler Arbeitsteilung. Wo gibt es denn ein deutsches Gegenstück zu Google, Uber und Amazon? Trump hat eine völlig falsche-Sicht auf die Weltwirtschaft und sieht nur die Industriegüter, nicht die immer wichtigeren Dienstleistungen. Man einer solchen Sicht kann er gewaltigen Schaden anrichten, wenn er etwa wirklich einen Handelskrieg mit China anzettelt.

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Trump: „Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen. (...) Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen.“

Langhammer: Trump hat hier als Präsident große Macht, denn er kann am Kongress vorbei das Nafta-Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada aufkündigen. Er kann auch Zölle erheben – der Kongress könnte ihm nur in extremen Fällen wie Kriegen und Notstand sofort ins Lenkrad greifen. Was Trump nicht kann: Produkte eines einzelnen Unternehmens diskriminieren, also sagen: Der Chevrolet Hatchback kommt aus Mexiko, deswegen erhebe ich einen speziellen Zoll gegen General Motors. Dagegen würde GM sofort wegen Diskriminierung gegenüber Ford und Co klagen – vor privaten US-Gerichten würde Trump dann eine mächtige Abfuhr bekommen. Was er machen kann: Die Regeln so verschärfen, dass ein höherer Prozentsatz der Wertschöpfung in den USA erfolgen muss. Derzeit haben nur acht Automodelle die in den USA verkauft werden, einen heimischen Wertschöpfungsanteil von mindestens 75 Prozent. 2010 waren es noch 30 Modelle.

Prof. Langhammers Fazit:

Kurzfristig kann man mit solchen Protektionsmaßnahmen vorübergehend einige Arbeitsplätze sichern: Schon in der Oba­ma-Zeit haben die Amerikaner einen Extra-Zoll auf Autoreifen aus China erhoben – das hat zunächst ein paar US-Jobs kurzfristig gerettet. Die Zeche zahlten die Kunden, denn die Autoreifen wurden deutlich teurer. Langfristig sind die Folgen solcher Schutzzölle fatal: Es wird Vergeltungsaktionen auslösen. Und zweitens konzentrieren sich Unternehmen dann nur noch auf Produkte, die am heimischen Markt abzusetzen sind, und nicht auf dem Weltmarkt, für den man zu teuer ist. So verpassen sie den Strukturwandel, verlieren neue Arbeitsplätze und belasten den Konsumenten mit höheren Kosten. Es ist zudem nachgewiesen, dass Protektionismus das Einkommen der Ärmeren stärker belastet als die Reichen. Es wäre also auch noch eine sehr unsoziale Politik.

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Seine Sicht auf die Politik

Trump: „Die Nato hat Probleme. Sie ist obsolet, weil sie erstens, wie Sie wissen, vor vielen, vielen Jahren entworfen wurde. Zweitens zahlen die Länder nicht das, was sie zahlen müssten.“

Prof. James Davis, Uni St. Gallen: Trump scheint ein Bild von der Nato zu haben, das nicht mehr aktuell ist. Zwar hat er Recht, dass viele Mitglieder ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, aber in den letzten Jahren sind da große Fortschritte erzielt worden. Vor allem Deutschland hat wachsende Verteidigungsausgaben. Trump argumentiert zudem, dass die Nato nicht in der Terrorismusbekämpfung aktiv ist. Weiß Trump nicht, dass die USA deshalb in Afghanistan gekämpft hat? Die Nato unterstütz die Terror-Bekämpfung im Mittelmeer und in Nordafrika. Sicher könnte man mehr machen – aber das ist ein Argument für mehr Nato, nicht dafür, dass sie obsolet ist.

Trump: „Ich finde, wir hätten Sicherheitszonen in Syrien errichten sollen (...) Und die Golfstaaten hätten dafür zahlen sollen, die haben doch schließlich Geld wie kaum ein anderer.“

Davis: Sicherheitszonen würden den Syrien-Krieg nicht beenden, aber sie hätten Flüchtlingsströme verhindern können. Obama hat diese Option zu schnell abgelehnt, finde ich. Aber klar ist, dass solch eine Sicherheitszone erfordert, Bodentruppen nach Syrien zu entsenden. Die Golfstaaten werden oft dafür kritisiert, dass sie zu wenig zahlen. Fakt ist, sie unterstützen massiv die Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon, sie könnten aber sicher mehr tun. Generell ist das, was Trump hier vorschlägt, interessant – aber es setzt voraus, dass die USA bereit sind zu führen.

Trump: „Sie haben Sanktionen gegen Russland – mal sehen, ob wir ein paar gute Deals mit Russland machen können.“

Davis: Trump scheint nicht zu verstehen, dass wir die Sanktionen verhängt haben, weil Russland völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert ist und die Krim annektiert hat. Die Tatsache, dass er hier von „Deals“ spricht, offenbart für mich, dass Trump kein übergeordnetes Konzept von Außenpolitik hat. Er betrachtet Politik als eine Serie von Deals, wo es keine übergeordneten Ziele oder Werte gibt. Das macht diese Politik so anders als alles, was die USA seit dem Zweiten Weltkrieg gemacht hat.

Trump: „Zunächst vertraue ich beiden (Angela Merkel und Wladimir Putin) – doch schauen wir mal, wie lange das anhält. Vielleicht hält es überhaupt nicht lange an.“

Davis: Es gibt den alten Satz, Länder haben keine permanenten Freunde oder Feinde, sondern nur permanente Interessen – da spielen persönliche Beziehungen keine Rolle. Jedoch bin ich sicher, dass eine Vertrauensbasis zwischen Politikern hilfreich ist. Aber für dieses Vertrauen ist es natürlich fatal, wenn Trump jahrzehnte alte Verträge einfach für nichtig erklärt.

Trump: „Wir wissen nicht, was wir tun, unsere Streitkräfte sind schwach, wir befinden uns in Kriegen, die niemals enden werden, wir sind jetzt seit 17 Jahren in Afghanistan (...)“

Davis: Früher hat Trump auch schon kritisiert, dass wir zu schnell aus Afghanistan raugegangen sind – er ist da sehr widersprüchlich. Wenn man die Verteidigungsausgaben der USA mit anderen Staaten vergleicht, ist es natürlich seltsam zu sagen, dass das US-Militär schwach ist, es ist die stärkste Armee der Welt. Jedoch steckt ein Kern Wahrheit drin: Die Streitkräfte sind nach Irak und Afghanistan müde. Für die ordnungspolitische Rolle der USA, etwa die Seewege frei zu halten, ist diese große Streitmacht wohl auch weiter wichtig.

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