18.21 Uhr: Erste Ergebnisse sind da. Nach ihnen ist CHP-Kandidat Imamoglu klar vorne. Nach Informationen des türkischen Staatsfernsehsenders TRT lag die Wahlbeteiligung bei rund 84 Prozent und damit nochmals höher als im ersten Wahlgang. Nach bisher ausgezählten Stimmen (und da sind schon fast alle) konnte AKP-Kandidat Yildirim 45,21 Prozent für sich entscheiden. Deutlich darüber liegt CHP-Kandidat Imamoglu mit 53,88 Prozent.
18.01 Uhr: Mit ersten Prognosen wird zwischen 19 und 20 Uhr gerechnet. Dann ist spannend, wie die AKP im falle eines CHP-Siegs reagiert. Bis dahin ein paar Wählerstimmen, die die dpa auf den Straßen Istanbuls gesammelt hat:
„Wir hoffen, dass es diesmal Gerechtigkeit gibt. Es fühlt sich nicht gut an, noch einmal zur Wahl gezwungen zu werden, obwohl wir doch einen Gewinner hatten“, sagt ein Mann namens Firat im Stadtviertel Üsküdar.
Eine alte Frau, Fatma, ruft: „Die CHP hat Stimmen gestohlen! Der Präsident hat es bewiesen. Sie werden keine Chance bekommen zu gewinnen.“
Bahar, eine Elektroingenieurin, ist für die CHP Wahlbeobachterin. „Ich will einen Wechsel!“, ruft sie. Sie unterstütze den CHP-Kandidaten Imamoglu vor allem als Frau. Die AKP-Politiker hielten Frauen für „zweitrangig“. Sie sei fest davon überzeugt, dass diesmal mehr Menschen wählen gingen als noch am 31. März. „Das ist ein Kampf für die Demokratie.“ (Zum Hintergrund: Bereits beim ersten, annullierten Wahlgang gingen Millionen zur Wahl - was einer Wahlbeteiligung von über 83 Prozent entspricht.)
Sollte die CHP siegen und die AKP diesen Erfolg wieder in Zweifel ziehen, werde es Proteste geben, sagte Bahar.
17.53 Uhr: Während alles gespannt auf erste Ergebnisse wartet, gehen die Ratespielchen schon munter los, auch in Ermangelung von aktuellen Hochrechnungen. Der bayerische Grünen-Abgeordnete Bozoğlu, der die Wahl bereits den ganzen Sonntag vor Ort in Istanbul beobachtet, gibt schon mal eine eigene persönliche Prognose auf Twitter ab: „Imamoğlu von der Opposition könnte sich mit 53 % zu 47% gegen Yıldırım von der AKP durchsetzen.“ In den nächsten Stunden wird sich zeigen, wie richtig er liegt.
17.34 Uhr: Relativ milde Töne von Erdogan, den viele Istanbuler für die Wahlwiederholung verantwortlich machen. Auch er bedauere, dass die Wahl wiederholt werden müsse, sagt er bei seiner eigenen Stimmabgabe.
17.20 Uhr: Auch Wahlbeobachter aus Deutschland sind vor Ort. Unter anderem der Grünen-Abgeordnete im Bayerischen Landtag Cemal Bozoğlu. Er twittert aktuell: „Um 17.00 Uhr Ortszeit wurden in #Istanbul die #Wahllokale geschlossen. Es wird gezählt. Ich rechne mit verlässlichen Zahlen um etwa 19.00 Uhr. Die Wahlen sind sehr friedlich verlaufen. Nun müssen alle das Votum der Bürger unbedingt auch akzeptieren.“
17.16 Uhr: Wer jetzt schon gespannt auf ein Ergebnis wartet, muss sich noch ein wenig gedulden, auch mit Blick auf die leergefegten Badestrände. Die rund 400.000 Wahlhelfer haben einiges vor sich. Über 10 Millionen Istanbuler waren zur Stimmabgabe aufgerufen - und die Wahlbeteiligung war hoch. Trotzdem wird mit einigen Teilergebnissen noch an diesem Abend gerechnet.
17.12 Uhr: Wie viele Istanbuler ihre Chance zur Stimmabgabe nutzten, zeigt das Titelfoto der türkischen Tageszeitung. Es zeigt einen der beliebtesten Badestrände, den Strand Cesme. Einmal voll belegt vor einigen Tagen und einmal gestern - wie leergefegt:
16.49 Uhr: Die mit Spannung erwartete Neuwahl des Bürgermeisters in Istanbul ist weitgehend geordnet verlaufen. Das bestätigten Beobachter an den Urnen, unter ihnen die Grünen-Abgeordnete Margit Stumpp. Die Wahl wird national wie international aufmerksam beobachtet. Vielen gilt sie als Test für den Zustand der Demokratie im Land. Erste Teilergebnisse werden noch am Abend erwartet.
„Uns wird berichtet, dass die Wahllisten und Abläufe korrekt sind“, sagt Stumpp der Deutschen Presse-Agentur. „Wir hören hier von keinerlei Unstimmigkeiten.“ Sie sprach von einer „beachtlichen Wahlbeteiligung“.
16.34 Uhr: Die Istanbuler wählten enthusiastisch. Wahlbeobachter sagen: Bei der Stimmabgabe lief es gut. Aber so war es beim letzten Mal auch. Dann entschied die Wahlbehörde wegen einer Formalie, die Wahl zu annullieren. Eine Wählerin sagt: Kommt das wieder so, gehen wir auf die Straße.
