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„Fleischsteuer“-Debatte: Sogar Tierschutzbund lehnt sie ab - und macht völlig neuen Vorschlag

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Wird die Mehrwertsteuer auf Fleisch schon bald erhöht? (Symbolbild)
Wird die Mehrwertsteuer auf Fleisch schon bald erhöht? (Symbolbild) © dpa / Armin Weigel

Seit Tagen wird die Einführung einer Fleischsteuer in Deutschland erbittert diskutiert. Bringt sie dem Klima etwas oder den Tieren? Jetzt hat sich auch der Tierschutzbund eingeschaltet.

Update vom 10. August, 11.50 Uhr: Weiterer heftiger Gegenwind gegen die derzeit diskutierte höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch. Auch der deutsche Tierschutzbund stellt sich jetzt gegen die Vorschläge. Denn eine höhere Steuer würde nicht nur Fleisch aus Massentierhaltung teurer machen, sondern auch Biofleisch. Stattdessen fordert der Tierschutzbund jetzt eine Abgabe je nach Haltungsart. Auf den Nenner gebracht: Je schlechter die Haltungsform, desto höher die Abgabe. Ansonsten helfe den Tieren die Abgabe nicht. In Deutschland wird verkauftes Fleisch derzeit mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belastet.  

Für Aufregung sorgte eine Reiterin, weil sie das Fleisch ihres eigenes Pferdes gegessen hat. Sie erhielt daraufhin sogar Morddrohungen. 

„Fleischsteuer“-Debatte: Neuer Aspekt rückt Vorschlag in anderes Licht

Update von 8. August, 14.06 Uhr: Im Rahmen der Diskussion um eine eventuell höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch gibt es eine weitere Einschränkung: Steuermittel können gar nicht einer bestimmten Verwendung zugeordnet werden. Steuereinnahmen seien grundsätzlich nicht zweckgebunden, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums. „Alle Einnahmen dienen als Deckungsmittel für alle Ausgaben", hieß es gegenüber der SZ. Gemäß diesem Sachverhalt ist es also nicht möglich, dass eine eventuelle Erhöhung direkt dem Tierwohl zugutekommen würde.   

Gleiches gilt in diesem Zusammenhang zum Beispiel auch für die Tabaksteuer, die ebenfalls nicht zweckgebunden verwendet werden kann. So wurden im Jahr 2017 rund 14,4 Milliarden Euro über die Tabaksteuer eingenommen, rund 75 Prozent des Kaufpreises bestehen aus der Steuer - die vor allem dafür genutzt wurde, um Haushaltslöcher zu stopfen.

Update von 7. August, 16.38 Uhr: Der Bayerische Bauernverband und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) legen vorbeugend Protest gegen eine Erhöhung der Fleischsteuer ein. „Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung“, sagte Bauernpräsident Walter Heidl am Mittwoch. Aiwanger prophezeite steigende Preise: „Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch ist kontraproduktiv, weil dadurch Fleisch für den Kunden teurer wird.“ Die Bauern hingegen würden nach Aiwangers Einschätzung leiden. „Das führt zu noch mehr Preisdruck auf die Tierhalter, also zu mehr Massentierhaltung und Import aus dem Ausland.“ Aiwanger ist von Beruf Landwirt und Ferkelzüchter.

Fleisch-Mehrtwertsteuer erhöhen? Grünen-Spitze stellt sich gegen Vorschlag aus eigener Partei

Update von 14.24 Uhr: In der Debatte um teureres Fleisch für mehr Tierwohl stellt sich die Grünen-Spitze gegen den Vorschlag aus den eigenen Reihen, höhere Steuern zu verlangen. Parteichef Robert Habeck sagte der „Süddeutschen Zeitung“, eine „isolierte Betrachtung von Einzelsteuersätzen“ sei nicht sinnvoll. Wer etwas ändern wolle, müsse das gesamte Mehrwertsteuersystem „auf ökologische Lenkungswirkung, Kohärenz und soziale Auswirkungen“ umbauen. Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, eine isolierte Betrachtung von Mehrwertsteuersätzen im Lebensmittelbereich helfe „nicht wirklich weiter und steht jetzt nicht an“.

Handlungsbedarf sehen aber beide: „Eine komplett falsche Agrarpolitik auf Kosten von Klima, Umwelt, Tierwohl und Arbeitsschutz hat Deutschland zum Exporteur von Billigfleisch gemacht“, sagte Krischer der dpa. „Die Haltungsbedingungen in den riesigen Ställen sind Tierquälerei.“ Es brauche eine komplett andere Agrarpolitik mit klaren Standards für Klima, Umwelt, Tierwohl und Arbeitsschutz.

Habeck sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Das System der industriellen Tierhaltung wendet sich inzwischen gegen sich selbst.“ Es sei logisch, dass die Fleischproduktion zurückgehen müsse, dafür müsse man bei den Produktionsbedingungen anzusetzen. Am Mittwoch wird Robert Habeck darüber bei Dunja Hayali im ZDF sprechen.

„Fleischsteuer“ könnte Preise erhöhen: Bundesregierung reagiert - Bauernverband mit deutlichen Worten

Update von 12.47 Uhr:

Die deutsche Bundesregierung hat eher zurückhaltend auf Vorstöße für eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch reagiert. Zentrales Problem seien hohe Tierbestände und die intensive Tierhaltung, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums am Mittwoch in Berlin. Dafür gebe es aber effektivere Mittel als das Mehrwertsteuerrecht, um zu einer „Abstockung“ zu kommen - etwa strengere Düngeregeln in Regionen mit vielen großen Ställen und die künftige EU-Agrarfinanzierung.

