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"Wende um 180 Grad" - Lob und Kritik an Gipfel-Beschlüssen

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Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen, mit populistischen Äußerungen Partner und Märkte in der Euro-Krise verunsichert zu haben.
SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel. © dpa

Berlin - Die Ergebnisse des EU-Gipfels zur Euro-Rettung sind in Deutschland von Opposition und Koalition weitgehend positiv aufgenommen worden. Allerdings sehen SPD und Grüne noch weiteren Reformbedarf.

SPD und Grüne begrüßten am Donnerstag die Entscheidungen der EU-Staats- und Regierungschefs, forderten aber zugleich weitere

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Schritte, unter anderem zur Regulierung des Bankensektors. “Wir sind noch nicht ganz zu Ende mit der Arbeit“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen, die unter anderem einen Schuldenschnitt für Griechenland von 50 Prozent umfassen.

Nach Ansicht des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel sind in Brüssel wichtige Schritte getan worden. “Das war in allerletzter Sekunde eine Wendung um 180 Grad“, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Gabriel mahnte zugleich eine Regulierung des Bankensektors an, um weitere Risiken zu vermeiden. Auch eine Besteuerung des Finanzmarktes müsse weiter angestrebt werden.

Weitere Hilfe für Griechenland angemahnt

SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider hält die Beschlüsse für einen Weg, “der in die absolut richtige Richtung geht“. Er hoffe nun, dass die Europäische Zentralbank nicht weiter politischem Druck ausgesetzt werde und endlich ihr Staatsanleihenprogramm einstellen könne. Der vereinbarte Schuldenschnitt bedeute einen Hoffnungsschimmer für Griechenland, denn die reine Sparpolitik habe in dem überschuldeten Staat nicht funktionieren können. “Ich bin auch bereit, diesen Schimmer zum Glimmen zu bringen“, fügte Schneider im Nachrichtensender n-tv hinzu.

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Auch nach Ansicht des Grünen-Vorsitzenden Özdemir braucht Griechenland weitere Unterstützung: Die Schuldenentlastung für Athen reiche nicht aus, “denn Griechenland muss ja auch wieder produktiv werden, sagte er auf n-tv. Griechenland braucht Arbeitsplätze, Infrastruktur.“ Die Grünen hätten im Bundestag den neuen Instrumenten des Euro-Rettungsschirms EFSF guten Gewissens zugestimmt, weil die Regierung im Kern viele grüne Forderungen aufgenommen habe, gegen die sie selbst noch vor einiger Zeit gewesen sei, sagte Özdemir.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat die Ergebnisse als “gute Nachricht“ für Deutschland und Europa gelobt. Die Beschlüsse seien eine “gute Grundlage“, um kurzfristig die europäischen Probleme zu lösen, sagte der FDP-Vorsitzende am Donnerstag in Berlin. Zugleich forderte er schnelle Schritte für eine Änderung der EU-Verträge. Dafür sei auf dem Gipfel die Tür geöffnet worden. Rösler begrüßte insbesondere den verabredeten Schuldenschnitt für Griechenland. Dieser bringe möglichen Investoren Klarheit und sei daher ein “gutes Signal für die deutsche Wirtschaft“. Der Gipfel hatte sich auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent verständigt.

Für FDP-Fraktionschef Brüderle sind die Ergebnisse “ein guter Schritt nach vorn“. Der Gipfel in zwei Teilen und die Beteiligung des deutschen Parlaments seien eine gute Botschaft gewesen, sagte er im ARD-“Morgenmagazin“. Zudem sei im Ergebnis das erreicht worden, was man brauche: Eine Umschuldung Griechenlands, damit das Land “tragfähig wird und aus der Misere rauskommen kann“, sagte Brüderle.

Bosbach warnt vor höheren Risiken

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach, der am Mittwoch gegen die neuen EFSF-Instrumente gestimmt hatte, hält weitere Hilfen für Griechenland für unumgänglich. “Zunächst einmal bin ich sehr zufrieden damit, dass wir uns jetzt der Realität doch ein ganzes Stück mehr nähern als das in den letzten Monaten der Fall war“, sagte er im Sender n-tv. Die wichtigsten Entscheidungen würden jetzt in Athen getroffen. Dort werde sich entscheiden, ob das Land aus eigener Kraft an die Finanzmärkte zurückzukehren könne. “Im Moment sieht es danach nicht aus, deswegen wird ja wieder ein neues Hilfspaket geschnürt werden müssen.“

Mit Blick auf die vom Bundestag am Mittwoch gebilligte sogenannte Hebelung des Rettungsschirms EFSF warnte Bosbach vor größeren Risiken: “Wenn es zu einer Hebellösung kommt - möglicherweise bis zum vier- oder fünffachen des Garantierahmens von 440 Milliarden Euro insgesamt - steigen doch die Risiken deutlich.“

dapd

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