Berlusconi verliert Hochburg Mailand

Rom - Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat bei den Kommunalwahlen seine langjährige Hochburg Mailand an die Linke verloren. Das ist allerdings nicht seine einzige Niederlage.
Die ersten Wahlen nach der Anklage Silvio Berlusconis wegen Sex mit einer minderjährigen Prostituierten haben für den italienischen Ministerpräsidenten schwere Niederlagen gebracht: In seiner Hochburg Mailand, in der ihm verbündete Politiker seit fast zwei Jahrzehnten den Bürgermeister stellen, verlor Amtsinhaberin Letizia Moratti in der Stichwahl gegen Herausforderer Giuliano Pisapia. In Neapel ging Berlusconis Kandidat Gianni Lettieri mit fast 30 Prozentpunkten Rückstand auf Luigi de Magistris, einem früheren Richter, durchs Ziel. Das geht aus den vorläufigen Endergebnissen in beiden Städten hervor.
Berlusconi räumte die Niederlage ein: “Dieses Mal haben wir nicht gewonnen, aber wir machen weiter. Ich bin ein Kämpfer. Jedes Mal, wenn ich verloren habe, habe ich die Anstrengungen verdreifacht“, sagte er Journalisten in Rumänien, wo er sich für einen Staatsbesuch aufhält.
Berlusconi: Kleiner Mann ganz groß
Analysten sprachen nach den Erstrundenniederlagen in Turin und Bologna von einer “klaren Niederlage der Rechten, einer strategischen Niederlage“. Berlusconis politische Zeit laufe ab, sagte Stefano Folli. “Schauen wir, ob er in der Lage ist, seine eigene Nachfolge zu regeln.“
Am Sonntag und Montag fanden in Italien Stichwahlen in jenen Städten und Gemeinden statt, bei denen in der ersten Runde vor zwei Wochen kein Kandidat in der ersten Runde mindestens 50 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Die Wahlbeteiligung lag im Schnitt bei 60 Prozent der 5,5 Millionen Wahlberechtigten - in Mailand lag sie mit 67,2 Prozent deutlich darüber.
Neue Ermittlungen gegen Berlusconi
Mailand sieht sich in Mailand mit einem Prozess wegen einer Beziehung mit einer marokkanischen Prostituierten konfrontiert. Zudem laufen in der Stadt gegen ihn drei weitere Prozesse.
Aus Kreisen Berlusconis hieß es, Ergebnisse von Kommunalwahlen seien mit allgemeinen Wahlen nicht vergleichbar. Fabrizio Cicchitto, ein Verbündeter Berlusconis, fügte aber hinzu. “Wir sind mit einer notwendigen politischen Analyse konfrontiert.“
Der 74-jährige Regierungschef hatte sich mit seinem gesamten politischen Gewicht in den Kommunalwahlkampf eingebracht und viele Rundfunk- und Zeitungsinterviews gegeben. Insbesondere wegen der Rundfunkinterviews wurden am Montag weitere Ermittlungen gegen ihn eingeleitet: Kritiker verwiesen in einer Beschwerde darauf, dass nach italienischen Recht allen Kandidaten gleich viel Sendezeit vor Wahlen eingeräumt werden müsse. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Berlusconi und die Verantwortlichen in den Rundfunksendern wegen eines möglichen Amtsmissbrauchs.
dpa/dapd