Das Agrarministerium äußerte sich zunächst nicht konkret zur Frage höherer Steuern. Generell sei eine neue Sensibilität zu begrüßen, dass ein Mehr an Tierwohl Kosten verursache, auf denen die Bauern nicht alleine sitzen bleiben könnten. Die Verbraucher im Laden hätten es in der Hand, welche Wirtschaftsweise sie unterstützten.

Fleisch-Mehrwertsteuer: Bauernverband: Fleischsteuer würde „ins Leere laufen“

Update von 11.29 Uhr: Der Deutsche Bauernverband hat nun auf einen Vorstoß aus der Politik reagiert, Fleisch teurer zu machen. „Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung“, teilte Generalsekretär Bernhard Krüsken am Mittwoch mit. Dem Vorstoß nach könnte die Mehrwertsteuer auf Fleisch auf 19 Prozent erhöht werden. Aktuell wird Fleisch - wie viele weitere Lebensmittel - mit sieben Prozent besteuert (siehe unten). 

Video: Warum Fleisch und SUVs bald teurer werden könnten

Weder dem Wohl der Tiere noch dem Klimaschutz sei gedient, wenn deutsche Bauern „weiter in mehr Tierwohl investieren und der Markt sich preisgünstig aus anderen EU-Ländern mit niedrigeren Tierwohlstandards versorgt“, sagte Krüsken. Es brauche deshalb eine flächendeckende, verbindliche Haltungskennzeichnung, die Fleisch einschließe. Eine Fleischsteuer würde außerdem „ins Leere laufen“, weil das Baurecht und die Genehmigungsverfahren derzeit blockierten, dass Ställe neu gebaut oder umgebaut würden.

Ursprungsmeldung vom 7. August: Fleisch könnte um einiges teurer werden

Berlin - Lebensmittel sind in Deutschland vergleichsweise billig - auch mit Blick auf andere westeuropäische Länder. Doch ein Nahrungsmittel könnte unter Umständen in Zukunft teurer werden. Zumindest, wenn es nach einer Idee mehrerer Politiker aus den Reihen von SPD und Grünen geht. Fleisch ist in den Fokus der Politiker gerückt. Politiker von SPD und Grünen haben sich für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ausgesprochen. 

Höhere Mehrwertsteuer für Fleisch - Geld soll Tierwohl zu Gute kommen

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, plädierte in der "Welt" (Mittwochsausgabe) dafür, die Mehrwertsteuerreduktion für Fleisch aufzuheben und das Geld zweckgebunden für mehr Tierwohl einzusetzen. Es sei "nicht zu erklären", warum Fleisch mit sieben Prozent besteuert werde und beispielsweise Hafermilch mit 19 Prozent. Der Normal-Steuersatz liegt bei 19 Prozent, der ermäßigte Steuersatz bei sieben Prozent. 

Mehrwertsteuer in Deutschland: Welche Produkte werden wie besteuert?

Für Grundnahrungsmittel gilt in der Regel der ermäßigte Steuersatz. Sieben Prozent werden so vor allem auf Waren und Dienstleistungen für den Grundbedarf der Bürger erhoben. Neben Lebensmittel fallen unter den ermäßigten Steuersatz auch Kulturgüter wie Zeitungen und Bücher. Die höhere Abgabe wird dagegen zum Beispiel für Technikartikel oder Möbel fällig. Von der Steuer befreit sind dagegen beispielsweise Bildungsleistungen und die Leistungen der Jugendhilfe.

Fleisch könnte teurer werden - Parallele zu CO2-Steuer?

Für Diskussion sorgt aktuell auch eine mögliche CO2-Steuer, die zu einem besseren Klimaschutz in Deutschland beitragen soll. „Parallel zur CO2-Steuer brauchen wir auch eine Fleischsteuer“, sagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes gegenüber Welt. Tierschützer argumentieren, dass es sich bei einer möglichen Erhöhung zum Beispiel pro Kilo Fleisch um „wenige Cents“ handele. 

Erhöhung der Mehrwertsteuer: Könnte Fleisch teurer werden?

Rainer Spiering, der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, sagte, eine Fleischsteuer, "der Einfachheit halber über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent", wäre ein möglicher Weg. Neben den Verbrauchern müssten aber auch die Fleischproduzenten und der Lebensmitteleinzelhandel "ihren Beitrag für eine nachhaltige Nutztierhaltung" leisten.

Der Deutsche Tierschutzbund hatte kürzlich eine Fleischsteuer zur Finanzierung einer besseren Tierhaltung vorgeschlagen. Mit den Mehreinnahmen könnte demnach der Umbau der Ställe finanziert werden.

Höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch: „Solche Steuer kann ein konstruktiver Vorschlag sein“

Der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Stegemann, zeigte sich offen für diesen Vorstoß. "Eine solche Steuer kann ein konstruktiver Vorschlag sein", sagte er der "Welt". "Dafür müssten diese Mehreinnahmen aber zwingend als Tierwohlprämie genutzt werden, um die Tierhalter in Deutschland beim Umbau zu unterstützen." Der Weg zu einer gesellschaftlich nachhaltig akzeptierten Nutztierhaltung koste Milliarden, die die Landwirte in Deutschland nicht alleine tragen könnten.

Kritik am Vorschlag höherer Steuern auf Fleisch kam dagegen von Politikern von Linken, FDP und AfD.

Immer wieder ist auch eine Erhöhung der Tabaksteuer im Gespräch. Ein Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sorgte zuletzt für Aufsehen.

Afp/mlu/dpa

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