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EFSF-Abstimmung: Bedenken in allen Lagern

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Berlin - Der Bundestag stimmt am Donnerstag über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms ab. SPD-Fraktionschef Steinmeier bezweifelt, dass das Paket ausreichen wird- Auch in den eigenen Reihen gibt es Bedenken.

Vor der an diesem Donnerstagvormittag anstehenden Bundestagsabstimmung über erweiterte Euro-Hilfen haben Gegner und Befürworter unter den Koalitionären noch einmal für ihre Positionen geworben. Die Befürworter warnen vor einer Gefährdung des Euros und damit der europäischen Einigung, wenn der Rettungsfonds EFSF nicht gestärkt wird - die Gegner befürchten einen weiteren Schritt hin zu einer Schuldenunion, die selbst das wirtschaftsstarke Deutschland überfordern würde. Eine Mehrheit des gesamten Parlaments gilt trotz des koalitionsinternen Widerstands als sicher, da SPD und Grüne bereits Zustimmung signalisiert haben.

CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte sein aktuelles Ja bei gleichzeitiger Ablehnung weitergehender Maßnahmen. Die CSU stehe zur jetzigen Reform, lehne aber neuerliche Erweiterungen des Schutzschirms ab. “Wenn eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Deutschlands droht, ist Schluss“, erklärte der bayerische Ministerpräsident in der “Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag).

Steinmeier bezweifelt Ausreichen des Euro-Rettungsschirms

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warb in der Bild-Zeitung um Zustimmung, geht aber nicht davon aus, dass das Rettungspaket ausreicht: “Wer heute verspricht “Das war's“, der ist nicht ehrlich. Das pfeifen die Spatzen doch schon überall von den Dächern. Frau Merkel und Herr Schäuble beschummeln die eigenen Leute, wenn sie das Gegenteil behaupten.“

Der Oppositionsführer fügte hinzu: “Niemand kann sicher sein, dass die Regierung diesmal die ganze Wahrheit auf den Tisch legt. Bisher kam alles nur scheibchenweise ans Licht, weil Kanzlerin Merkel sich nicht traut, ihrer Partei und auch der FDP reinen Wein einzuschenken.“ Es gehe dabei nicht in erster Linie um wolkige Bekenntnisse zur Solidarität. Auf dem Spiel stehe die Wirtschaftskraft unseres Landes und Millionen Arbeitsplätze in Deutschland.

Die schwarz-gelbe Koalition rechnet trotz mehrerer Abweichler mit einer einfachen eigenen Mehrheit. Fraglich war bis zuletzt aber, ob es für die symbolträchtige sogenannte Kanzlermehrheit von 311 Stimmen reicht. Für sie kann sich das Regierungslager nur 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen erlauben.

CSU-Mann kritisiert fehlende Finanzmarktregulierung

Einer der Abweichler ist der CSU-Abgeordnete Josef Göppel. “Deutschland erhöht seine Garantieverpflichtung von 123 auf 211 Milliarden Euro, ohne dass damit eine Regulierung spekulativer Finanzgeschäfte verbunden ist“, kritisierte er in einer persönlichen Erklärung, die der dpa vorliegt. Der deregulierte Finanzmarkt sei der politischen Gestaltung entglitten, so Göppel. “Täglich wird an den Börsen der Welt das 80-fache des Produktionswerts aller Güter und Dienstleistungen gehandelt.“ Solche Summen könnten mit Steuererträgen aus der Realwirtschaft nicht mehr aufgefangen werden. Neue Anleihen für zusätzliche Rettungsschirme trieben vielmehr die Schuldenspirale weiter an und böten Ansatzpunkte für neue spekulative Angriffe. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch plädierte in den Ruhr Nachrichten für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone.

Der prominenteste Gegner, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, beklagte starken Druck auf ihn. Natürlich drohe niemand mit einem Ende der politischen Karriere. “Das läuft schon subtiler ab“, sagte Bosbach, der bislang als Gefolgsmann von Kanzlerin Angela Merkel galt, der “Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Er habe erwartet, wegen des Neins Ärger zu bekommen, aber nicht so großen.

Chronologie: Schuldenkrise im Euroland

Der CDU/CSU-Vizefraktionschef Michael Meister warb in der “Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe) für ein Ja: “Von außen betrachtet geht es um die Frage: Nimmt Deutschland seine Führungsrolle wahr und ist Europa in der Lage, die Euro-Krise zu bewältigen?“

Der EFSF-Rettungsfonds soll neue Instrumente und zusätzliche Gelder zur Stützung von Euro-Krisenländern erhalten. Abgestimmt wird auch über mehr Beteiligungsrechte des Parlaments bei den Euro-Hilfen. Eine stärkere Mitsprache des Bundestages hatte kürzlich auch das Bundesverfassungsgericht verlangt.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), sprach sich derweil für einen EU-Haushaltskommissar “mit umfassenden Durchgriffsrechten“ aus. Die Nationalstaaten würden dann zwar weiter ihre Etats aufstellen, erläuterte er in der “Rheinischen Post“ (Donnerstag). “Aber es sollte eine Instanz geben, die bei Fehlentwicklungen europaweit gegensteuern kann.“

dpa/dapd

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