Bald wieder Grenzkontrollen? CDU-Länder drängen auf Asylregel-Verschärfung

Gibt es bald wieder Grenzkontrollen in Deutschland? Zwei CDU-Innenminister können sich das „kurzfristig“ vorstellen – und machen Druck auf Innenministerin Faeser.
Luxemburg/München – Die CDU/CSU blickt insgesamt recht positiv auf die Ergebnisse des EU-Asylgipfels. „Wir als EVP-Fraktion sind relativ zufrieden, damit kann man arbeiten“, sagt die EU-Migrationspolitikern Lena Düpont unserer Redaktion. Die konservative EVP-Fraktion, der auch die CDU/CSU angehört, hatte jahrelang auf konkrete Rechtsgrundlagen bei der europäischen Migration gedrängt. Ein erster Schritt dafür ist nun getan. Im Kern strengere Grenzverfahren und mehr Solidarität bei der Verteilung von Flüchtlingen. Doch nach der Einigung auf neue EU-Asylregeln pochen die Innenminister von CDU-geführten Bundesländern auf Kontrollen an der deutschen Landesgrenze.
Grenzkontrollen? CDU will „temporäre lageabhängige EU-Binnengrenzkontrollen“
Sachsens CDU-Innenminister Armin Schuster preschte mit dem Vorschlag von Grenzkontrollen vor. „Diese wirken kurzfristig und können ebenso kurzfristig wieder eingestellt werden, wenn der EU-Asylkompromiss wirksam wird“, sagte Schuster der Bild-Zeitung. „Aufgrund des aktuell hohen Migrationsdrucks braucht es weiterhin temporäre lageabhängige EU-Binnengrenzkontrollen, auch an der Grenze zu Polen.“ Mit diesem Vorschlag ist Schuster nicht alleine.
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte, die Bundesregierung habe es „auf EU-Ebene versäumt, den illegalen Migrationsdruck durch wirkungsvolle europäische Absprachen zu mildern“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) solle sich „nun nicht mehr den Forderungen nach situativen Grenzkontrollen verschließen“.
Seit der Flüchtlingskrise von 2015 gibt es schon Grenzkontrollen zu Österreich, um aus Nachbarstaaten die Weiterreise von Migranten nach Deutschland zu verhindern. Der Bund hatte bei dem Flüchtlingsgipfel am 10. Mai mit den Ländern zugesagt, diese „lageabhängig“ auch bei anderen Nachbarländern einzuführen.
Die EU-Innenministerinnen und -minister hatten am Donnerstagabend nach schwierigen Verhandlungen in Luxemburg mehrheitlich einem Kompromiss zur Beendigung des jahrelangen Asylstreits zugestimmt. Dieser sieht erstmals Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor, aber auch eine Verteilung von Migranten auf die EU-Staaten. Länder, die sich weigern, Migranten aufzunehmen, sollen ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro für jeden Migranten in einen von Brüssel verwalteten Fonds einzahlen müssen. Diese Regel richtet sich vor allem an Polen und Ungarn, die als einzige EU-Staaten den Kompromiss ablehnten.
Ausweitung sicherer Drittstaaten: Grüne kritisieren „großes Trauerspiel“
CDU-Generalsekretär Mario Czaja nannte den Kompromiss einen „ersten wichtigen Schritt, um die illegale Zuwanderung in die europäische Union zu begrenzen“. Damit sei es aber nicht getan, sagte Czaja den Zeitungen der Mediengruppe Bayern und forderte von der Bundesregierung weitere Schritte zur Begrenzung illegaler Migration. Als Beispiel nannte er die Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten.
Noch gibt es keine europäische Liste, welche Staaten als „sicher“ gelten. Laut EU-Plänen ist aber eine Ausweitung angedacht. Heißt: Künftig soll es leichter sein, Drittländer als sicher einzustufen und Menschen dorthin abzuweisen. Das stört vor allem die Grünen. Der grüne EU-Migrationspolitiker spricht im Gespräch mit unserer Redaktion von einem „großen Trauerspiel“. Die EU-Pläne würden dazu führen, dass sich die Lage an den EU-Außengrenzen verschlimmere.
Der Chef der Grünen-Jugend, Timon Dzienus, nimmt auch die Ampel sowie die eigene Regierung in die Verantwortung: „Diese Beschlüsse sind einer SPD-geführten und Grün-mitgetragenen Regierung unwürdig und beschämend“, sagt Dzienus auf IPPEN-Anfrage. „Die Ampel-Koalition scheitert an ihren eigenen Ansprüchen. Sie hatte sich vorgenommen, das Leid an den europäischen Außengrenzen zu beenden. Jetzt wird es mehr Chaos, mehr Gewalt und mehr Leid geben. Kein einziges Leben von Menschen auf der Flucht wird damit verbessert.“ Die Grünen lehnen Grenzkontrollen ab – und drohen sich in der Migrationsfrage innerparteilich zu zerfleischen. (as mit AFP)