Fall Schottdorf: Neuer Justiz-Skandal?

München - Die Opposition lässt nicht locker. Mit einem Untersuchungsausschuss will sie Ungereimtheiten rund um das Abrechnungssystem des Augsburger Laborarztes Bernd Schottdorf aufklären.
Der erste Untersuchungsausschuss dieser Wahlperiode im Landtag steht vor der Tür: SPD, Freie Wähler und Grüne stellten am Dienstag ihren 33-seitigen Fragenkatalog zu den Betrugsvorwürfen gegen den Augsburger Labormediziner Bernd Schottdorf und Tausende weitere Ärzte vor. Am 1. Juli soll der Ausschuss dann formell eingesetzt werden.
Im Zentrum stehen drei Fragen: Haben die Staatsanwaltschaften in München und Augsburg Schottdorf und seine Kundschaft geschont? Gab es dabei politische Einflussnahme aus der CSU und der Staatsregierung? Und führte das dazu, dass die SoKo „Labor“ des Landeskriminalamts bei ihren Ermittlungen von oben behindert wurde?
Schottdorf ist der mutmaßlich größte Laborunternehmer Deutschlands. Mitte des vergangenen Jahrzehnts hatte er etwa 10 000 Kunden in der deutschen Ärzteschaft. Seit den 80er Jahren hat die Augsburger Staatsanwaltschaft wiederholt gegen ihn ermittelt, doch endeten zwei der drei Prozesse in Niederlagen für die Ermittler.
Ermittlungen gegen 150 Beschuldigte
Schottdorf hatte nach Einschätzung des Justizministeriums und der beteiligten Staatsanwaltschaften ein rechtswidriges Abrechnungssystem für Laboruntersuchungen erfunden, von dem die Schottdorf-Kunden in der niedergelassenen Ärzteschaft profitierten. Die Ärzte gaben Laboraufträge an Schottdorf weiter, der seinen Kunden die Untersuchungen mit Rabatt in Rechnung stellte.
Die Ärzte rechneten anschließend auf eigenen Namen ab und stellten den Kassen ihrer Patienten den vollen Gebührensatz für die Laboruntersuchungen in Rechnungen. Schottdorfs Rabatt blieb ihnen als Gewinn. Nach heutiger Darstellung der Augsburger Staatsanwaltschaft war das zwar rechtswidrig - aber kein Betrug, weil die Kassen keine überhöhten Gebührensätze zahlten.
Im November 2006 hatte das Landeskriminalamt die SoKo „Labor“ eingerichtet, die Licht ins Abrechnungsdunkel bringen sollte. Ermittelt wurde in München zunächst gegen etwa 150 Beschuldigte. Die Verfahren wanderten später nach Augsburg, weil Schottdorf dort seinen Wohnsitz hatte. In München gab es einen Pilotprozess der beteiligten Ärzte, doch die Augsburger Staatsanwaltschaft stellte 2009 noch vor dem rechtskräftigen Ende des Prozesses die allermeisten Ermittlungsverfahren ein. Die ungeklärte Frage ist, warum die Staatsanwaltschaften zuerst so großen Ermittlungsaufwand betrieben und anschließend die meisten Verfahren einstellten.
Zerwürfnisse zwischen Staatsanwälten und LKA
„Die Vorwürfe gegen bayerische Staatsanwaltschaften sind ungeheuerlich“, sagte der SPD-Politiker Franz Schindler. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag will sich aber noch nicht festlegen, dass es sich tatsächlich um einen neuen Justizskandal handelt.
Wissen will die Opposition auch, warum es zu so großen Zerwürfnissen zwischen Staatsanwälten und LKA kam, dass am Ende auch gegen Polizisten ermittelt wurde. „Wenn eine Staatsanwaltschaft hier die eigenen Beamten bespitzelt, kennt man das eigentlich nur aus anderen Systemen und nicht aus Bayern“, sagte Florian Streibl, der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler. „Wurden hier aus dem politischen Raum Hinweise gegeben?“
Die Grünen warfen der Staatsregierung vor, nichts gegen die Missstände im ärztlichen Abrechnungswesen unternommen zu haben. „So ein System lädt massiv zum Subventionsbetrug ein“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr.
dpa