Lindner: Özil soll die Hymne mitsingen

Berlin - FDP-Chef Christian Lindner hat erstmals konkrete Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei im Bund formuliert - und mit einem Satz für Erstaunen gesorgt.
Seine Partei werde vor der Bundestagswahl "zehn Punkte definieren, was mit der FDP geht und was nicht", sagte Lindner der neuen Ausgabe des Magazins "Stern". Neben einer Senkung der Steuer- und Abgabenlast gehöre dazu auch ein "Neustart beim Euro, wo auch die Regeln in Griechenland wieder geachtet werden müssen".
Weitere Punkte seien eine "Offensive für Bildung und neue Technologien" sowie eine gesteuerte Einwanderungspolitik. "Unsere Zuwanderungspolitik benötigt eine Generalinventur", sagte Lindner.
Lindner: „Deutsche haben ein Identitätsproblem“
Er attestierte den Deutschen ein "Identitätsproblem, das dann zu Integrationsproblemen führt". Er forderte die Bundesbürger auf, sich "offensiver zu unserem großartigen liberalen Grundgesetz zu bekennen".
Im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei sprach der FDP-Vorsitzende von "Laschheit" gegenüber Präsident Recep Tayyip Erdogan. Auf die Frage, ob der türkischstämmige Fußballer Mesut Özil vor Spielen der Nationalmannschaft die deutsche Hymne mitsingen solle, antwortete Lindner: "Ja."
Skeptisch äußerte sich Lindner auch zur doppelten Staatsangehörigkeit. "Wer bleibt, den müssen wir uns aussuchen. Da sollte das Ziel der Integration viel stärker die deutsche Staatsangehörigkeit sein." Zwei Pässe sollten nur neu Eingewanderte besitzen dürfen, die "glasklare Anforderungen" erfüllen. "Aber in der dritten Generation kann sich das nicht mehr vererben."
Lindner sagte, er fürchte, dass es nach der Bundestagswahl "mit hoher Wahrscheinlichkeit" wieder eine große Koalition geben werde. Mit der Union habe die FDP im Vergleich zur SPD zwar die größeren Übereinstimmungen. "Die Unterschiede gegenüber der Merkel-CDU sind aber so groß, dass es bei einer schwarz-gelben Mehrheit nicht automatisch auf eine Koalition hinausläuft."
Der FDP-Vorsitzende warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mangelnden Willen zur Veränderung vor.
Lindner: FDP-Basis soll über möglichen Eintritt in NRW-Regierung entscheiden
Lindner will die Parteibasis über den möglichen Eintritt der Liberalen in eine Landesregierung entscheiden lassen. Einen entsprechenden Mitgliederentscheid werde er seiner Partei nach der Wahl vorschlagen, kündigte Lindner in der "Neue Westfälischen" vom Dienstag an.
Der Mitgliederentscheid bilde eine hohe Hürde bei der Frage, ob die FDP sich an einer Regierung beteiligen oder wieder in die Opposition gehen solle, sagte der Bundes- und Landesvorsitzende der Liberalen. "Ein Mitgliederentscheid löst die Frage eines Regierungseintritts von den Interessen derjenigen, für die Ämter und Funktionen dabei herausspringen."
Die FDP darf jüngsten Umfragen zufolge bei der NRW-Wahl am 14. Mai auf zehn Prozent der Stimmen hoffen. Denkbar wären Koalitionen mit der derzeit regierenden SPD, mit der CDU oder gemeinsam mit CDU und Grünen. Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP schlossen die Liberalen dagegen per Parteitagsbeschluss bereits aus.
afp