Ukraine erzielt taktischen Durchbruch an Russlands Front - was am eroberten Dorf so wichig ist
Die Ukraine feiert bei ihrer Gegenoffensive einen wichtigen Erfolg im Süden. Damit rückt das langfristige Ziel Kiews langsam näher. Dabei geht es um die Krim.
Kiew - Die Gegenoffensive der Ukraine kommt allem Anschein nach allmählich besser in Schwung. Denn gleich an zwei umkämpften Frontabschnitten rücken die ukrainischen Streitkräfte derzeit offenbar weiter vor. Erfolge feierte sie kürzlich im Gebiet Donezk an der Ostfront sowie im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes.
Dort soll den ukrainischen Truppen laut Einschätzung einer in den USA ansässigen Denkfabrik in der Nähe der kürzlich zurückeroberten Stadt Robotyne wahrscheinlich sogar ein „erheblicher taktischer Durchbruch“ gelungen sein. Kiews Streitkräfte „weiten den Abschnitt der russischen Verteidigungsanlagen rund um die Stadt weiter aus“, hieß es in einem Update des „Institute for the Study of War“ (ISW).
Neuer Frontverlauf: Ukraine erzielt bei ihrer Gegenoffensive einen „taktischen Durchbruch“

Die Ukraine habe sich auf einen 2,6 Kilometer langen Abschnitt der vielschichtigen Verteidigungslinien Russlands um Robotyne konzentriert, so die Fachleute des ISW weiter. Allerdings habe die Ukraine die Verteidigungslinie Russlands mit Fahrzeugen und anderem schweren Gerät noch nicht vollständig durchbrochen. Die russischen Streitkräfte hätten „den Großteil ihrer Kampfkraft an den vordersten russischen Verteidigungspositionen stationiert, um sich gegen ukrainische Gegenoffensive zu verteidigen“, so das ISW: „Diese russischen Streitkräfte haben wahrscheinlich schwere Verluste erlitten.“
Das ukrainische Militär hatte Anfang September gemeldet, dass seine Streitkräfte die erste Verteidigungslinie um Robotyne südlich der von der Ukraine gehaltenen Stadt Orichiw in Saporischschja durchbrochen hätten. Brigadegeneral Oleksander Tarnawskyj sprach damals in einem Interview mit dem Observer davon, dass die Russen an der ersten Linie 60 Prozent ihrer Ressourcen und Zeit aufgewendet hätten, weshalb bei den Verteidigungslinien zwei und drei nur noch je 20 Prozent der Ressourcen zu erwarten seien.
Die russischen Linien versperren der Ukraine den Weg in die besetzten Städte Tokmak und Melitopol. In einem operativen Update vom 17. September erklärte der ukrainische Generalstab, dass seine Soldaten weiterhin russische Stellungen in Richtung Melitopol angreifen würden, „was den Besatzungstruppen erhebliche Verluste an Arbeitskräften und Ausrüstung verursachte und den Feind zwang, sich aus den besetzten Stellungen zurückzuziehen“. Strategisches Ziel der ukrainischen Armee im Ukraine-Krieg ist das noch etwa 80 Kilometer entfernte Asowsche Meer, um für Russland den Landweg auf die Halbinsel Krim abzuschneiden.
Ukraine befreit weitere Ortschaft im Osten
Unterdessen setzt die Ukraine ihre Angriffe nach Angaben des Generalstabs auch rund um die kürzlich befreite Ortschaft Klischtschijiwka im Osten ihres Landes fort. Am 17. September hatten sowohl das ukrainische Militär als auch Präsident Wolodymyr Selenskyj die Befreiung der Ortschaft unmittelbar südlich der Stadt Bachmut gemeldet. „Heute möchte ich besonders die Soldaten erwähnen, die Schritt für Schritt der Ukraine ihr Eigentum zurückholen, gerade in der Gegend von Bachmut“, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft: „Klischtschijiwka. Prachtkerle.“
Die Brigade „Ljut“ veröffentlichte ein Video, auf der sie ebenfalls die Einnahme verkündete. „Der Feind versucht aber weiterhin, sie wieder zu besetzen“, sagte einer der Soldaten, die die ukrainische Fahne und die Flaggen der beteiligten Armee-Einheiten in die Kamera halten. Im Hintergrund ist anhaltender Gefechtslärm zu vernehmen. Von russischer Seite gab es bislang keinen Kommentar. Unabhängig lassen sich die Meldungen der Kriegsparteien zunächst oft nicht überprüfen.
Taktische Lage der russischen Besatzer verschlechtert sich deutlich
Mit der Einnahme Klischtschijiwkas durch die Ukraine verschlechtert sich die taktische Lage der russischen Besatzer auch rund um Bachmut deutlich. Sie laufen nun Gefahr, vom Süden und vom Norden her in die Zange genommen zu werden. Um Bachmut hatten russische und ukrainische Truppen gut ein halbes Jahr lang gekämpft. Aufseiten der russischen Streitkräfte kamen hier vor allem die Privatsöldner der Wagner-Gruppe zum Einsatz. (cs)