Druck auf Westerwelle wächst

Berlin - Nach den schlechten Wahlergebnissen gewinnt die Führungsdebatte in der FDP immer mehr an Fahrt. Besonders der Parteivorsitzende Guido Westerwelle stand am Donnerstag erneut stark unter Druck.
Führende Liberale forderten seinen Rückzug und brachten als Nachfolger Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie Generalsekretär Christian Lindner ins Spiel. Leutheusser-Schnarrenberger selbst attestierte ihrer Partei ein Glaubwürdigkeitsproblem. “Man darf nicht alles auf die Atomkatastrophe in Fukushima schieben“, sagte die Ministerin und bayerische FDP-Landesvorsitzende der “Mittelbayerischen Zeitung“.
Sie waren die Chefs der FDP
Wenn die FDP nach Antworten suche und Konsequenzen ziehe, “muss sie berücksichtigen, dass wir schon vorher in einer schwierigen Situation waren“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle kritisierte das Erscheinungsbild seiner Partei. Die Partei müsse sich auf das besinnen, was sie bei der vergangenen Bundestagswahl so stark gemacht habe. “Wir brauchen einen klaren Kurs. Gefragt sind unsere Brot- und Butter-Themen: Soziale Marktwirtschaft, Bildung, Bürgerrechte und Steuergerechtigkeit“, sagte Brüderle der “Bild“-Zeitung. Der Minister hatte kurz vor der Wahl in Rheinland-Pfalz, bei der seine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, mit angeblichen Äußerungen zum Atom-Moratorium für Wirbel gesorgt. Nach der Wahl gab Brüderle sein Amt als FDP-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz auf.
Forderung nach neuem Konzept
Die Hamburger FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding forderte ein neues inhaltliches und personelles Gesamtkonzept für ihre Partei. Ein “weiter so“ dürfe es nicht geben, sagte Suding dem “Hamburger Abendblatt“. Die FDP müsse jetzt “an einem inhaltlichen und personellen Gesamtkonzept arbeiten, mit dem wir die Partei wieder voranbringen“. Dabei stünden “prinzipiell alle Ämter und Themen zur Disposition.“ Sie selbst werde auf dem Parteitag im Mai für ein Amt im Bundesvorstand kandidieren, kündigte die FDP-Politikerin an. Es sei nun eine thematisch breitere Aufstellung nötig - und die verkörpere niemand mehr als Generalsekretär Lindner, sagte Suding. “Christian Lindner hat sicherlich das Potenzial, einmal Parteivorsitzender zu werden.“
Lob erhielt der Generalsekretär auch vom niedersächsischen Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP). “Christian Lindner ist ein guter Mann, dem in der FDP noch eine große Zukunft bevorsteht“, sagte Bode der Zeitung. Die stellvertretende bayerische FDP-Landesvorsitzende Renate Will forderte Westerwelle zum Rücktritt auf. Nach den Misserfolgen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz reiche es nicht, “nur ein paar Stellvertreter auszutauschen“, sagte sie der “Süddeutschen Zeitung“. Für die Nachfolge nannte sie Leutheusser-Schnarrenberger. “Bei ihr passen Person und Inhalt zusammen“, sagte Will. Auch FDP-Vorstandsmitglied Alexander Pokorny sprach sich gegen seinen Chef aus. “Ich glaube nicht, dass ein Parteivorsitzender Westerwelle einen Neubeginn glaubwürdig vertreten kann“, sagte er dem “Tagesspiegel“.
Ein Personalwechsel sei erforderlich. Anderenfalls laufe man Gefahr, weitere Wahlen zu verlieren. Der FDP-Ehrenvorsitzende Wolfgang Gerhardt wollte sich nicht auf Namen festgelegen, rief aber die “die junge Generation der FDP“ auf, sich zu engagieren. “Der zweite Punkt ist: Es ist mit Personal allein nicht getan“, sagte er in der ARD. Die FDP brauche auch eine Neubestimmung ihrer Standorte. Eine Vorentscheidung über die künftige FDP-Spitze könnte bereits am 11. April fallen. Dann will das FDP-Präsidium mit den Landesvorsitzenden erstmals über das Führungsteam beraten. Ein FDP-Wahlparteitag findet vom 13. bis 15. Mai in Rostock statt.
dapd