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Staatsfinanzen in Gefahr, Finanzminister im Keller

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Finanzminister Georg Fahrenschon © dpa

München - Es gibt schwarze Tage im Leben eines Politikers - und rabenschwarze. Für den gebeutelten Finanzminister Georg Fahrenschon ist der Dienstag ein rabenschwarzer Tag.

Fahrenschon steht ohnehin unter Druck, weil er dem Landtag über Monate einen brisanten Prüfbericht zur BayernLB vorenthalten hat. Und nun stellen die Hüter der bayerischen Staatsfinanzen im Obersten Rechnungshof (ORH) der aktuellen Finanzpolitik ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Sie sehen Bayerns bislang solide Staatsfinanzen wegen Landesbank und Finanzkrise in großer Gefahr. Denn die obersten Rechnungsprüfer des Freistaats vermissen vor allem eines: angemessene Vorsorge. Für die milliardenschweren Steuerausfälle des nächsten Jahres hat die Staatsregierung nach Einschätzung des ORH keinerlei Vorbereitungen getroffen.

Der tückische Landesbank-Strudel bedroht keineswegs nur den Finanzminister. Doch um Fahrenschon wird es derzeit besonders einsam. SPD und Freie Wähler erstatten Anzeige gegen eine ganze Reihe von CSU-Politikern, die im Jahr 2007 beim Kauf der österreichischen Skandaltochter Hypo Alpe Adria im Verwaltungsrat saßen - den früheren CSU-Chef Erwin Huber, den ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein, den damaligen Finanzminister Kurt Falthauser und andere. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist inzwischen im Visier der Opposition. Wie ein schwarzes Loch im Weltraum droht die BayernLB-Affäre alle zu verschlucken, die der Bank jemals zu nahe kamen. “Einige von denen gehören hinter Gitter“, sagt die SPD- Abgeordnete Inge Aures, stellvertretende Vorsitzende der BayernLB- Kontrollkommission des Landtags.

Seehofer war 2007 nicht dabei, auch Fahrenschon nicht - zumindest in dieser Hinsicht hat der Finanzminister nichts zu befürchten. Doch seine Informationspolitik in der Landesbank-Affäre verärgert auch einige ziemlich wichtige Parteifreunde. Seehofer und führende CSU- Abgeordnete im Vorstand der Landtags-CSU waren nicht erfreut, als in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass Fahrenschon den Prüfbericht zur Hypo Alpe Adria dem Landtag über Monate vorenthielt.

Der Vorwurf: Die Staatsregierung wolle die wahren Vorgänge beim Kauf der Hypo Alpe Adria unter der Decke halten, die sich inzwischen - ganz unabhängig von der Mutter BayernLB - zum autonomen Milliardengrab entwickelt hat. Die Hypo Alpe Adria hat bereits sechs bayerische Milliarden verschlungen - braucht aber schon wieder frisches Geld. Dieses Mal wird von etwa 1,5 Milliarden ausgegangen. “Massive Aufklärungsdefizite bei Herrn Fahrenschon, beim Ministerpräsidenten und der Staatsregierung insgesamt zwingen uns, mehr Dampf zu machen“, sagt der Freie Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger. “Fahrenschon tut nicht, was er tun sollte, weil er nicht tun darf, was er tun müsste“, philosophiert der Niederbayer. An diesem Mittwoch hat Fahrenschon den nächsten unerfreulichen Termin: Die BayernLB-Kontrollkommission im Landtag fordert Auskunft, wie die Hypo Alpe Adria gerettet werden soll.

Hinzu kommt die Fundamentalkritik des ORH. Bisher war solide Finanzpolitik ein Markenzeichen Bayerns, das die Partei über Jahrzehnte wie eine Monstranz vor sich her trug. Der ORH legt der Staatsregierung jedoch eher nahe, sich in Sack und Asche zu hüllen. Wegen der Landesbank-Krise hat sich der Schuldenstand Bayerns innerhalb eines Jahres um fast 50 Prozent auf 34 Milliarden Euro erhöht. Hinzu kommen Bürgschaften und Haftungsverpflichtungen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro, die die Staatsregierung bei der BayernLB sowie anderen Banken und Firmen übernommen hat. Diese Bürgschaften sind nur zum Teil im Haushalt verbucht - soll heißen: Falls Bürgschaften in größerer Höhe fällig werden, ist dafür im Staatshaushalt derzeit weder Geld vorhanden noch eingeplant.

Für die erwarteten Steuerausfälle von 1,6 Milliarden Euro im nächsten Jahr hat die Staatsregierung laut ORH-Bericht “keine Vorsorge“ getroffen. Wie die Steuersenkungen des nächsten Jahres gegenfinanziert werden sollen, ist “offen“. Auf Deutsch: Keiner weiß, wo das nötige Geld eigentlich herkommen soll. “Die dargestellten Risiken für den aktuellen und für künftige Haushalte sind enorm“, schreibt der ORH. Sollten diese Risiken eintreten, ist jetzt schon klar, wer als Buhmann dienen wird: der Finanzminister.

dpa

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