Update 15.58 Uhr: Der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, hat in seiner öffentlichen Aussage zur Ukraine-Affäre bestätigt, dass Präsident Donald Trump eine Militärhilfe für Kiew mutmaßlich von gewünschten Ermittlungen in der Ukraine gegen seine innenpolitischen Rivalen abhängig gemacht hat. Er sei im Sommer zu dem Schluss gelangt, dass die Auszahlung der Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar nicht erfolgen würde, solange sich Kiew nicht öffentlich zu Ermittlungen unter anderem gegen die Gasfirma Burisma verpflichte, erklärte Sondland am Mittwoch im US-Kongress.
Sondland bestätigte auch, dass ein von dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj gewünschter Besuch im Weißen Haus von der öffentlichen Ankündigung der Ermittlungen abhängig gemacht worden sei. Der Botschafter erklärte, dass Trump ihn und andere Diplomaten gezwungen habe, in der Ukraine-Politik mit Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammenzuarbeiten. Giuliani war bei dem Drängen auf die ukrainischen Ermittlungen gegen die Bidens federführend.
„Wir wollten nicht mit Herrn Giuliani zusammenarbeiten“, beteuerte Sondland. Doch hätten sie Trumps Anweisung befolgt, um sich nicht die Möglichkeit entgehen zu lassen, die Beziehungen zu Kiew zu verfestigen.
Sondland gilt als einer der wichtigsten Zeugen in der Ukraine-Affäre, die voraussichtlich in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump münden wird. Er hatte bereits früher und damals noch hinter verschlossenen Türen im Repräsentantenhaus ausgesagt, seither seine Aussagen aber bereits in einigen Punkten revidiert.
Update vom 20. November: In den Ermittlungen zur Ukraine-Affäre haben US-Präsident Donald Trump und das Weiße Haus den angesehenen Militärvertreter und Schlüsselzeugen Alexander Vindman zu diskreditieren versucht. Das Weiße Haus stellte im Kurzbotschaftendienst Twitter am Dienstag Vindmans „Urteilsvermögen“ in Frage, obwohl dieser weiter für den Nationalen Sicherheitsrat tätig ist. Trump sagte, es solle „kurzer Prozess“ gemacht werden. Er habe den Ukraine-Experten des Nationalen Sicherheitsrates noch nie getroffen. „Ich hab den Mann noch nie gesehen.“
Vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses waren am Dienstag vier Zeugen gehört worden, darunter Vindman. Die Befragungen dauerten insgesamt neun Stunden lang und wurden im Fernsehen übertragen.
Nach der Marathon-Anhörung zog das Weiße Haus die Ermittlungen zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump erneut in Zweifel. Bei den „unrechtmäßigen“ Zeugenbefragungen sei „nichts Neues“ herausgekommen, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham.
Der angesehene und hochdekorierte Irak-Veteran Vindman hatte bei der Anhörung seine Vorwürfe gegen Trump bekräftigt. Er habe ein Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „unangemessen“ empfunden. Er sei „besorgt“ über das Gespräch gewesen und habe seine Bedenken aus „Pflichtbewusstsein“ dem Anwalt des Nationalen Sicherheitsrats mitgeteilt.
Auch Trumps Republikaner versuchten während der Befragung vehement, Vindmans Glaubwürdigkeit zu untergraben und befragten ihn mehrfach zu seiner Herkunft und seinen Verbindungen in die Ukraine. Vindman stammt aus der früheren Sowjetunion und wurde in Kiew geboren. Er kam als Kind mit seinen Eltern in die USA, die dort auf ein besseres Leben hofften. Vindman hatte bereits in seiner Eingangserklärung die verbalen Angriffe auf Zeugen in der Ukraine-Affäre als „verwerflich“ kritisiert.
Ursprungsmeldung vom 19. November 2019: Washington - Seit langen Wochen steht Donald Trump wegen der Ukraine-Affäre massiv in der Kritik - sollte es wegen der Vorwürfe tatsächlich zu einem Impeachment-Verfahren kommen, könnte der US-Präsident sogar sein Amt verlieren. Nun hat sich Trump auf Twitter mit einer möglicherweise spektakulären Ankündigung weit vorgewagt.
Offenbar angestachelt von Forderungen der Demokraten erklärte der US-Präsident, er erwäge eine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss - ob Trump eine schriftliche oder mündliche Einlassung meinte, wurde zunächst nicht deutlich.