16.02 Uhr: Die Wahllokale sind geschlossen. Jetzt wird ausgezählt.
16.01 Uhr: Hier tickern wir live den historischen Wahlabend in Istanbul. Alle Hintergrundinfos zur Schicksalswahl für Erdogan lesen Sie weiter unten.
Istanbul/Ankara - In der Türkei kommt es am Sonntag zu einer kommunalen Wahl mit außergewöhnlichem Konfliktpotenzial. In Istanbul, der größten Stadt des Landes, wird ein Bürgermeister gewählt - zum zweiten Mal binnen weniger Wochen. Im ersten Durchgang hatte der oppositionelle Kandidat Ekrem Imamoglu (CHP) gewonnen. Doch die Wahlbehörde kassierte die Wahl mit einer durchaus bemerkenswerten Begründung. Und eröffnete Recep Tayyip Erdogans AKP und ihrem Kandidaten Binali Yildirim so eine zweite Chance auf das prestigeträchtige Amt.
Vor diesem Hintergrund geht es bei der Istanbuler Wahl längst nicht mehr allein darum, wer die 16-Millionen-Metropole die nächsten vier Jahre regiert. Sondern vor allem auch um die Frage, ob es in der Türkei überhaupt noch einen Machtwechsel durch faire demokratische Wahlen geben kann. Akzeptieren beide Seiten dieses Mal das Ergebnis? Oder wird eine Seite Einspruch erheben, wie die Regierung nach dem 31. März?
Auch aufgrund dieser offenen Fragen werden tausende Wahlbeobachter am Sonntag die Wiederholung begleiten. Eine Delegation schickt auch der Europarat. Die Beobachter sollen schon vor dem Wahltag in Istanbul und der Hauptstadt Ankara sein, um mit Kandidaten, Diplomaten und Wahlbehörden zu sprechen.
Bei der Wahl Ende März hatte Imamoglu von der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) eine hauchdünne Mehrheit über Yildirim errungen. Der Kandidat der islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan beanspruchte dennoch in der Wahlnacht den Sieg für sich und ließ in der ganzen Stadt Plakate aufhängen, auf denen er den Istanbulern für den Sieg dankte.
In den folgenden Wochen entspann sich eine erbitterte Debatte um die Frage, wer denn nun gewonnen habe und ob bei der Wahl alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Unter dem Druck der AKP ordnete die Wahlkommission schließlich Anfang Mai die Annullierung und Wiederholung der Wahl an. Als Begründung führte sie lediglich an, dass einige der Wahlbüroleiter nicht wie vorgeschrieben staatliche Beamte gewesen seien.
Obwohl die Wahlkommission keine tatsächlichen Manipulationen konstatierte, erneuerte Yildirim bei einem TV-Duell mit Imamoglu seinen Vorwurf, die Wahl sei "gestohlen" worden. Durch wen, sagte der einstige Verkehrsminister und Ministerpräsident auch auf wiederholte Nachfrage nicht. Imamoglu betonte daraufhin, bei der Wahl gehe es "nicht allein um eine Kommunalwahl", sondern um den Kampf für die Demokratie. Imamoglu hatte bereits zuvor immer wieder harsche Kritik an der AKP geäußert - ein Interview brach ein TV-Sender sogar ab.
Die AKP hat ihre Wahlkampfstrategie vor dem zweiten Urnengang komplett umgestellt. Hatte Erdogan den Wahlkampf vor dem 31. März komplett dominiert, hat er sich dieses Mal völlig zurückgezogen. Statt großer Kundgebungen setzt die AKP auf kleinere Treffen in den Vierteln. Da sich die CHP auf soziale Themen wie Armut, Arbeitslosigkeit und Kinderbetreuung fokussiert hat, verspricht auch Yildirim mehr Unterstützung für Familien und Studenten.
Im TV-Duell kritisierte Imamoglu diese Ankündigungen. Yildirim habe "kein Recht", Versprechen zu machen, da seine Partei die Stadt schon seit Jahrzehnten regiere, sagte der CHP-Politiker. Er warf der AKP "Verschwendung" von Steuermitteln vor und hob insbesondere die große Zahl von Dienstwagen hervor. Auch kritisierte er die Unterstützung für AKP-nahe Stiftungen, die von der AKP bevorzugt gefördert worden seien.
Eine wichtige Rolle spielt dieses Mal im Wahlkampf die Lage der Wirtschaft. Durch den Verfall der Währung sind die Lebenshaltungskosten massiv gestiegen. Besonders Familien und Ärmere leiden unter den hohen Preisen. Auch unter AKP-Wählern ist der Unmut darüber groß. Ob sie aber deshalb für die Opposition stimmen, ist keineswegs ausgemacht. Die Wahl am Sonntag dürfte erneut ein enges Rennen werden.
Über alle weiteren Neuigkeiten aus der Türkei und zu Regierungschef Erdogan halten wir Sie in unserem News-Ticker auf dem Laufenden.
Hakan Sükür ist in der Türkei unerwünscht. Der Ex-Fußballstar erhebt Vorwürfe gegen Recep Tayyip Erdogan und hat einen Tipp für Mesut Özil und Ilkay Gündogan.
Erdogan selbst wurde nun offenbar von Donald Trump an einem gefährlichen Angriff gehindert, wie der US-Präsident verriet.
Ein anderes Land ging kürzlich an die Wahlurne: Argentinien hat einen neuen Präsidenten gewählt. Inmitten der schweren Wirtschaftskrise hat ein Mitte-Links-Politiker die Konservativen abgelöst.
Die Türkei droht in die nächste Lira-Krise zu schlittern - ihren Anteil daran haben auch die USA mit einem neuen Gesetz.
AFP/fn/dpa/kmm