Die Sitzungen des Kongress-Gremiums werden in einigen Fällen gefilmt und im TV übertragen - so etwa dieser Tage bei den laufenden Befragungen zur Ukraine-Affäre. Trump könnte sich also bald in aller Öffentlichkeit und ohne Rückzugsmöglichkeit den Fragen seiner Kritiker stellen.
Einen handfesten Plan äußerte Trump allerdings explizit nicht. „Auch wenn ich nichts Falsches gemacht habe und es mir widerstrebt, diesem unnötigen Jux-Prozess Glaubwürdigkeit zu verleihen, gefällt mir die Idee und ich werde sie, um den Kongress wieder konzentriert arbeiten zu lassen, ernsthaft in Erwägung ziehen“, twitterte er am Montag in Bezug auf einen Vorstoß der Opposition.
Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS zuvor erklärt, Trump könne gerne vor das Komitee treten und „all die Wahrheit erzählen, die er gerne verbreiten möchte“. Trump twitterte, Pelosi habe auch eine schriftliche Aussage angeboten.
In den Russland-Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller hatte Trump schon einmal eine schriftliche Aussage abgegeben. In seinem Abschlussbericht zeigte sich Mueller allerdings unzufrieden mit den Einlassungen - schriftliche Antworten seien „inadäquat“, urteilte er. Insbesondere mangele es an der Möglichkeit zu Nachfragen. Trump reagierte mit Spott auf den Bericht.
Am Montagabend rief Trump mit einem unerwarteten Krankenhaus-Besuch Besorgnis hervor. Zuvor hatte der US-Präsident eine weitere Zeugin in der Ukraine-Affäre verspottet.
Mit dem ehemaligen US-Außenminister Rex Tillerson hat unterdessen auch ein früherer Weggefährte indirekt Kritik an Donald Trumps Handeln in der Ukraine-Affäre geübt. "Es ist offensichtlich falsch, um persönliche Gefälligkeiten zu bitten und Vermögenswerte der Vereinigten Staaten als Sicherheit zu verwenden", sagte Tillerson dem Fernsehsender PBS am Montag ohne den Namen des US-Präsidenten zu nennen oder auf Details des Vorfalls einzugehen.
Tillerson, ein ehemaliger Ölmanager, war im März vergangenen Jahres kurzerhand von Trump entlassen worden. Der Ex-Außenminister hat sich seitdem häufiger kritisch über seinen ehemaligen Chef geäußert. Unter anderen sagte Tillerson, es sei seine Aufgabe gewesen, Trump davon abzuhalten, Illegales zu tun. Der US-Präsident hatte daraufhin wütend geantwortet und Tillerson als "dumm wie ein Stein" bezeichnet.
Bekanntgeworden ist unterdessen das Transkript einer Befragung eines US-Diplomaten zur Ukraine-Affäre. Diesem zufolge berichtete David Holmes im Zuge der Impeachment-Ermittlungen hinter verschlossenen Türen, er habe bei einem Mittagessen mit dem US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, in Kiew am 26. Juli dessen Telefonat mit Trump mitgehört.
Trump habe dabei gefragt, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ermittlungen in die Wege leiten werde, die Trumps politischem Rivalen Joe Biden schaden könnten. Sondland habe geantwortet: „Er wird es tun.“ Er habe hinzugefügt, Selenskyj werde alles tun, „um was Sie ihn bitten“.
Holmes sagte weiter, er habe Sondland nach dem Telefonat nach dessen Eindruck von Trumps Sicht auf die Ukraine gefragt. „Insbesondere fragte ich Botschafter Sondland, ob es stimmt, dass der Präsident sich einen Dreck um die Ukraine schert. Botschafter Sondland stimmte zu, dass der Präsident sich einen Dreck um die Ukraine schert.“
Holmes erzählte dem Transkript zufolge, er habe Sondland nach dem Grund gefragt. Sondland habe geantwortet, Trump interessiere sich nur für „große Dinge“. Er - Holmes - habe erwidert, dass „große Dinge“ in der Ukraine passierten, etwa ein Krieg mit Russland. Sondland habe gesagt, es gehe um „große Dinge“, die Trump nützten, wie etwa die „Biden-Untersuchung“. Sondland wird zunehmend eine zentrale Figur in der Ukraine- Affäre. Er soll am Mittwoch öffentlich im Repräsentantenhaus aussagen.
Bei den Ermittlungen zur Ukraine-Affäre geht es um den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegen Trump. Er soll versucht haben, die Ukraine zu Ermittlungen gegen seinen innenpolitischen Rivalen Joe Biden zu bewegen. Die oppositionellen Demokraten streben eine formelle Anklageerhebung gegen Trump an, das sogenannte Impeachment.
fn/dpa/AFP